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Predigten 2020

Die Predigten des Jahres 2020


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2020

Predigt am Altjahresabend, den 31.12.2020


Predigt: 2. Mose 13, 20-22



Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.



20 So zogen sie aus von Sukkot und lagerten sich in Etam am Rande der Wüste.

21 Und der Herr zog vor ihnen her, am Tage in einer Wolkensäule, um sie den rechten Weg zu führen, und bei Nacht in einer Feuersäule, um ihnen zu leuchten, damit sie Tag und Nacht wandern konnten.

22 Niemals wich die Wolkensäule von dem Volk bei Tage noch die Feuersäule bei Nacht.



Der Herr segne an uns sein Wort. Amen.



[Mit Dank an Katharina Loh und Wilko Hunger, Predigtkultur 2020]


Noch 600 Kilometer.

Wer schon einmal von hier

bis Flensburg, oder Konstanz

oder Südtirol gekommen ist,

weiß, 600 km sind am Ende gar nicht so weit.

Kein Katzensprung und keine Spritztour,

etwas zu viel für einen Abstecher,

aber auch keine Wochenexkursion

oder eine Expedition in unbekannte Weiten.

Und wenn man es mit dem Auto

oder dem Bus oder der Bahn

fahren kann, dann geht’s.

Kein großer Aufriss.

Schon nach wenigen Stunden

hat man das Ziel vor Augen

und kann sagen:

Wir sind bald da.“


Aber wenn 600 Kilometer ein Fußweg sind,

dann sind sie schon eher der Beginn

einer wirklich langen Reise.


600 Kilometer sind es ungefähr

zwischen Ägypten und Israel.

Google Maps sagt:

Knapp 130 Stunden zu Fuß.

Zumindest bei optimalen Bedingungen.

Mit Kindern und Tieren sicher länger.

Und dann natürlich die Infrastruktur:

keine Straßen, keine Fähren

- heute schon, aber damals nicht,

damals, als sich Israel aus Ägypten

aufmachte -

und schließlich: mitten hindurch,

durch die Wüste,

die Wüste Sinai.

Die gibt es immer noch.


Die Israeliten waren bereit,

sie waren bereit,

jeden der 600 Kilometer zu gehen,

zu Fuß,

und alle nötigen Umwege in Kauf zu nehmen,

um endlich nach Hause zu kommen.


600 Kilometer – weg von der Sklaverei.

600 Kilometer – hin zu einem neuen Anfang.

Die Flucht nach vorn.


Den östlichen Rand Ägyptens

hatten sie schnell erreicht.

Sie passierten Sukkot,

eine Ortschaft am Rande Ägyptens.

Und dann überschritten sie die Grenze.

Jetzt war Ägypten Vergangenheit.

Jetzt waren sie auf der Sinaihalbinsel.

Letzter Stop vor der endgültigen Abreise:

Etam, am Rande der Wüste.

20 So zogen sie aus von Sukkot und lagerten sich in Etam am Rande der Wüste.


Noch einmal lagern, bevor es losgeht.

Das Alte haben Sie hinter sich gelassen.

Aber sie sind noch lange nicht da,

wo sie hinwollen.

Was vor ihnen liegt,

ist neu und unbekannt.


Gut vorstellbar,

dass die Meinungen

auseinandergingen:

Ist es das Risiko wert?

Kennt Mose überhaupt den Weg?


Andere werden gesagt haben:

Alles ist besser als das Bisherige!

Wir müssen nur aufeinander achten!

Gott tut es ja auch!

Glaub mir!

Er zeigt uns den Weg.


21 Und der Herr zog vor ihnen her, am Tage in einer Wolkensäule, um sie den rechten Weg zu führen, und bei Nacht in einer Feuersäule, um ihnen zu leuchten,


Das werden die Israeliten sehen

und spüren, wenn sie

losgegangen sein werden,

morgen, am Tag nach der Nacht

in Etam, diesem Transitort,

am Rande der Wüste,

am Rande des Unbekannten,

am Ende der Vergangenheit.


Hier, jetzt, heute,

der 31.12.2020,

das ist unser Etam.

Das Jahr neigt sich,

vor dem neuen Jahr,

das morgen anbricht.

Unbekannt.

Neu.

Ohne vorgezeichnete Wege.

Noch unerforscht

und unbelebt,

wie damals die Wüste Sinai.


Noch einmal lagern,

bevor es los geht.

Noch einmal anhalten,

Atem holen,

zurückblicken.


Vor einem Jahr hätte wohl niemand gedacht,

was 2020 bringen würde.

Heute wissen wir,

was hinter uns liegt.

Dieses alte Jahr,

es war ein politischer

und gesellschaftlicher Kraftakt

und für manche auch ein persönlicher Kraftakt.


Noch im Januar und Februar gab es

die Golden Globes, die Oscars und Grammys,

das RTL Dschungelcamp und die Berlinale,

aber seit März gab es dann vor allem

die Angst und Sorge vor der einen unsichtbaren Gefahr.

Das Coronavirus ging und geht uns alle an.

Abstand halten, nicht in den Arm nehmen,

Weg bleiben, Absagen, Ausladen -

Das alles sollte Abstand aus Fürsorge,

aus Mitmenschlichkeit sein.

Es hat trotzdem Unsicherheit

und Erschütterungen mit sich gebracht.


So sind wir durch das Jahr gegangen.

In weiten Teilen festlos und schmucklos.

Kein Theater und Konzert,

Keine EM und keine großen Familienfeiern.

Wenig Reisen und möglichst wenig Besuch.

Damit es besser wird.

Damit es später wieder geht,

was jetzt ausbleiben muss.


Und auch am letzten Tag/Abend

dieses Jahres

sind wir damit nicht fertig.

Wir sind noch nicht am Ziel.

Keiner mag sagen,

wie viele Kilometer es noch sind.

Das wusste in Etam auch noch niemand.

Vielleicht hatte dieser letzte Abend,

damals in Etam,

als die Israeliten rasteten,

auch seine stillen Momente.

Momente, in denen sie spürten,

welche Spuren die Vergangenheit

hinterlassen hatte.

Wie viel Kraft das Leben

bis hierher kostete.

Und dann kam dieses leise Gefühl,

das sich so beschreiben lässt:

Es ist gut, dass es vorbei ist.“

Dazu ein bisschen Furcht

vor dem, was kommt.

Und viel Mut und Hoffnung,

für das was kommt.


Vielleicht geht es euch/Ihnen

an diesem letzten Tag des Jahres,

hier, bei unserer Rast in Etam,

ja ähnlich, wie den Israeliten.

Mir jedenfalls, geht es so.


Nichtsdestoweniger, war es

doch auch ein gefülltes

und reiches Jahr.

Ein Jahr der vielen,

kleinen, aber kraftvollen

Begegnungen und Freuden,

in allen großen Schwierigkeiten.

Auch ein Jahr der neuen,

guten Erfahrungen

und der Neuanfänge.

Wir können auch ganz gut digital,

wäre zum Beispiel so etwas.

Und der neue Kirchenvorstand,

den wir gewählt haben,

hat einen Neuanfang gemacht.

In der Zuversicht darauf,

dass noch vieles

herausforderndes,

aber auch schönes kommt.


Und so stehen

auch am Ende dieses Jahres,

wie am Ende eines jeden Jahres,

gepackte Koffer bereit – bereit,

für den Übergang in das neue Jahr.

Auf der einen Seite die

Taschen, die ich mitnehmen möchte:

Mit den Hoffnungen,

die ich neu geschöpft habe

oder immer schon mit mir trage.

Ein Köfferchen Mut steht auch da.

Andere Taschen sind mit

Sonnenstunden,

Lagerfeuerrunden

in Sommergärten,

Tischgemeinschaften

in trauter Runde,

Lachen und Dankbarkeit gefüllt.

In einem kleinen Döschen

habe ich sogar ein paar

Wunder eingefangen.

Als Erinnerungen will ich sie

mitnehmen und auspacken,

wenn 2021 sich wie eine

Wüste anfühlt und mir Sand

harsch ins Gesicht bläst.


Auf der anderen Seite

stehen die Koffer,

die ich zurücklassen möchte.

Die Wüstenerfahrungen

des Jahres 2020,

mit Gegenwind und

Sand im Gesicht.

Einsamkeiten und

Bedrückendes.

Was mir die Sprache

verschlug und die

Worte raubte –

es soll hier bleiben.

Nur das Schweigen,

in dem mir Gott

ganz nahe kam,

als die Worte fehlten,

das nehme ich mit.


Und morgen breche ich auf.

Heute noch eine letzte Rast,

am Rande des neuen Jahres.

Hier in Etam.

Auf gepackten Koffern

aus Vergangenheit

und Gegenwart.

Erinnerungen und Gedanken,

an Momente und Menschen,

die mir lieb sind.


Ihr habt / Sie haben

bestimmt auch welche

eingepackt!?

Macht eure /machen Sie Ihre

Koffer doch nochmal auf,

heute, am Ende des Jahres,

in den letzten ruhigen Stunden

vor dem Jahreswechsel.

Denn dafür ist heute Zeit.

Alles hat seine Zeit.

Auch das Erinnern

und das Vergessen.

Was nehmt ihr / was nehmen Sie mit?

Was bleibt da?


In mir selbst höre ich dazu

die verschiedenen Stimmen,

die damals in Etam vielleicht

zu hören waren:

Stimmen, denen die Ungewissheit

des Kommenden Angst macht.

Aber auch die, die diesen Stimmen

mutig begegnen:

Es wird besser. Bestimmt.“

Und

Gott ist da!“

Er zeigt mir den Weg.“


Auf diese Stimmen

möchte ich gern hören.

Ihnen etwas zutrauen.

Ihnen vertrauen.

Gott etwas zutrauen.

Ihm vertrauen.

Und beten:

danken und bitten.

Wie die Israeliten,

die es noch nicht wussten,

aber merken sollten,

dass Gott da gewesen sein wird.

Als Wolken- und Feuersäule,

oder im Säuseln des Windes,

oder als Stern in dunkler Nacht,

und selbst im Schweigen,

als die Worte versiegten.


Nicht immer so spektakulär,

wie damals in der Wüste,

auf der Sinaihalbinsel,

mit Wolkendunst

und Feuersbrunst.

Aber dennoch immer mächtig.

Und oft genug mächtig überraschend.


Das ist am Ende dieses Jahres,

das die Wissenschaft

- Gott sei Dank -

so sehr mitgeprägt hat,

keine Frage,

die Wissenschaftler*innen

beantworten könnten

oder gar sollten,

sondern

allein eine Frage

des Glaubens.


21 Und der Herr zog vor ihnen her, am Tage in einer Wolkensäule, um sie den rechten Weg zu führen, und bei Nacht in einer Feuersäule, um ihnen zu leuchten, damit sie Tag und Nacht wandern konnten.

22 Niemals wich die Wolkensäule von dem Volk bei Tage, noch die Feuersäule bei Nacht.


Gott ist da.

Vor dir und hinter dir.

Neben dir und über dir.

Schutz und Schirm bei Tage,

Licht und Wärme in der Nacht.


Und der Friede Gottes, der größer und mehr ist, als wir verstehen können, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.


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Predigt am 2. Christtag, den 26.12.2020


Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.



1 Viele Male und auf vielfältige Weise hat Gott einst durch die Propheten zu den Vorfahren gesprochen. 2 Aber jetzt, am Ende dieser Tage, hat er durch den Sohn zu uns gesprochen. Ihn hat er zum Erben von allem eingesetzt. Durch ihn hat er auch die Welt geschaffen. 3 Er ist der Abglanz seiner Herrlichkeit und das Abbild seines Wesens. Durch sein machtvolles Wort trägt er die ganze Welt. Er hat die Reinigung von den Sünden bewirkt. Dann hat er sich an die rechte Seite der Majestät Gottes in den Himmelshöhen gesetzt. 4 Gott hat ihn hoch über die Engel gestellt – so hoch wie der Name, den er ihm verliehen hat, über ihren Namen steht.



Der Herr segne an uns sein Wort. Amen.



Weihnachten hat so viele Lieder.

So viele wunderbare Lieder.

Sie fehlen in diesem Jahr sehr.

Mir jedenfalls.

Zumindest in der Gemeinde,

im Chor, mit viele zusammen.

Klar habe ich gestern

Weihnachtslieder gesungen.

Mit meiner Familie.



Weihnachten hat ja so viele

wunderschöne Lieder.

Habt ihr ein Lieblingslied?

Welches?



Mir fiel es beim Schreiben

der Predigt schwer,

mich zu entscheiden.

Aber würde ich nach meinem

Lieblingslied gefragt,

könnte ich schon sagen:

Es ist ein Ros entsprungen.



Das Blümelein so kleine,
das duftet uns so süß;
mit seinem hellen Scheine
vertreibt's die Finsternis.
Wahr' Mensch und wahrer Gott,
hilft uns aus allem Leide,
rettet von Sünd und Tod.“

(EG 30, 3)



Wunderschön.

Und dazu diese zarte Melodie.



Aber es gibt so viele, schöne,

weihnachtliche Lieder.

Sie fehlen in diesem Jahr schon.

Manche sind sehr bekannt.

Einige gehören fest zum

Weihnachtsfest dazu.

O du fröhliche“ natürlich.

Und „Stille Nacht“.

Andere haben ihre Bedeutung

eher verloren.

Wieder andere sind ganz

in Vergessenheit geraten.

Einige schließlich,

werden gar nicht mehr als

solche erkannt.

Verkappte Weihnachtslieder.

Und vielen anderen

Liedern wird es ähnlich

ergangen sein.



Das hier ist auch so eins.

Der Autor des Hebräerbriefes

hat es aufgeschrieben.

Damit es erhalten bleibt.

Damals, zu seiner Zeit,

ging es von Mund zu Mund.

1 Viele Male und auf vielfältige Weise hat Gott einst durch die Propheten zu den Vorfahren gesprochen.

Man kann es gar nicht mehr

als Lied erkennen.

Und doch ist es eins gewesen.

Ein Loblied.

2 Aber jetzt, am Ende dieser Tage, hat er durch den Sohn zu uns gesprochen. Ihn hat er zum Erben von allem eingesetzt. Durch ihn hat er auch die Welt geschaffen.

3 Er ist der Abglanz seiner Herrlichkeit und das Abbild seines Wesens. Durch sein machtvolles Wort trägt er die ganze Welt.



Ob da einfach durch die

Sprache und die Übersetzung

etwas abhanden gekommen ist?



So klingt das Original:



1 Πολυμερῶς καὶ πολυτρόπως

Polymeroos kai polytropoos

πάλαι ὁ θεὸς λαλήσας τοῖς πατράσιν

palai ho theos laläsas tois patrasin

ἐν τοῖς προφήταις

en tois prophätais



2 ἐπ’ ἐσχάτου τῶν ἡμερῶν τούτων

Ep eschatou toon hämeroon toutoon

ἐλάλησεν ἡμῖν ἐν υἱῷ,

elaläsen hämin en huioo

ὃν ἔθηκεν κληρονόμον πάντων,

hon ethäken kläronomon pantoon

δι’ οὗ καὶ ἐποίησεν τοὺς αἰῶνας·

di hou kai epoiäsen tous aioonas



Klingt beim ersten Hören

auch nicht so richtig nach

Reimschemata

und Versmaß.

Nach Rhyme and Flow,

wie man das im HipHop sagt.

Nun, es ist wohl eher so,

dass das für unser Ohr heute

nicht mehr sehr vertraut klingt.

Die Sprache fremd

und mit ihr auch

die sprachlichen Gepflogenheiten.

Und Hörgewohnheiten.

Trotzdem war und ist es

ein Lied.

Ein Loblied.

Es erzählt vom Kind,

das den Vätern durch Propheten

angekündigt wurde.

Viele Male und auf viele Weisen

kam Gottes Wort zu ihnen.

Und das Kind wird ein Mann

und spricht Worte

die die ganze Welt

tragen können.

So mächtig sind sie.

Und es erzählt vom Davor

und vom Danach dieses Kindes,

das zum Mann wird

und sich zur rechten Gottes

setzte.

Ein Loblied,

wie ein Glaubensbekenntnis.



Heute könnte es vielleicht

so klingen:



Auf viele Art und Weisen

Sprach Gott sein gutes Wort

durch die lauten und die leisen

ging es von Ort zu Ort

und Menschen aller Zeit

konnten es durch sie hören

in der Vergangenheit.



Nun sind aber neue Tage,

Gott kommt als Sohn zur Welt.

Dass er sein Wort selbst trage,

der Gottes Erbe hält

und der vor Tag und Nacht

schon war und ist gewesen

alles hat er gemacht.



Er strahlt als Gottes Bilde,

sein Wort erhält die Welt.

Es ist so freundlich-milde,

Tod, Sünde sind verstellt.

Und er hat sich zuletzt,

zur Rechten an den Throne,

im Himmel hingesetzt.



Jetzt reimt es sich

schonmal.

Und es reimt sich auf

besondere Weise.

Ich habe beim Schreiben

der Verse ein Lied

als Vorlage für

Rhyme and Flow

benutzt.

Ihr ahnt vielleicht,

auf welche Melodie man

dieses Lied nun singen kann...

[kurz ansingen, Str. 1 mit

Melodie „Es ist ein Ros“]



Es gibt so viele schöne

Weihnachtslieder.

So viele schöne Lieder.



Fast ein bisschen tragisch,

dass gerade heute,

zum zweiten Christtag

des Weihnachtsfestes

der schweigenden Lieder,

der gesummten oder nur

Zuhause und aus Fenstern

gesungenen Weihnacht,

dass sich gerade heute

ein altes, fast vergessenes

Lied in die Predigttexte

gemogelt hat.



Ein Lied, das mich

darauf hinweist,

was mit diesem Kind beginnt.

Das Kind,

das zu einem Mann wird,

dessen Worte eine ganze

Welt halten können.



Vielleicht ist das aber

genau Gottes Art

mir und dir

frohe Weihnachten zu wünschen.

Denn Gott ist meistens nicht

mehr mitten in dem Glück

am Ende der Sehnsucht,

sondern Gott ist meistens

mitten in der Sehnsucht,

auf dem Weg zum Ersehnten.

Da, wo ich ihn am

wenigsten vermute.

Immer in dem, was fehlt,

da ist Gott, und breitet

Worte aus,

die meine Welt halten können,

bis sie wieder in den

Fugen ist,

bis neue Lebensfreude,

neuer Mut,

neue Hoffnung und

Zuversicht keimen.

Und ich sagen kann:

Gott ist da gewesen.



Wie die Hirten,

die ein

Fürchtet euch nicht!“

bis zum Stall trägt,

und die danach

aller Welt erzählen können:

Uns ist heute der Heiland geboren!“



Dann ist nämlich das

passiert, was die dritte

Strophe im Hebäerbrief

erzählen will:



3 Er ist der Abglanz seiner Herrlichkeit und das Abbild seines Wesens. Durch sein machtvolles Wort trägt er die ganze Welt. Er hat die Reinigung von den Sünden bewirkt. Dann hat er sich an die rechte Seite der Majestät Gottes in den Himmelshöhen gesetzt.



Nein, es ist bestimmt nicht

gut, dass so vieles an diesem

Weihnachtsfest anders war

und gefehlt hat.

Aber es ist gut, dass ich

wissen darf,

dass Gott zu mir kommt

und Mensch wird,

gerade weil so vieles fehlt.



Im Mangel geht es auf:

Das Blümelein so kleine,
das duftet uns so süß;
mit seinem hellen Scheine
vertreibt's die Finsternis. [...]“

(EG 30, 3)



Und der Friede Gottes, der größer und mehr ist, als wir verstehen können, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, dem Kind in der Krippe. Amen.


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Predigt am 1. Christtag, den 25.12.2020


Friede sei mit euch und Gnade von Gott, unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen.


Predigttext: Jesaja 52, 7-10

7 Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße des Freudenboten, der da Frieden verkündigt, Gutes predigt, Heil verkündigt, der da sagt zu Zion: Dein Gott ist König! 8 Deine Wächter rufen mit lauter Stimme und jubeln miteinander; denn sie werden’s mit ihren Augen sehen, wenn der Herr nach Zion zurückkehrt. 9 Seid fröhlich und jubelt miteinander, ihr Trümmer Jerusalems; denn der Herr hat sein Volk getröstet und Jerusalem erlöst. 10 Der Herr hat offenbart seinen heiligen Arm vor den Augen aller Völker, dass aller Welt Enden sehen das Heil unsres Gottes.

Der Herr segne an uns sein Wort. Amen.


[Idee und große Teile von Sandra Hebold, FB, Predigtkultur, am 19.12.2020]


I Die Sprache der Füße



Füße haben ihre eigene Sprache.

Wer mit anderen Menschen zusammenlebt,

oder Tür an Tür,

der weiß das.

Ich jedenfalls konnte in

meiner Leipziger WG

schon am Klang der Schritte erkennen,

wer gerade in die Küche

oder das Bad schleicht.

Und heute kann ich manchmal schon

daran erkennen, wer unten

im Pfarrhaus zu Gange ist,

oder die Treppe herauf kommt.

Oft erzählen die Füße

dazu noch etwas über ihre Besitzer*innen.

Füße können ganz unterschiedlich klingen –

manchmal sagen sie einfach nur: hier bin ich.

Das sind die ganz normalen Schritte.

Manchmal klingen sie auch wütend.

Oder entschlossen.

Manchmal klagen sie.

Oder sie gähnen. Und stöhnen.

Manchmal sagen sie:

Geh aus dem Weg, ich hab es eilig!“

Und manchmal, da singen sie sogar.

Ein frohes Lied über das Leben,

das aus ihnen heraussprudelt.

Das vor ihnen liegt,

auf dem Weg, den sie beschreiten.

Kinderfüße können das besonders gut,

wenn sie fröhlich durch die Gegend rennen.

Und dann gibt es noch die Momente,

in denen die Füße nicht nur singen,

sondern sogar jubeln. Tanzen.

Und die reine Freude zeigen.



II Jesaja, der Freudenbote



Habt ihr sie schon gehört?

Die Sprache der Füße?

Jesaja hat sie auch gehört.

Mitten im Exil, in der Verbannung,

mitten in einer dunklen Zeit.

Jesaja hat die Sprache der Füße gehört:

zuerst die donnernden Stiefel der Soldaten,

die Jerusalem zerstörten

und die oberen Zehntausend in die Fremde verschleppten.

Wahrscheinlich hat er da auch

die klagenden Füße des Volkes Israels gehört,

derer, die gegen ihren Willen gehen mussten

und derer, die versuchten,

zwischen den Trümmern aufzuräumen.

Aber jetzt

erzählt Jesaja von anderen Klängen.

Sehen kann man die Veränderung noch nicht.

Aber der Prophet hört sie schon.

Und er erzählt es weiter,

damit alle es hören können:

Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße des Freudenboten, der da Frieden verkündigt, Gutes predigt, Heil verkündigt, der da sagt zu Zion:

Dein Gott ist König!“



Wie diese Füße wohl klingen?

Eilig bestimmt.

Lieblich, sagt Jesaja,

also leicht – lachend,

tanzend, anmutig,

ausgelassen, aufgeregt.

Da rennt einer schnell –

aber nicht gehetzt –

sondern freudig erregt.

Weil er so viel Gutes zu erzählen hat:

Friede, Heil, Gott ist König!

Eine Freudenbotschaft.

Zuerst hört man es an den Füßen,

dass da was Gutes kommt.

Und dann auch mit Worten –

laut und jubelnd:

Deine Wächter rufen mit lauter Stimme und jubeln miteinander; denn sie werden’s mit ihren Augen sehen, wenn der HERR nach Zion zurückkehrt. Seid fröhlich und jubelt miteinander, ihr Trümmer Jerusalems; denn der HERR hat sein Volk getröstet und Jerusalem erlöst. Der HERR hat offenbart seinen heiligen Arm vor den Augen aller Völker, dass aller Welt Enden sehen das Heil unseres Gottes.



Jesaja, der Prophet -

ein Freudenbote.

Ein gealterter Mann

mit wippenden,

hüpfenden,

sich tanzend wiegenden

Schritten.

Eilig, aber froh,

wie Kinderfüße.

Noch kann es niemand sehen

oder hören,

was den Propheten so beschwingt.

Manche werden sich

mit der Hand an die Stirn schlagen,

anderen die Augen verdecken

und Köpfe schütteln.

Jetzt hat der alte Mann den

Verstand verloren,

werden sie sagen.

Weil sie es noch nicht sehen,

die Füße der Freudenboten

noch nicht hören können.

Aber es ist das,

was noch nicht ganz da ist,

aber doch fast schon hier,

das den Propheten so beschwingt.

Die Freude kommt.

Und die Hoffnung,

die sie weckt,

lässt selbst eingerostete

Knochen,

geschundene und verhornte Füße,

weich und leicht über den

Boden gleiten.

Wie einen unbeschwerten

Kindertanz.

Jesaja hat es schon gesehen.

Schon gehört.

Gott lässt Jesaja die Zukunft hören –

und Jesaja trägt die Freude weiter.

Den Jubel über Gottes Heil.

Ihm ist, als würden tausend Füße tanzen.

Wie ein Lauffeuer ist dieser Schwung.

Und die Füße Israels tanzen mit,

in Babylon, im Exil und

im zerstörten Jerusalem.

Sie hüpfen über die Trümmer,

springen in der Fremde,

und eilen so Gottes Rettung entgegen.

Das Heil des Herrn,

das noch nicht zu sehen ist,

aber das kommen wird.

Gottes Heil wird kommen.

Doch das eigentlich

wundersame ist,

dass es im Jubel Jesajas

schon da ist.

Mitten in der Dunkelheit.

Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße des Freudenboten, der da Frieden verkündigt, Gutes predigt, Heil verkündigt, der da sagt zu Zion:

Dein Gott ist König!“



III Freudenboten auf dem Hirtenfeld



Die Sprache der Füße,

sie erklang auch in der ersten Heiligen Nacht,

vor mehr als 2000 Jahren.

Zunächst gähnten Füße und klagten vielleicht auch –

denn der Tag auf dem Hirtenfeld war anstrengend.

Dann – plötzlich – sind die Füße still.

Erstarrt. Erschrocken. Ängstlich.

Die Erscheinung auf dem Feld lähmt sie.

Zu unglaublich, was diese Freudenboten –

die vielleicht gar keine Füße benutzen?

Die einfach plötzlich da sind –

zu unglaublich, was diese Freudenboten verkünden.

Doch lange hält die Starre nicht.

In die Füße der Hirten kommt Bewegung.

Sie eilen, vielleicht rennen sie auch –

hin zur Krippe, zum Kind in den Windeln –

und hinterher...

da sind die Füße der Hirten selbst

zu lieblichen Füßen der Freudenboten geworden.

Nur ein kleines Kind.

Mitten in einer dunklen Nacht.

Aber die Hirten glauben schon.

Vielleicht haben sie sogar getanzt!

Denn sie breiten die frohe Botschaft aus,

so erzählt es Lukas,

und bringen sie nach Bethlehem

und von dort ging sie weiter um die ganze Welt.

Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“

So lautet die Freudenbotschaft beim

Evangelisten Johannes.

Die Hirten breiteten sie zuerst aus.

Mit Freudenfüßen.

Durch Bethlehem.

Und von dort ging sie weiter um die ganze Welt.

Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße des Freudenboten, der da Frieden verkündigt, Gutes predigt, Heil verkündigt, der da sagt zu Zion:

Dein Gott ist König!“



IV Die Sprache der Füße - Weihnachten heute



Die Sprache der Füße,

sie erklingt auch heute bei uns.

Habt ihr hingehört?

Gestern, am Heiligen Abend.

Ich nehme an, es gab da ganz verschiedene Klänge.

Fröhlich hüpfende Füße,

jubelnd über die Freude des Weihnachtsfestes –

oder auch nur über ein besonders schönes Geschenk.

Erschöpfte Füße nach all den Vorbereitungen.

Weinende Füße, die sich nach Gesellschaft sehnten.

Auch singende und tanzende Füße?

Astrid Lindgren erzählt

bei Pippi Langstrumpf

von einem schwedischen Weihnachtsbrauch.

Da steht der Baum nicht an der Wand,

sondern mitten im Zimmer.

Und am Weihnachtsabend fassen sich

die Familien an den Händen,

singen Lieder und tanzen um den Weihnachtsbaum.

Pippi macht das natürlich

besonders lustig und schmeißt die Füße

so hoch in die Luft,

dass man beinahe Angst bekommt, der Baum fällt gleich um.

Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße des Freudenboten, der da Frieden verkündigt, Gutes predigt, Heil verkündigt, der da sagt zu Zion:

Dein Gott ist König!“



Vieles ist noch Dunkel,

am Ende des Dezembers,

am Weihnachtsfest

im Jahr 2020.

Am Ende eines

turbulenten Jahres.

Aber die Freudenboten sind

schon unterwegs.

Über Berge von Abstandsgeboten

und durch Täler der Einsamkeit

tanzen die Boten der Freude,

die von Frieden,

Gutem und Heil erzählen.

Und von einem König.

Nicht irgendeinem,

sondern einem,

bei dem man sich nicht mehr

fürchten muss.

Engel erzählen davon.

Gottes Sohn ist geboren.

Der Frieden bringt und Gutes predigt.

Der Heil schenkt und uns verkündigt:

Dein Gott ist König!“



Das Kind ist da.

Es ist der Tag seiner Geburt.

Die Freudenzeit kommt mit ihm.

Vielleicht ist sie noch nicht

zu sehen,

mancherorts wird sie noch nicht gehört.

Aber in der Hoffnung

ist sie schon lebendig.

Wäre Jesaja jetzt hier,

der alte Prophet,

ich bin mir sicher,

er würde tanzen,

wie es Kinder tun

und die Füße in die Luft werfen,

wie Pippi Langstrumpf.

Dass aller Welt Enden sehen

das Heil unseres Gottes.

Denn siehe, uns ist heute der

Heiland geboren.


Und sein Friede bewahre unsere Herzen und Sinne – heute und immer. Amen.


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Predigt am Sonntag, den 20.12.2020 - 4. Advent


Mit dem nachstehenden Player können Sie die Predigt direkt anhören.



Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen.



Predigttext:
1. Mose 18, 1-2. 9-15

1 Und der Herr  erschien ihm im Hain Mamre, während er an der Tür seines Zeltes saß, als der Tag am heißesten war. 2Und als er seine Augen aufhob und sah, siehe, da standen drei Männer vor ihm. Und als er sie sah, lief er ihnen entgegen von der Tür seines Zeltes und neigte sich zur Erde

9Da sprachen sie zu ihm: Wo ist Sara, deine Frau? Er antwortete: Drinnen im Zelt. 10Da sprach er: Ich will wieder zu dir kommen übers Jahr; siehe, dann soll Sara, deine Frau, einen Sohn haben. Das hörte Sara hinter ihm, hinter der Tür des Zeltes. 11Und sie waren beide, Abraham und Sara, alt und hochbetagt, sodass es Sara nicht mehr ging nach der Frauen Weise. 12Darum  lachte sie bei sich selbst und sprach: Nun, da ich alt bin, soll ich noch Liebeslust erfahren, und auch mein  Herr ist alt! 13Da sprach der Herr zu Abraham: Warum lacht Sara und spricht: Sollte ich wirklich noch gebären, nun, da ich alt bin?  14 Sollte dem Herrn etwas unmöglich sein? Um diese Zeit will ich wieder zu dir kommen übers Jahr; dann soll Sara einen Sohn haben. 15Da leugnete Sara und sprach: Ich habe nicht gelacht –, denn sie fürchtete sich. Aber er sprach: Es ist nicht so, du hast gelacht.


Der Herr segne an uns sein Wort. Amen.



Freuet euch! Sagt der eine.

Die andere lacht.

Hat der eine einen Witz gemacht?

Etwa so:


Fritzchen fragt: „Du Papa, was ist eine Oper."
Der Vater sagt: „Das ist, wenn jemand ein Messer in den Rücken bekommt und anstatt zu sterben, anfängt zu singen."

------------ Oder so:

Wer hat eigentlich herausgefunden, dass man Schimmelkäse bedenkenlos essen kann? – Ich denke, es war ein Student am Ende des Monats.

----------- Oder so:

Ich habe einen Joghurt fallen gelassen. Er war nicht mehr haltbar.

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Freuet euch! Sagt der eine.

Die andere lacht.

Hat der eine einen Witz gemacht?


Nicht so einen lapidaren.


Nicht so:


Treffen sich zwei Rosinen. Fragt die eine die andere: "Warum hast du denn einen Helm auf?" Antwortet die andere: "Ich muss gleich in den Stollen."

--------- Oder so:

Geht eine schwangere Frau in eine Bäckerei und sagt: "Ich krieg ein Brot."
Darauf der Bäcker: "Sachen gibt’s!

---------


Freuet euch! Sagt der eine.

Die andere lacht.

Hat der eine einen Witz gemacht?


Nicht so einen lapidaren.

Himmlisches Gebaren.


Der Himmel hatte auf der Erde

mitten im Gewimmel,

mit Gebärde quasi

seine Finger

ziemlich viel im Spiel.


War also Übermenschliches

und Paradoxes Grund zu Lachen?


Etwa so wie Chuck Norris Witze:


Chuck Norris hat bis Unendlich gezählt. Zweimal.

---------- Oder so:

Das Universum dehnt sich nicht aus; es läuft vor Chuck Norris davon.

---------


Freuet euch! Sagt der eine.

Die andere lacht.

Hat der eine einen Witz gemacht?


Nicht so einen lapidaren.

Himmlisches Gebaren.


Der Himmel hatte auf der Erde

mitten im Gewimmel,

mit Gebärde quasi

seine Finger

ziemlich viel im Spiel.


War also Übermenschliches

und Paradoxes Grund zu Lachen?

Es waren mehr als

übermenschliche,

aber reichlich paradoxe Sachen.


Gott hatte noch was vor

und überrascht damit das Lauscheohr.

-------


In Mamre, unnerm Hain,

soll's gewesen sein.


Da saß der alde Abraham

mit seiner Sara zam.

Die beeden war'n verdrießt,

weil der Lebnsamd sprießt,

aber keene Kinner um se renn',

die se als Om' un Op' verziehn gönn.


Ne Hitze ham die Daache hier,

da strecksde alle viere nur von dir.

Un midden in der Middachsbrunst,

als Abram durch de Schweißberln lunzt,

kommt ä Trupp die Dühne nuff,

es sin dreie, die sin gut druff.


Eiverbibbsch geht’s Abram durchn Sinn,

ich kann ni risch erkenn obs ener oder dreie sinn,

Ne Brill hat's ja noch net gegebn,

da dad er seinen Körper heebn

un zu dr Sara sagn,

se müsste sich jetz plagn -

glei baar Scheelchn Heeßn mach'n

aber keene Blembe, gute Sachn.

Schöne Runksen könntste oh noch bring,

die gönn se didschn un dann nunnerschling'.

Keen Gemähre, jetz is bumbe,

ich hol de Hiddschn unds annre Gelumbe.


Dann sinn se losgefezt,

ham sich de Knie uffgewetzt,

und sich de Beene rausgerissen,

um für de Gäste, ganz beflissn,

alles hiezurammeln

un de Bagage zu versammeln.


Eh de Gäste uff dr Matte standn

dad Abram denen schon entgeschngehn,

mitn Knien in der Erde landn

und zum Willkommen sachn: „Scheen!“

Wie wär dr Daach nur ohne euch gewesn,

kommt, es gibt'n Scheelchn Heeßn.“


Die hattn aber anneres im Sinn,

wollden zu dr Sara hin,

hättn ne Freudenbotschaft mitgebracht;

Du krischst'n Bengel, sacht dr Engel.“

De Sara lacht.


Dann geht is Kinnerspielchen hin un here,

du hast gefeixt, un das ganz sehre,

das hab ich nich, das gannste globn,

du lüscht mich an in meine Oochn.

Du wirst schon sehn, sachn da de Gäste,

nüscht is unmöchlich bei Gott, der is der beste.

---------



Freuet euch! Sagt der eine.

Die andere lacht.

Hat der eine einen Witz gemacht?


Nein.

Keinen Witz.

Nur die Wahrheit

zur Unzeit.


Dass eine Alte schwanger wird.

Dass eine vielleicht noch viel zu Junge,

unbefleckt ein Kind empfängt.

Dass in einem Menschenkind

der Herr nahe herbei gekommen ist.


Die Wahrheit

zur Unzeit.


Dass Gott gerade auch im Dunkel,

bei mir sein will.

Dass mitten in Zeiten der Klage,

der Beschränkung und der Ungewissheit,

Freude wächst.


Die Wahrheit

zur Unzeit.


Von Gottes Boten ausgesprochen.

Boten vom Gott des Lebens.

Dem Gott der Lebensfreude.


Sollte dem Herrn etwas unmöglich sein?

Fragen die drei in Mamre, unterm Hain.


Sarah, die Alte,

hat er froh gemacht.

Sie mit froher Erwartung bedacht.

In den Armen ein Kind – es lacht.

Sein Name: Isaak. Das heißt:

Gott hat jemanden zum lachen gebracht“


Tragt die Freude hinaus in die Welt.

Gott macht das Unglaubliche wahr.

Lasst euch dabei nicht verdrießen!

Denn es ist kein Witz.

Aber lachen darf man trotzdem.

Und manchmal sogar zum Trotz.

"Freuet euch in dem Herrn allewege,

und abermals sage ich: Freuet euch!

Der Herr ist nahe!"


Seid also wie die Boten Gottes:

Du wirst schon sehn, sachn da de Gäste,

nüscht is unmöchlich bei Gott, der is der beste.


Dabei bewahre euch, eure Herzen und Sinne, der Friede Gottes in Christus Jesus.

Amen.


-------- Und wenn das nächste Mal beim Lachen jemandem etwas zwischen den Zähnen hängt, dann sagt:

Deine Zähne sind wie Gelsenkirchen und Duisburg.“ – „Hä, warum?“ – „Dazwischen ist noch Essen.“


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Predigt am Sonntag, den 13.12.2020 - 3. Advent


Mit dem nachstehenden Player können Sie die Predigt direkt anhören.



Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Der Predigttext für diesen 3. Advent steht beim Evangelisten Lukas im 1. Kapitel: 

Lk 1, 67-79


ZACHARIAS LOBT GOTT

67 Da wurde Zacharias, der Vater von Johannes,mit Heiligem Geist erfüllt.

Er begann wie ein Prophet zu reden:

68 »Gelobt sei der Herr, der Gott Israels!

Denn er ist seinem Volk zu Hilfe gekommen

und hat es befreit.

69 Er hat uns einen starken Retter gesandt,

einen Nachkommen seines Dieners  David.

70 So hat Gott es von jeher angekündigt

durch den Mund seiner heiligen Propheten –

71 einen Retter, der uns befreit von unseren Feinden

und aus der Gewalt aller, die uns hassen.

72 Damit hat Gott auch unseren Vätern 

seine Barmherzigkeit erwiesen.

Er hat an den heiligen Bund gedacht,

den er mit ihnen geschlossen hat.

73 Ja, er hat an den Eid gedacht,

den er unserem Vater Abraham geschworen hat:

74 uns aus der Hand von Feinden zu retten.

Dann können wir ohne Angst Gottesdienst feiern –

75 heilig und nach seinem Willen,

in seiner Gegenwart, solange wir leben.

76 Aber auch du, Kind,

wirst ein Prophet des Höchsten genannt werden.

Du wirst dem Herrn vorangehen

und die Wege für ihn bereit machen.

77 Du schenkst seinem Volk die Erkenntnis,

dass der Herr es retten will

und ihm die Schuld vergibt.

78 Unser Gott hat ein Herz voll Erbarmen.

Darum kommt uns das Licht aus der Höhe zur Hilfe.

79 Es leuchtet denen,die im Dunkel

und im Schatten des Todes leben.

Es lenkt unsere Füße auf den Weg des Friedens.«

(BasisBibel)


Der Herr segne an uns sein Wort. Amen.


Auch du, Kind...“

Das sagen Eltern manchmal

zu ihren Kindern.

Das sagt die Mutter

vielleicht augenzwinkernd,

wenn alle schon in das Auto gestiegen sind:

Hund und Freundin und Kuschelhase,

nur das eigene Kind noch nicht

und erwartungsvoll, trotzig,

verschmitzt blinzelt es

in die Augen der Mutter.

Auch du, Kind...“

sagt sie dann und gibt ihm

einen liebevollen Stubs

Richtung Autotür.

Auch du, Kind...“

Das sagen Eltern manchmal

zu ihren Kindern.

Das sagt ein Vater,

dem am Tisch schon

der Zahn tropft

und der liebend gern

mit dem essen beginnen würde.

Auch du, Kind...“

sagt er und deutet auf den

Platz am Esstisch

an seiner Seite,

damit es sich dort niederlässt

und alle endlich essen können.

Auch du, Kind...“

Das sagen Eltern manchmal

zu ihren Kindern.

Manchmal könnte man

sogar meinen,

Politiker/innen sagen das

zu Bürger/innen,

wenn Kanzlerinnen von

Lüftungskonzepten in

Klassenräumen sprechen

und dickere Kleidung,

Kniebeuge und Händeklatschen

empfehlen, dann

klingt es für mich wie:

Auch du, Kind...“

musst das jetzt machen.

Das ist jetzt dran.

Und Kinder sagen dann

manchmal:

Mach du doch!“

Kinder können trotzen.

Egal wie alt sie sind.

Besonders dann,

wenn ihnen nicht gleich

einleuchten will,

weshalb etwas geschieht.

Weshalb sie nicht

mit anderen spielen dürfen,

weshalb sie die Füße still halten sollen,

nicht singen dürfen

und dann vielleicht auch noch

Kniebeuge machen sollen

und dabei klatschen.

Mach du doch!“

Sagen dann junge und alte

Kinder auf der ganzen Welt.

In diesem Land.

Aber wenn die Einschläge

näher kommen,

oder ich sogar selbst betroffen bin,

dann kann es schon sein,

dass es sich anfühlt,

als sei plötzlich ein Engel

zu meiner Rechten aufgetaucht

und ich erschrecke.

So war das jedenfalls bei Zacharias,

dem altgewordenen Priester

am Tempel in Jerusalem.

Seine Frau Elisabeth und er,

sie hatten lange auf ein Kind gehofft,

zu dem sie dann einmal sagen

könnten: „Auch du, Kind...“

Aber es kam nie.

Und über die Erwartung sind sie

miteinander alt geworden.

So viele Gebete hatte Zacharias

für die Menschen vor Gott gebracht.

Bitten und Flehen,

Hoffen und Warten.

Manchen konnte er bei ihrer

Erfüllung zusehen.

Den Freudentaumel sehen.

Aber seiner eigenen Bitte

kam Gott nicht nach.

Kein Kind.

Dabei war doch sein Name

Gott gedenkt“;

Zacharias.

Gott gedenkt.

Nicht an ihn,

so muss sich Zacharias

wohl manchmal gedacht haben.

Da erschien ihm ein Engel des Herrn.

Der stand auf der rechten Seite des Räucheraltars.

12 Als Zacharias ihn sah, erschrak er,

und große Furcht überkam ihn.

13Aber der Engel sagte zu ihm:

»Hab keine Angst, Zacharias.

Dein Gebet ist erhört worden!

Deine Frau Elisabet wird für dich einen Sohn zur Welt bringen.

Du sollst ihm den Namen Johannes geben.“ (Lk 1, 11ff)

Du kannst viel sagen,

hätten manche geantwortet.

Ich vielleicht auch.

Und Zacharias ebenso.

Woran kann ich das erkennen,

dass es so kommt?“

sagt Zacharias.

Ich bin Gabriel,

der vor Gott steht.“

antwortet der Engel.

Und ich möchte hinzufügen:

Reicht dir das etwa noch nicht,

dass ich hier zu dir komme?

Aber der Engel hatte

noch nicht alle Pfeile

verschossen.

Er verhieß Zacharias,

dass er stumm werden würde,

bis zu dem Tag,

da das Kind auf die Welt kommt.

Und so kam es.

Zacharias ging in den

Lockdown.

Den Lockdown der Worte

zumindest.

Und das Ende des Kerngeschäfts

eines Priesters:

die Worte.

Und draußen wartete das Volk auf ihn,

dass er zu ihnen redete,

aber er konnte nur fuchteln.

Kein Ton kam über seine Lippen,

kein Wort verließ seinen Mund.

9 Monate blieb das so.

9 Monate des Schweigens.

Elisabeth, seine Frau,

war schwanger.

Und der alte Mann

konnte nichtmal einen

Freudenschrei von sich geben.

Vielleicht hat sie, Elisabeth, ihm eine

Träne der Freude von der Wange

gewischt, als sie es ihm sagte.

Er schwieg.

9 Monate,

so lange wie ein Kind braucht.

So lange, wie wir inzwischen

mit diesem Virus hantieren

und immer noch keine Wehen der

Geburt einer endgültigen Lösung

in Sicht sind.

Und wir sind hier und erwarten nun

auch ein Kind, in der Krippe,

im Stall.

Nicht mehr lange

und es wird kommen,

aber auch wir werden es wohl

eher schweigend als laut

empfangen,

ohne große Worte von Kanzeln,

ohne gemeinsame Lieder

mit Inbrunst vorgetragen,

gerade und schief im Chor,

ohne großes Gedränge

und Lachen.

Lockdown.

Manchen wird auch eine

Träne die Wange hinunter

rinnen.

Weil alles so anders ist

in diesem Jahr.

Wer weiß,

vielleicht läuft trotzdem

jemandem eine Träne

der Freude die Wange entlang,

weil endlich einmal

wirklich Ruhe einkehren

konnte.

Wer weiß.

Und das Kind in der Krippe,

dass kommt

auch in das

Schweigen der Welt.

Kein Lockdown

hält es auf.


Das ersehnte Kind des Zacharias

kam auch.

Und Gott hatte wahr gemacht,

was er Zacharias in den Namen

geschrieben hatte:

er hatte sich erinnert,

an Zacharias gedacht.

Gott gedenkt.

Und Zacharias nahm

einen Zettel, als das Kind da war,

und schrieb darauf,

wie es heißen sollte:

Johannes.

Gott hat sich erbarmt.“

bedeutet das.

Johannes.

Und da fielen die Fesseln

von seinen Lippen

und Zacharias wurde vom Geist erfüllt

und sein Mund tat sich auf

und er lobte Gott.

»Gelobt sei der Herr, der Gott Israels! […]


Danach lässt der Geist ihn

endlich diesen Satz sagen,

den er sich so lange gewünscht hat,

sagen zu dürfen:

Auch du, Kind...“

Mein Kind.

Endlich.

Aber er sagt es nicht nur zu Johannes,

seinem Sohn.

So verstehe ich es zumindest.

Er sagt es dir und mir:

76Aber auch du, Kind,

wirst ein Prophet des Höchsten genannt werden.

Du wirst dem Herrn vorangehen

und die Wege für ihn bereit machen.

77Du schenkst seinem Volk die Erkenntnis,

dass der Herr es retten will

und ihm die Schuld vergibt.

78Unser Gott hat ein Herz voll Erbarmen.

Darum kommt uns das Licht aus der Höhe zur Hilfe.

79Es leuchtet denen, die im Dunkel

und im Schatten des Todes leben.

Es lenkt unsere Füße auf den Weg des Friedens.«

(BasisBibel)

Also:

So bereitet doch fein tüchtig den Weg dem großen Gast.

Macht seine Steige richtig, lasst alles was er hasst.

Macht eben Bahn und Pfad, die Tal lasst sein erhöhet,

macht niedrig, was hoch stehet, was krumm ist, gleich und grad.“

(aus: „Bockwaer Christmette“ von Max Badstübner, Erstaufführung 1958)


Und der Friede Gottes, der höher ist als wir je verstehen können, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.


EG 4 (Nun kommt der Heiden Heiland) 2 Str. instrumetal


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06.12.2020 - 2. Advent - Nikolaustag

Predigt-Dialog zu einer Geschichte des Bischof Nikolaus von Myra und 5. Mose 30, 11-16


Pfarrer: Wir schreiben das Jahr 321.

Lieber Nikolaus, jetzt bist du wieder dran. Kommst du nach vorn?



Nikolaus: Ja. Klar. Gern!

(Kommt neben das Pult.)



Pfarrer: Also, du hast ja schon angedeutet, dass es viele alte Geschichten über dich gibt. Was meinst du, wollen wir eine erzählen?



Nikolaus: Hast du eine bestimmte im Sinn, Herr Pfarrer?

Das klingt mir ja fast so!



Pfarrer: Stimmt. Ich dachte an die mit ziemlich viel Action. Da geht es um Piraten.

Weißt du, welche ich meine?



Nikolaus: Ob ich weiß, welche Geschichte du meinst?

Klar weiß ich das. Ich war ja dabei!

Und ich habe zwar ziemlich viel erlebt, aber mit Piraten dann – Gott sei Dank! - doch nicht so viel.

Möchtest du beginnen? Wenn du flunkerst oder etwas fehlt, greife ich ein.

(Winkt mit einer Rute zum Pfarrer.)



Pfarrer: Gut. Auch wenn ich mich noch wie in Kindertagen vor deiner Rute fürchte,

ich beginne gern...

Bischof Nikolaus lebte in der von den Römern regierten Stadt Myra. Er liebt das geschäftige Treiben in den Straßen. Besonders die tobenden Kinder sah er gern, weil er sich gleich mit ihnen mitfreuen konnte und Lust bekam, ein bisschen mit zu toben – Was man als Bischof natürlich nicht tut...



Nikolaus: ...wie sähe das auch aus? Ein alter Mann in einer Robe hüpft und springt durch die Straßen. Den nimmt doch niemand mehr ernst!

Aber fahre ruhig fort. Ich schwelge ein bisschen in der guten, alten Erinnerung.



Pfarrer: Da beobachtet er bei seinem Spaziergang, wie ein armer Junge um Brot bettelt. Doch der Händler vertreibt ihn und der römische Soldat setzt noch eins drauf, indem er den Jungen grob wegstößt.



Nikolaus: Ach... na toll! Da ist die schöne Erinnerung gleich dahin.

Das war nämlich tatsächlich so. Und das war überhaupt nicht schön.

Ich habe mich sehr geärgert, als ich das sah und bin gleich hin: erstmal zu dem Jungen. Ich habe ihm einen Taler geschenkt. Das war ein ordentliches Stück Geld damals. Damit konnte der Junge für sich und seine Familie Brot für einige Tage und vielleicht auch noch ein bisschen mehr kaufen. Das weiß ich nicht mehr so genau. Ist ja auch schon lange her.

Auf jeden Fall kann ich mich noch an die dummen Gesichter des Händlers und des Soldaten erinnern, als ich denen beiden mit der Rute einen Klaps auf den Allerwertesten gegeben habe!

(Grinst breit. Macht es am Pfarrer vor.)

Ja, so haben die auch geguckt.


Pfarrer: Hm. Naja. Die Methode ist zweifelhaft, aber die Botschaft ist klar.

Gut. Du hast natürlich nicht nur diesem Jungen geholfen. Sondern auch vielen anderen. Manchen hast du heimlich etwas zu Essen in die Schuhe, an die Fenster oder vor die Türen gelegt, anderen, die keine Eltern hatten, hast du ein Haus gebaut, wo sie miteinander leben konnten. Wie heute ein Waisenhaus.

Das finde ich echt stark!

Die haben dort hoffentlich nicht deine Rute zu spüren bekommen!


Nikolaus: Nein! Natürlich nicht!


Pfarrer: Gut!

Aber dann kam dieser schlimme Sommer. Heiß war der. Unerträglich heiß.

Die Menschen ernten so gut wie nichts. Die Ähren sind verdorrt, es gibt kein Mehl zum Backen. Die Menschen kommen zum Bischof, der für seine große Bereitschaft zum Teilen, bekannt ist.

Das bist du. Und du willst ihnen Geld in die leeren Schüsseln legen, denn du hattest ja auch nicht mehr zu Essen als die Leute, doch das nützt den Menschen nichts. "Geld können wir nicht essen", rufen sie im Chor.


Nikolaus: Ja. Das war wirklich schlimm. Ich wusste gar nicht mehr, wie ich den Menschen noch gut zureden konnte. Wir warteten alle miteinander sehnsüchtig

auf die Kornlieferung aus Rom. Die war uns versprochen worden.

Sie sollte mit einem Schiff kommen. Aber das Warten wurde lang und die Menschen immer hungriger.


Pfarrer: Wie dankbar ich bin, dass wir das mit dem Hunger hier nicht kennen müssen.

Aber das Warten kennen wir auch.

Du hast vielleicht von der Corona-Pandemie gehört, die schon das ganze Jahr unser Leben beeinflusst und verändert hat.


Nikolaus: Hallo!? Nur weil ich vielleicht ein bisschen von gestern bin, lebe ich ja nicht hinterm Mond! Schon gesehen, ich habe auch eine Maske dabei!

(Zückt seine Maske und wedelt damit herum.)


Pfarrer: Naja. Dann weißt du ja, was ich meine.

Also, das mit dem Warten auf die versprochene Hilfe und das sich etwas an der Situation ändert.

Das scheint mir heute und damals ähnlich.


Nikolaus: Stimmt.

Nagut. Weiter... wo war ich gerade?

Ach ja... du wolltest meine Geschichte weiter erzählen...


Pfarrer: Ok. Heißer Sommer, Trockenheit, Hitze, keine Ernte, alle haben Hunger und

selbst der Nikolaus kann nicht mehr helfen, weil Geld nunmal keine hungrigen Münder stopft. Alle warten auf ein Schiff aus Rom, dass das erhoffte und dringend benötigte Korn bringt.

Doch dann, kommt es ganz anders:

Es kommt tatsächlich ein Schiff. Aber nicht das aus Rom, auf das alle warten.

Es kommt ein Piratenschiff, dass die Hafeneinfahrt blockiert und belagert.


Nikolaus: (schlägt sich mit der Hand an die Stirn)

Nicht nur ein Piratenschiff! Schiffe! Viele!

Das war gar nicht auszuhalten!

Das könnt ihr euch nicht vorstellen!

Die Leute krochen eh schon auf dem Zahnfleisch. Und jetzt das!

Die Piraten wussten Bescheid. Sie hatten von dem Versorgungsschiff gehört. Und die Nahrungsmittel wurden überall knapp. Also wollten sie sich unsere Getreidesäcke holen. Wenn die Lebensmittel auf dem angekündigten Schiff eine ganze Stadt ernähren konnten, dann doch erst recht ein paar Piratenschiffe. Die Soldaten in unserer Stadt waren machtlos. Es waren einfach zu viele Piraten.

Sie drohten damit, dass sie das ganze Schiff einfach kapern und mitnehmen.

Wir wären verhungert.

Ich habe dann mit den Piraten verhandelt. Aber sie waren wirklich hartgesotten.

Sie sagten:

„Entweder ihr wiegt jeden Sack auf dem Versorgungsschiff mit Schmuck, Gold und Geld auf und gebt uns das, oder wir nehmen das Getreide ...

und …

(geht in den Mittelgang; sieht die Kinder ernst an)

und nehmen gleich noch eure KINDER mit

und verkaufen sie irgendwo in der Welt als Sklaven.


Pfarrer: Nikolaus!

Das sollte eigentlich keine Gruselgeschichte werden.

Aber schlimm ist das schon. Sehr schlimm.

Ich kann mir gar nicht vorstellen, welche Angst die Menschen um ihre Kinder, aber ja auch um sich selbst gehabt haben müssen, wenn das mit dem Hunger so weitergehen sollte.

Ich weiß aber, dass du dann sehr schnell sehr aktiv geworden bist.

Du hast die Menschen aufgerufen, alles herbeizuschaffen, was sie an Geld und Schmuck und anderen Kostbarkeiten so auftreiben konnten und selbst besaßen. Ihr habt alles zusammengetragen. Alles auf dem Markt gesammelt.


Nikolaus: Und es reichte nicht. Es reichte hinten und vorne nicht.

Es war einfach nicht genug.


Pfarrer: Aber du hattest ja noch eine rettende Idee.

Wie bist du darauf gekommen?


Nikolaus: Das ist einfach.

Du hast es doch vorhin selbst vorgelesen.


Pfarrer: Ich?


Nikolaus: Ja. Du.

Das ist es, was ich dir heute gebiete: dass du den Herrn, deinen Gott, liebst und wandelst in seinen Wegen und seine Gebote, Gesetze und Rechte hältst

Tja, was wäre Gottes Weg gewesen?


Pfarrer: Den Menschen zu helfen. Koste es was es wolle.


Nikolaus: Du sagst es. Koste es was es wolle.

Das war damals auch in meinem Herzen und dann kam es über meinen Mund:

„Der Kirchenschatz.“


Pfarrer: (murmelt)

Na die katholische Kirche hat ja auch Kohle.


Nikolaus: Das kann ich heute nicht beurteilen.

Damals war das alles, was wir in der Kirche hatten.

Natürlich das Geld, das wir aus Spenden erhalten hatten, um es für die Armen,

aber auch für unsere Gebäude und den Gottesdienstschmuck auszugeben;

und natürlich die besonderen Gegenstände, die wir hatten: unsere Bibeln, die vergoldeten Kreuze, die silbernen Kelche all das. Edelsteine waren auch dabei,

die für Verzierungen gedacht waren.

Man sollte ja auch immer gleich auf den ersten Blick sehen, dass so eine Kirche etwas besonderes ist und aller Schmuck innen ist ja zur Ehre Gottes gedacht.

Also du merkst, das fiel mir schon nicht leicht, aber in diesem Moment war es der einzige Weg, um allen helfen zu können.

Und schließlich: Wären die Menschen verhungert und die Kinder weg gewesen, dann hätte alles Geld und aller Schmuck nichts genützt.

Es wäre ja niemand mehr da gewesen, dem es hätte nützen können,

oder der an diesem Anblick seinen Glauben hätte stärken können.


Pfarrer: Und da habt ihr alles herbeigeschafft: Kelche, Teller, Pokale, Gold, Silber und Edelsteine.

Alles habt ihr mit auf den Marktplatz geschafft. Und dann hat es gereicht.


Nikolaus: Ja. Das stimmt. Das Schiff mit den Lebensmitteln aus Rom wurde von den Piraten hereingelassen. Sie machten ihre Schiffe mit den Schätzen voll und zogen davon. Wir haben nichts mehr von ihnen gehört.

Gott sei Dank!

Und den Sommer haben wir auch überstanden.

Dank der Lieferung auf dem Schiff.


Pfarrer: Aber du hast den Kindern ja noch etwas mit auf den Weg gegeben.

Damals.

Als die Piraten davonfuhren und ihr das Schiff abladen konntet.

Kannst du dich daran noch erinnern?


Nikolaus: Ich bin alt, aber nicht senil. Natürlich weiß ich noch, was ich gesagt habe!

Ich habe den Kindern gesagt, dass sie sich immer an diesen Tag erinnern sollen. Besonders dann, wenn andere in Not sind, sollen sie sich daran erinnern.


Die Kinder sollten sich erinnern, wie das war, selbst in Not zu sein.

Vielleicht nicht nur die Kinder.

Alle.

11Denn das Gebot, das ich dir heute gebiete, ist dir nicht zu hoch und nicht zu fern. 12Es ist nicht im Himmel, dass du sagen müsstest: Wer will für uns in den Himmel fahren und es uns holen, dass wir’s hören und tun? 13Es ist auch nicht jenseits des Meeres, dass du sagen müsstest: Wer will für uns über das Meer fahren und es uns holen, dass wir’s hören und tun? 14Denn es ist das Wort ganz nahe bei dir, in deinem Munde und in deinem Herzen, dass du es tust.

15Siehe, ich  lege dir heute das Leben und das Gute vor, den Tod und das Böse. 16Dies ist’s, was ich dir heute gebiete: dass du den Herrn, deinen Gott, liebst und wandelst in seinen Wegen und seine Gebote, Gesetze und Rechte hältst, so wirst du leben und dich mehren, und der Herr, dein Gott, wird dich segnen in dem Lande, in das du ziehst, es einzunehmen. 


Den Herrn unseren Gott lieben und wandeln in seinen Wegen.

Das wünsche mir für uns alle.

Ein Beispiel dafür, wie das geht, war die Geschichte des Nikolaus von Myra und den Piraten. Es gibt viele mehr.

Die Geschichten sind alle nicht fern. Nicht oben im Himmel, dass wir hinaufsteigen müssten, um sie zu holen.

Manche sind von weit her.

Andere von Um-die-Ecke.

Eine kommt sogar vom Himmel herab.

Sie wird in jedem Advent und zu jedem Weihnachtsfest erzählt.

Gott wurde Mensch.

Ein Gott zum Anfassen.

Zum Lieben.

Und zum Folgen.


Und der Friede Gottes, der größer ist als alles, was wir verstehen können, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.


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Beitrag zu den Verkündigungsimpulsen zum Gottesdienst beim Reformations- und Kirchweihfest in Bockendorf 2020


Schildbürger kennt man, oder?

Sonderbare Menschen sind das.

Und komische Dinge tun sie.

Sie bauen zum Beispiel Häuser.

Soweit, so schön.

Doch als das Haus fertig ist,

ist es dunkel im Haus.

Also schnappen sich die Schildbürger

Eimer reihenweise.

Und sie schöpfen draußen

das Licht der Sonne

und tragen es in den Eimern

hinein in das neue, schöne Haus.


- mit Eimer Licht schöpfen und tragen -


Eigentlich beneide ich die

Schildbürger ein wenig,

für ihren Eifer und ihren Einfallsreichtum.

Und doch muss ich sie auch belächeln.

Denn ganz offenbar gehen sie es falsch an.


Das Licht kommt ganz von selbst.

Es ist schon da.

Man muss es nur hereinlassen.

Man kann es nicht hineintragen.


Fenster und Türen können da helfen.

Gegen das Dunkel.

Und Schlüssel, die Türen aufschließen.


- Schlüssel zeigen -


Gegen die Angst, dass es dunkel bleiben könnte.


Fürchtet euch nicht, sagt Jesus.

Verborgenes wird bekannt gemacht.


Bekanntlich kann ein Schlüssel helfen.

Auch bei Enthüllungen.

Solchen Enthüllungen, wie sie auch Luther machte.


Vielleicht ein spätmittelalterlicher Fall von Wiki-Leaks.

Nur, dass noch niemand das Geheimnis kannte,

noch niemand hinter die Tür geschaut hatte,

die da geöffnet wurde.

Auch keine Geheimdienste.

Aber er lag immer schon da.

Seit es Christen gibt.


Der Schlüssel, der die Bibel aufschließt,

das ist Christus.

Ein Barmherziger,

Gütiger,

Helfer und Retter.


Und Luther steckte diesen Schlüssel

in die Schlösser der Bibel.

Und die Türen gingen auf.

Und dahinter fand er einen

barmherzigen Gott.

Wie Christus, der ihm diesen Gott zeigt.

Und uns allen auch.


Heute ist das manchmal

kaum mehr aufregend.

Wissen wir doch längst.

Gott ist gut uns so.


Aber für Luther

taten sich damals neue Welten auf.

Räume, die er nie zuvor

betreten hatte.

Welten, die noch nie ein Mensch zuvor gesehen,

würde man bei Star Treck sagen.

Kathedralen, die niemanden

das Fürchten lehren,

nichts vom Fegefeuer erzählen

und Angst schüren,

sondern die da sind, zum Trost

und zur Freude der Menschen.

Die die Angst nehmen.


Kommt her zu mir, alle,

die ihr mühselig und beladen seid.

Wie es in unserer Patella steht.


Manchmal wünschte ich schon,

dass nochmal jemand die Kirche

so umkrempeln würde,

wie Luther das tat.

Vor 500 Jahren.

Aber was sollten wir denn

anderes erzählen?

Besser wird es nicht.


Den Schlüssel gibt es schon.

Er heißt Christus.

Er schließt die Bibel auf.

Und Menschen.

Dich und mich.

Er hält die Türen offen

damit das Dunkel weichen

und Licht gleißen,

ja, einziehen kann.

In dir und in mir.


Und unsere Räume,

die Kirchen und Gemeinderäume,

unser neu hergerichteter Gemeinderaum,

sie sind Bilder dafür.

Sie sollen offen sein.

Auch offen bleiben,

in diesen bewegten

und sonderbaren Zeiten.

Um dort Worte zu hören,

die Mut machen.

So viel Mut,

dass man hinausgehen möchte

und es von den Dächern rufen will:

Fürchtet euch nicht!“


Wir sind keine Schildbürger.

Niemand muss das Licht mit Eimern

hereintragen.

Es ist schon da.


Mögen diese Kirche

und unsere Räume solche Orte sein.

Zum Mutschöpfen.

Damit wir, wie Luther,

dem Zeitgeist und dieser Welt,

den barmherzigen Gott

vorhalten,

den, zu dem Christus der Schlüssel ist.


Amen.


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Predigttext: Mt 15, 21-28 und Spr 2, 10+11 (Taufspruch)


Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Matthäusevangelium, Kapitel 15, Verse 21-28

21 Und Jesus ging weg von dort und entwich in die Gegend von Tyrus und Sidon. 22 Und siehe, eine kanaanäische Frau kam aus diesem Gebiet und schrie: Ach, Herr, du Sohn Davids, erbarme dich meiner! Meine Tochter wird von einem bösen Geist übel geplagt. 23 Er aber antwortete ihr kein Wort. Da traten seine Jünger zu ihm, baten ihn und sprachen: Lass sie doch gehen, denn sie schreit uns nach. 24 Er antwortete aber und sprach: Ich bin nur gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel. 25 Sie aber kam und fiel vor ihm nieder und sprach: Herr, hilf mir! 26 Aber er antwortete und sprach: Es ist nicht recht, dass man den Kindern ihr Brot nehme und werfe es vor die Hunde. 27 Sie sprach: Ja, Herr; aber doch essen die Hunde von den Brosamen, die vom Tisch ihrer Herren fallen. 28 Da antwortete Jesus und sprach zu ihr: Frau, dein Glaube ist groß. Dir geschehe, wie du willst! Und ihre Tochter wurde gesund zu derselben Stunde.

Sprüche, Kapitel 2, Verse 10 und 11

10 Denn Weisheit wird in dein Herz eingehen, und Erkenntnis wird deiner Seele lieblich sein, 11 Besonnenheit wird dich bewahren und Einsicht dich behüten,

Der Herr segne an uns sein Wort. Amen.


10 Denn Weisheit wird in dein Herz eingehen,

und Erkenntnis wird deiner Seele lieblich sein,

11 Besonnenheit wird dich bewahren

und Einsicht dich behüten,

Das wünscht man doch einem Kind.

Besonders seinem.

Aber eigentlich ja allen Kindern.

Allen Menschen.

Sie wird sich das auch gewünscht haben.

Sie, die Mutter dieser Tochter,

die krank ist.

Gefangen von unreinen Geistern.

Irgendwie kam sie nicht mehr an

sie heran, die Mutter an die Tochter.

Lange schon.

Kind, sei weise,

mit weitem Herzen“,

hatte sie gesagt.

Aber die Worte prallten nur ab,

an einer allzu harten Schale.

Wenn Sie doch den Holzweg

erkennen würde,

die Tochter.

Kann sie aber nicht.

Besonnenheit würde sie behüten

und Einsicht bewahren.

Aber sie ist gerade nicht besonnen.

Einsichtig schon gar nicht.

Und die Mutter weiß sich nicht mehr

zu helfen.

Sie hat alles versucht.

Nichts hat geholfen.

Ihre kleine Kraft reicht nicht aus.


Dabei wünschen sich Eltern doch

für ihre Kinder nur das Beste.

Und nach Kräften

sorgen sie dafür,

dass sie es einmal besser haben.

10 Denn Weisheit wird in dein Herz eingehen,

und Erkenntnis wird deiner Seele lieblich sein,

11 Besonnenheit wird dich bewahren

und Einsicht dich behüten,

Und die Menschen,

die dir das Zurechtkommen in

dieser Welt zeigen,

Mutter, Vater, Eltern,

Familie, Freunde,

sie mühen sich,

dir zu helfen, dich nach

Weisheit und Erkenntnis und

Besonnenheit und Einsicht

auszustrecken.


Diese Mutter auch,

als sie im Haus eines Fremden steht

und schreit,

dass die Wände zittern.

Ihre kleine Kraft und ihr großer Mut

sind zu einigem fähig

und zu allem bereit,

nur gegen die bösen Geister,

die die Tochter gefangen halten,

können sie nichts ausrichten.

Also ruft sie, sie schreit,

ob nicht hinter den Wänden dieses

Hauses irgendjemand das Geschrei

hören und sich erbarmen würde.

Ob nicht hinter einer Wand

eine Kraft lauert, die größer ist als ihre,

ein Wille sich finden lässt,

der noch mehr auszurichten

vermag als ihrer.

Doch niemand hört.

Und die die es hören,

sind angestrengt, genervt,

überfordert

und wollen sie lieber loswerden.


Ich bin selbst ratlos.

Auch Jesus hört nicht.

Und ich höre Matthäus,

den, der diese Geschichte aufschrieb,

sagen: „Es ist noch nicht so weit.

Jesus hat alle Hände voll zu tun

mit dem Volk Israel.

Der Auftrag für die Welt wird erst noch kommen.

Geht hin in alle Welt“ wird er zu seinen Freunden sagen.

Jetzt noch nicht.“

Doch ich möchte ihm zurufen:

Matthäus, wie kannst du es wagen,

die gute Botschaft von Gott bei den Menschen,

nicht jetzt schon für alle Menschen herzugeben?

Wieso muss sich diese verzweifelte Mutter

anhören, dass sie wie ein Hund im Haus ist -

nicht Wert, dass sie von der knappen Mahlzeit

auf dem Tisch etwas abbekommt?

Jesus muss doch etwas tun!

Jetzt!“


Und ich sehe mich selbst

bei Kranken, denen ich nicht helfen kann,

die meine Hand nehmen und sagen:

Ich will leben!“

Und ich sagen muss,

dass ich das nicht machen kann.

Ich sehe mich selbst bei Familien,

die in Trauer versinken,

manche, Einzelne,

in Einsamkeit,

andere in Sucht,

wieder andere

in Verbitterung -

so viele böse Geister,

aber ich, mit meiner kleinen Kraft,

kann nur so wenig dagegen tun.


Da wünsche ich mir den Mut dieser Frau,

dieser Mutter, die in Liebe schreit,

dass Wände zittern und

Herzen und Seelen auch,

über alle die anderen kleinen Kräfte hinweg,

auf der Suche nach einer großen Kraft,

die irgendwo, hinter Wänden,

lauern könnte,

bis sie endlich hört und kommt

und spricht und hilft.


Und ich höre Matthäus sagen:

Lies doch weiter!

Es hat sich ja ganz anders entwickelt,

als ich selbst dachte.“


Sie ließ sich nicht beirren,

die Mutter mit der kleinen Kraft

und dem großen Mut.

Sie hielt dagegen.

Und wenn ich schon nicht

mit am Tisch sitzen kann,

so wird doch wenigstens

etwas vom Tisch herunterfallen

und für mich abfallen.

Meinst du nicht, Herr!?“

Da war kein Stolz

in ihrer Rede.

Sie hätte alles für ihr Kind

hingegeben.

So groß war ihre Liebe.

Und wenn Liebe und Glaube

nicht verschwistert sind,

dann wüsste ich nicht,

wer es sonst sein sollte.

Dein Glaube ist groß“,

sagt Jesus.

Und dann geschah,

was sie schon fast nicht mehr

zu glauben gewagt hätte,

weil sie eben nicht aufgehört hatte,

nicht aufhören konnte,

ihre Tochter zu lieben.


Ich weiß nicht,

was da genau geschehen ist.

Vielleicht ging Weisheit ein,

in das Herz der Tochter

und Erkenntnis rührte an ihre Seele,

so dass sie Besonnenheit vor

Schlimmerem bewahrte

und Einsicht behütete.

Vielleicht ging aber auch Weisheit in das

Herz der Mutter ein

und Erkenntnis rührte an ihre Seele

und sie wusste endlich,

was noch zu tun sein könnte,

und dass ihre Kraft gar nicht so klein war.


Vielleicht kann ich jetzt doch verstehen,

warum Matthäus das so aufgeschrieben hat:

Denn manchmal ist es noch nicht so weit.

Da braucht der gute Same noch etwas Zeit.

Da müssen die guten Mächte

sich erst noch gegen die bösen Geister behaupten.

Da muss ich lieben und glauben

bis an meine eigene Grenze hinan

und darüber hinaus.

Und dann schreie ich vielleicht

nach einer Kraft die größer ist als meine.

Aber die ist immer schon da.

Hat schon ganz am Anfang

Weisheit in Herzen gelegt

und der Seele Freude

an Erkenntnis geschenkt,

so dass Besonnenheit

und Einsicht mich bewahren

und behüten können.

10 Denn Weisheit wird in dein Herz eingehen,

und Erkenntnis wird deiner Seele lieblich sein,

11 Besonnenheit wird dich bewahren

und Einsicht dich behüten,

Aber der Weg dahin

kann lang und mühsam sein.

Und ein Ende vielleicht nicht in Sicht.

Wenn das so ist,

dann wünsche ich mir

und euch,

den Mut und die Liebe dieser Mutter,

die ihre Tochter nicht verloren gibt.

Nein.

Gib keinen verloren!

Hinter der Wand wird Jesus sein.

Immer.

Auch wenn er schweigt.

Er wird deine Liebe hören

und großen Glauben sehen

und dann vor dir stehen

und dir sagen:

Dir geschehe, wie du willst!“

Und in derselben Stunde

wird gesund, was du liebst.


Ich glaube, dass das nicht immer so aussieht,

wie ich mir das vorgestellt habe.

Die alte Frau, die mich am Krankenbett

um Leben anflehte,

sie starb.

Aber ich konnte sie Gott anbefehlen,

weil ich glaube, dass bei ihm Leben ist.

Dadurch bin ich gesund geworden.

Dir geschehe, wie du willst!“

Und in derselben Stunde

wird gesund, was du liebst.

Das sieht nicht immer so aus,

wie ich mir das vorstelle.

Aber es geschieht.

Wenn das, was ich will,

durch meine Liebe,

die aus deiner Liebe lebt,

Gott,

wird, was du willst,

durch deine Liebe,

aus der meine lebt.

Darum beten wir im Vaterunser:

Dein Wille geschehe.“


Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.


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1. Brief an die Thessalonicher, Kapitel 5, Verse 1-6


Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen.


1. Thessalonicher

5 1Von den Zeiten aber und Stunden, Brüder und Schwestern, ist es nicht nötig, euch zu schreiben; 2denn ihr selbst wisst genau, dass der Tag des Herrn kommt wie ein Dieb in der Nacht. 3Wenn sie sagen: »Friede und Sicherheit«, dann überfällt sie schnell das Verderben wie die Wehen eine schwangere Frau, und sie werden nicht entrinnen. 4Ihr aber seid nicht in der Finsternis, dass der Tag wie ein Dieb über euch komme. 5Denn ihr alle seid Kinder des Lichtes und Kinder des Tages. Wir sind nicht von der Nacht noch von der Finsternis. 6So lasst uns nun nicht schlafen wie die andern, sondern lasst uns wachen und nüchtern sein.

Der Herr segne an uns sein Wort. Amen.


Licht und Finsternis wechseln sich ab.

Das ist täglich so.

Nichts besonderes.

Auch im übertragenen Sinne.

Licht und Finsternis.

Freude und Leid.

Sie wechseln sich ab.

Tag für Tag.


Im Nebel

deutscher Novembertage

und -nächte

allerdings,

scheint manches Licht

heller,

als an anderen Tagen;

und manches Dunkel

dunkler,

manche Finsternis

finsterer,

als in anderen Nächten.

Wir blicken dem Tag entgegen,

der von beidem erzählt:

Der 9. November.


In einigen Tagen wird der 100. Geburtstag

des Dichters Paul Celan begangen.

Schon 1970 ist er gestorben.

Oft ist schwer verständlich,

was er schrieb.

Aber immer hat es mit

den verheerenden Ereignissen

seiner Zeit zu tun.

Damals fuhr der junge Dichter

von Krakau nach Paris.

Mit dem Zug.

Es könnte ein 8. November gewesen sein.

Im Jahr 1938.

Später schreibt er über diesen Tag:


Über Krakau
bist du gekommen, am Anhalter Bahnhof
floss Deinen Blicken ein Rauch zu,
der war schon von morgen“


Denn als der Zug in Berlin hielt,

lagen Rauch über der Stadt

und Scherben überall.

Steine flogen.

Fenster klirrten.

Die Fenster jüdischer Geschäfte.

Und der Synagogen.

Wände sind beschmiert.

Feuer wurde gelegt.

Und Wind weht die Asche

heiliger Schriften

und guter Menschen davon.

Keiner löscht.

Schreie dringen durch die Nacht.

Scherben knirschen unter Stiefeln.

Finstere Finsternis.

In der Nacht des 9. Novembers 1938.


Und Paul Celan wird 1945

ein Gedicht schreiben,

das um die Welt gehen sollte:

Die Todesfuge.

Der Tod ist ein Meister aus Deutschland“

wird seine berühmteste Zeile heißen.


44 Jahre später liegen wieder Scherben

auf den Straßen,

nicht nur in Berlin.

Diesmal:

keine Scherben der Scheiben

von Geschäften

oder Gotteshäusern.

Sondern

Scherben von Flaschen,

die den Freudentaumel

befeuerten.

Und die Feuer loderten heiß.

In den Herzen.

Menschen auf Straßen

lagen sich in den Armen.

Freude drang in alle Ritzen,

als endlich diese Mauer

aufging,

offenstand,

und der Ruf der Freiheit war zu hören.

Überall.

Tränen in den Augen.

Tanz in den Beinen.

Feuer in den Herzen.

Und Licht im Gesicht.

Mitten in der Nacht.

An diesem 9. November 1989.


Einen Tag vorher hätte das wohl

noch niemand erwartet,

manche vielleicht vage geahnt.

Aber es kam wie ein Dieb in der Nacht.

Unverhofft.

Überraschend.

Mindestens für die,

die es nicht mehr zu hoffen

gewagt hätten.

Und für die, die es gar

nicht herbeigesehnt hatten.

Aber auch für die, die

sich schon lange danach sehnten.


Scherben.

Des Freudentaumels.

1989.

Und des Hasses.

1938.

Licht und Finsternis.

Freude und Leid.

Sie wechseln sich ab.

Tag für Tag.

Aber im Nebel

deutscher Novembertage

und -nächte,

scheint manches Licht

heller,

als an anderen Tagen;

wie 1989;

und manches Dunkel

dunkler,

manche Finsternis

finsterer,

als in anderen Nächten;

wie 1938.

Wir blicken dem Tag entgegen,

der von beidem erzählt:

Der 9. November.


Seit 1848

mäandriert

der 9. November

durch die deutsche Geschichte,

mal taghell,

mal dunkel, ja finster.

Niederschlagung

einer Revolution [1848];

Ausrufung

der ersten Republik [1918];

Putsch in München [1923];

Pogromnacht [1938];

gescheitertes Attentat [1939];

und Mauerfall [1989].

Alles an einem

9. November.

In Deutschland.

Licht und Finsternis.

Freude und Leid.


4Ihr aber seid nicht in der Finsternis, dass der Tag wie ein Dieb über euch komme. 5Denn ihr alle seid Kinder des Lichtes und Kinder des Tages. Wir sind nicht von der Nacht noch von der Finsternis. 6So lasst uns nun nicht schlafen wie die andern, sondern lasst uns wachen und nüchtern sein.


Den 9. November vor der Brust,

heißt das für mich:

wir sind Kinder der Freiheit,

der Freude,

der Hoffnung.

Gegen dunkle Zeiten

halten wir unser Licht aufrecht,

auch in den Wind;

auch mitten in der Nacht.

Damit uns nicht der Rauch

von morgen

entgegenweht.

Damit der Tod

nie wieder

ein Meister aus Deutschland

sein wird.

Damit wir weiter frei

leben dürfen.

Und froh.

Auch wenn das gerade

manchmal beschwerlich ist.

Mit Masken.

Und Abständen.

Und ohne so vieles,

das eigentlich Freude macht.

Und manchmal sogar

mit Angst,

wenn von Anschlägen die Rede ist.

Synagogen und andere Gotteshäuser

wieder in Gefahr sind.

Aber lasst uns wachen,

also wachsam sein,

und nüchtern,

wie Paulus sagt.


Also:

aufeinander

und auf andere achten,

füreinander da sein,

einander schützen.

Damit Hass nie in unserer Mitte

Raum gewinnt,

und Mauern nie wieder

zwischen uns errichtet werden.


Und wir,

so vielen wie wir können,

die Botschaft der Freiheit,

das Licht der Freude

und das Feuer der Herzen

bringen.


Damit an dem Tag,

den keiner kennt,

an dem der Herr kommt,

wie ein Dieb in der Nacht,

nicht Angst und Schrecken,

sondern Freude und Hoffnung

herrschen.


Amen.


Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne, in Christus Jesus. Amen.


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Offenbarung des Johannes, Kapitel 21, Verse 1-7


Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen.


Wir sind heute zusammen, um Abschied zu nehmen...

um uns zu Erinnern...

dazu gehören Trauer und Schmerz...

aber auch die Dankbarkeit...


Oft habe ich diese Worte im vergangenen Kirchenjahr gesagt.

Und dann haben wir Abschied genommen.

In Trauer und Schmerz,

in Dankbarkeit,

in Demut oder Ehrfurcht,

in Stille,

vielleicht sogar manchmal zufrieden,

weil es Zeit war;

manchmal auch wütend,

aufgewühlt, unversöhnt,

weil es längst noch nicht Zeit war;

weil es viel zu überraschend kam;

weil es nicht nachvollziehbar ist.

Ich stand an Gräbern,

manchmal mit einer Hand voll Menschen,

weil Corona-Maßnahmen es so verlangten,

weil andere Umstände dazu führten,

manchmal mit nicht enden wollenden

Menschenzügen.

Und alles dazwischen gab es auch.

Und dann haben wir uns gemeinsam erinnert.

An ein ganzes Leben.

An einen alten Himmel

und eine alte Erde.

Vergangen.

Aber nicht vergessen.

Ich habe von Sommertagen erzählt,

im Garten, mit gebeugtem Rücken,

aber voller Frohmut;

und von Winternächten,

einer altgewordenen Liebe

am Pflegebett;

von spielenden Großmüttern und Enkelkindern;

von frisch gebackenem Kuchen aus Kindertagen;

vom Puzzeln am Küchentisch

bei einer geteilten Flasche Bier;

von Katzen, die sich an die Hand gewöhnt hatten,

die sie täglich fütterte und nun fehlt;

von beschwingten Walzerschritten in der Küche,

oder Paartanz zu Radiomusik;

von geschwollenen Füßen und Barfußspaziergängen;

von 65-jährigen Frauen, die noch Dächer decken;

von schreibmaschinengetippten Fußballspielberichten;

von handgemachten, aber katalogechten Kostümen;

und einem herrlichen Platz der Ruhe im eigenen Hof.

Geschichten.

Geschichten von einer alten Erde

unter einem alten Himmel.

Vergangen,

aber nicht vergessen.


Und ich habe den Menschen

in die Augen geblickt,

die da waren.

Manchen,

die heute da sind.

Die auf dieser Erde

und unter diesem Himmel

weiterleben.

Manche haben einander in die Arme genommen,

andere haben still geweint,

jemand hat aus der Tasche

ein Tuch hervorgekramt,

um die Tränen zu trocknen;

bei manchen Erinnerungen

glänzte ein Lächeln in den Augen.


Doch der erste Abschied

ist oft nur der Anfang

von vielen Abschieden -

wenn nach der Trauerfeier

das Leben weitergehen muss -

auf dieser Erde,

unter diesem Himmel -

wenn ich Zuhause sitze

und jemand fehlt,

wenn ich

dieses eine Lied wieder höre,

wenn ich den Blick in den Garten wage,

mir das Fotoalbum in die Hände fällt,

mir das Wort zu Ohren kommt,

dass eigentlich jemand anderes sonst gesagt hat.

Doch das ist vorbei.

Vergangen.

Nicht vergessen.

Aber Teil einer alten Erde,

ein Leben unter einem alten Himmel.


Sie hat so viel hervorgebracht,

diese alte Erde.

Manches kaum zu ertragen,

anderes wieder traumschön.

Tränen und Trauer,

Lachen und Liebe,

Angst und Aberwitz,

Unmut und Unerwartetes.

Alles passt unter diesen alten

Himmel über mir.

Tränen des Schmerzes,

der Grenzen und der Krankheit;

Tränen der Liebe,

der Freude und des Überschwangs.

Alte Erde und alter Himmel

voller Schönheit,

Liebe, Freundschaft,

Vertrauen -

mit all dem Wunderbaren,

dass auch passiert.

Von dem ich nicht möchte

und niemand will,

dass es vergeht.

„Und trotzdem ist da noch das Schlimme

und das Traurige,

von dem ich mir wünsche,

dass es irgendwann einfach nicht mehr ist.

All die Dinge, die besser nicht geschehen wären;

die vielen bitteren Kelche,

die nicht vorübergegangen sind.

Die Einsamkeit,

die Sehnsucht

und die enttäuschte Hoffnung;

die Not und die Hilflosigkeit;

und die eine große Frage nach dem 'Warum?',

auf die es [so] oft keine Antwort gibt.“

[von Rene Enzenauer: Facebook, Predigtkultur, 21.11.2020]


Und eines Tages,

irgendwann,

wenn das einmal vergeht,

siehst du einen neuen Himmel

und eine neue Erde;

denn der erste Himmel

und die erste Erde sind vergangen...

Und du hörst eine große Stimme,

die spricht:

Sieh da, die Hütte Gottes bei den Menschen.

Er will bei dir wohnen,

wird bei dir wohnen,

mit dir,

und wird dein Gott sein;

und er wird abwischen alle Tränen

von deinen Augen;

kein Tod wird mehr sein,

kein Leid,

kein Geschrei,

kein Schmerz.

Alles vergangen.

Manches davon

vielleicht sogar vergessen.

Alles wird neu.

Und dann wird

die große Stimme sagen:

Es ist geschehen.


Der Tag wird kommen,

da werden Himmel und Erde neu.

Und der, der A und O,

Anfang und Ende ist,

wird alles neu machen.

Wie ich es mir nicht vorstellen kann;

es mir kaum vorzustellen wage.

Und ich glaube wirklich,

dass dann Wolf und Lamm

friedlich beieinander wohnen werden,

wie Jesaja das sagt;

dass dann Leid,

Geschrei, Schmerz,

und sogar Tod vergangen sein werden.

Dieser Tag und die Zeit

wird kommen.


Gut, wenn ich

darauf vorbereitet bin.

Der Glaube bereitet mich vor.

Und die Vorbereitung

hat längst begonnen.


Himmel und Erde

vergehen und werden neu -

Tag für Tag.

Erlebtes verblasst;

Erinnerungen sortieren sich neu;

Perspektiven verändern sich.

Was war, wird nicht vergessen.

Manches davon vielleicht.

Aber alles vergeht.

Die alte Erde, auf der wir gehen,

vergeht,

und der alte Himmel über uns,

auch.

Geschichten

werden Geschichte.

Es liegt an mir und dir,

es liegt an uns,

welche Geschichte wir schreiben.


Wie die neue Erde

und der neue Himmel

morgen aussehen werden.

Ob sie bereits ein

Vorgeschmack sind,

auf das, was kommt.


Wenn wir unsere

Geschichten und

unsere Geschichte

in die Hoffnung

des Glaubens tauchen.


„Wer überwindet,

der wird dies ererben“,

spricht die große Stimme.


Also:

Wir sind zusammen, um Abschied zu nehmen...

um uns zu Erinnern...

dazu gehören Trauer und Schmerz...

aber auch die Dankbarkeit...


für die alte Erde

unter diesem alten Himmel.

Und dann könnten wir

miteinander Abschied nehmen.

Und dieser Abschied

wäre nur der erste von vielen Abschieden.

Aber er wäre auch der Anfang

von etwas Neuem.

Einer neuen Erde

und einem neuen Himmel,

die wir gemeinsam gestalten -

um die Hütte Gottes bei den Menschen

herum,

das Reich Gottes,

schon jetzt,

auch wenn es noch kommt.

Vielleicht besiegen wir

nicht den Tod -

das liegt allein bei Gott,

dem Herrn über Zeit

und Ewigkeit -

aber Leid

und Schmerz

und Geschrei

könnten wir gemeinsam

die Stirn bieten.

Und ich stelle mir vor,

dass wir einen neuen Himmel

und eine neue Erde sehen;

was erst war,

ist vergangen,

auch das Meer der Tränen.

Gott würde bei uns wohnen,

unter allen Völkern;

und er würde zu dir

und zu mir sagen:

Es ist geschehen.

Ich bin das A und das O,

der Anfang und das Ende.

Und ich gebe dem Durstigen

von der Quelle des lebendigen Wassers

umsonst.

Wer überwindet,

der wird dies ererben,

und ich werde dein Gott sein,

und du wirst mein Kind sein.

Amen.


Und der Friede Gottes, der Überwinden hilft und Neues zu schaffen vermag, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.


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Sacharja, Kapitel 9, Verse 9-10


Mit dem nachstehenden Player können Sie die Predigt direkt anhören.



Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen.



9 Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe,
dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin.

10 Denn ich will die Wagen vernichten in Ephraim und die Rosse in Jerusalem, und der Kriegsbogen soll zerbrochen werden. Denn er wird Frieden gebieten den Völkern, und seine Herrschaft wird sein von einem Meer bis zum andern und vom Strom bis an die Enden der Erde.


Herr, unser Gott, schenke uns ein Wort für unser Herz und ein Herz für dein Wort. Amen.



Es ist einer dieser Abende.

Einer von vielen in diesem Jahr.

Die Tochter Zion sitzt allein auf dem Sofa.

So hat sie sich schon oft gesehen in diesem Jahr.

Allein auf dem Sofa.

Sie ist eine dieser „Held/innen“,

für die es jetzt sogar

kleine Werbefilmchen der

Bundesregierung gibt.

Der Bildschirm flackert.

Die Nachrichten.

Diagramme und Zahlen.

Zur Lage der Pandemie.

Dann die Interviews mit Virolog/innen des Landes.

Warnenden Politiker/innen.

Und dann all die anderen schlechten Nachrichten:

Die Hungersnot im Jemen.

Die Kämpfe und Opfer in Aserbeidschan und Armenien.

Gewalt gegen Frauen.

Mangel in Venezuela oder dem Südsudan.

Syriens vergebliche Friedenssuche.

Aus Frankfurt wird Valerie Haller zugeschaltet.

Die Börsenkurse schwächeln weiter.

Noch zu den Lottozahlen:

Wieder nicht gewonnen.

Und das Wetter?

Naja, nicht mehr Herbst

aber auch noch nicht so richtig Winter.

Sie schaltet ab.

Sie steht vom Sofa auf.

Genug von der weiten Welt.

Die eh nicht in ihre 4 Wände kommt.

Weil ja gerade niemand kommen darf.

Sie öffnet das Fenster,

die Tochter Zion,

und wirft einen Blick hinaus.

Neblig trübes Novemberwetter,

Nicht mehr Herbst.

Aber auch noch nicht so richtig Winter.

Die Straßen sind leer.

So leer wie ihr Magen.

Auf Kochen hat sie jetzt keine Lust mehr.

Im Kühlschrank ist nichts, was ihr Lust macht.

Und warm sollte es auch gern sein.

Also muss sie wohl nochmal raus.

Mütze, Schal und Mantel.

Schon steht sie in der Tür

und schlüpft in die Sneaker.

Den Kontrollgriff in die Tasche,

ob die Maske dabei ist,

den hat sie sich längst angewöhnt.

Sie hat inzwischen viele.

Die mit dem Draht findet sie am besten.

Doof sind sie trotzdem.

Die Masken.

Und alles was dazugehört.

Sie seufzt.“

[von: Anneke Ihlenfeld, Facebook, Predigtkultur, 28.11.2020]


Auf.

Bei Antalya gibt es bestimmt noch etwas Warmes.

Als sie die Tür schließt und zum Auto geht,

klingt es aus einem der Fenster in der

Nachbarschaft:

Tochter Zion, freue dich...“

Sie kennt das Lied.

Aber worüber soll man sich denn gerade freuen?

Adventsfreude will noch nicht aufkommen.

Und sie weiß, was ihr besonders fehlen wird,

dieses Jahr:

Die Treffen mit zu viel Glühwein.

Und lautem Gelächter,

in fröhlicher Runde.

Das gemeinsame Singen

von Adventsliedern.“

[von: Anneke Ihlenfeld, Facebook, Predigtkultur, 28.11.2020]

Und die Advents- und Weihnachtsfeiern.


Über Weihnachten mag sie

noch gar nicht nachdenken.

Geschenke kaufen mit Maske

ist auch nicht so richtig toll.

Es gibt Amazon,

aber das ist wirklich ein Scheiß-Laden.

Das weiß sie, seitdem [...]“

das neue Verteilerzentrum in

Lampertswalde bei Großenhain

[...] aufgemacht hat.

Viel Arbeit für schlechtes Geld

und unter schlechten Bedingungen.“

[von: Anneke Ihlenfeld, Facebook, Predigtkultur, 28.11.2020]


Alles nicht so toll.

Adventsfreude – Fehlanzeige.

Aber sie weiß auch,

es gibt da solche Aktionen:

die Kirche macht manche.

Kerzen ins Fenster stellen.

Sterne verteilen.

Hoffnungsleuchten soll das sein.

Fürchtet euch nicht – Gott bei euch“

hat die EKD mit der deutschen

Bischofskonfernez ins Leben gerufen.

Unter gottbeieuch.de

finden sich Angebote und Vorschläge

rund um Weihnachten.

Alles nett.

Aber freuen kann sie sich gerade nicht,

die Tochter Zion.

Vielleicht fehlt ihr auch einfach

ein Sohn Jerusalems dazu.

Dann könnten sich die beiden

zusammen freuen.

Aber der will sich nicht finden lassen.

Freuen kann sie sich gerade nicht,

die Tochter Zion.


Das ging ihr schon damals so.

Damals, als der Prophet Sacharja

seine Zeilen schrieb.

Die Tochter Zion hielt Ausschau

[...] nach einer anderen Wirklichkeit.

Sie war umgeben von Schutt und Asche.

Nach einer Katastrophe

lebten sie damals in Israel.

Ihr Land war erobert worden

von feindlichen Truppen.

Streitwagen und Kriegsrosse

hatten sie überfallen.

Sie waren vertrieben worden.

[Sogar verschleppt.]

Dann konnten sie zurückkehren.

Aber wie eine Heimat fühlte sich

das Land und vor allem die Stadt

Jerusalem, die Tochter Zion,

nicht mehr an.

Sie alle hielten Ausschau

nach einer besseren Zukunft,

in der es wieder wie früher sein würde –

ihr Leben, die Stadt, die Menschen,

einfach alles.


Und sie hatten einen bei sich,

der konnte es sehen.

Denn dafür braucht man Propheten.

Sie sehen über den Rand

der Gegenwart hinaus.

Sie sehen, was noch nicht da ist,

aber kommen wird.“

[von: Kathrin Oxen, Facebook, Predigtkultur, 27.11.2020]


Nicht wie die Propheten,

mit denen auch wir unsere Erfahrungen

in diesem Jahr gemacht haben.

Sondern solche,

die noch weiter sehen.

Noch viel weiter über den Rand

unserer Gegenwart hinaus.


Du, Tochter Zion, freue dich sehr...

Das fiel schon damals schwer.

Einer konnte es sehen.

Wenige konnten es glauben.

Du, Tochter Zion, freue dich sehr...

Siehe, dein König kommt zu dir, ...


Sie ist inzwischen zurück.

Ist aus dem Auto gesprungen,

zur Haustür hinein.

Als sie die Tür hinter sich zuwirft,

fällt sie nicht ins Schloss.

Sie bleibt einen Spalt offen.

Schuhe aus,

Mantel, Mütze, Schal,

alles fällt ab.

Schon sitzt sie wieder

allein auf dem Sofa.

Bilder flimmern

über den Bildschirm.

Vor ihr dampft eine

heiße Pizza, die sie

- ein Stück nach dem anderen -

genüsslich verputzt.

Zwei Stücken bleiben übrig.

Es ist spät geworden.

Satt und mehr oder weniger zufrieden

geht sie ins Bett.


Im Traum steht sie an einem Tor.

Eine große Menge um sie herum.

Am Rande der Menge

sitzen berittene Armisten auf

hohen, gepanzerten Rossen.

Bereit einzugreifen,

wenn die Menge außer sich gerät.

Sie warten auf jemanden.

Nicht die Soldaten.

Die Menge.

Sie rufen ihm schon zu.

Ein König soll es sein.

Ein Gerechter und ein Helfer.

Aber durch das Tor kommt

nichts und niemand.

Noch nicht.

Es dauert.

Die Tochter Zion

drängt sich etwas nach vorn.

Da sieht sie jemanden.

Auf einem jungen Esel

sitzt ein junger Mann.

Langsam kommt er heran.

Als hätte er Zeit.

Alle Zeit der Welt.

Während die Menge

ungeduldig schreit.

Er sieht nicht aus wie ein König.

Arm ist er.

Das sieht man ihm an.

Aber auch, dass er

sich kaum etwas daraus macht.

Eher aus Gerechtigkeit.

Das verraten die Mienen

der Frauen und Männer

an seiner Seite.

Und zum Helfen

scheint er sich nicht zu schade.

Das verraten die Schwielen

an seinen Händen.

Langsam wiegend,

im stetigen Schritt des Tieres,

kommt er näher,

auf einem Esel reitend,

wie einst König Saul.

Was für ein Kontrast

zu den berittenen

Soldaten auf hohen,

gepanzerten Rossen,

mit denen die Römer

die Stadt bewachen.

Und diese Stadt jubelt,

Jerusalem jauchzt.

Siehe, dein König kommt zu dir,

ein Gerechter und ein Helfer,

arm und reitet auf einem Esel,

auf einem Füllen der Eselin.“

So hatte es Sacharja prophezeit.

So fand es jetzt statt.


Ihr und ich, wir kennen die Geschichte.

Und ihren Ausgang.

Die Tochter Zion auch.

Als dann niemand mehr jubelte.

Tage später.

Als Tränen und Enttäuschung

dem Jauchzen wichen.

Karfreitag.

Keine Adventsfreude.

Dieser König kommt anders,

unbegreiflich anders,

als all die anderen Könige.

Das ist schwer zu verstehen.

Vielleicht gar nicht zu verstehen.

Nur zu glauben.


Die Tochter Zion träumt

immernoch.

Sie sitzt in ihrem Traum

nun in der Sonne,

auf einem Berg,

unter einem Ölbaum,

und Jesus,

der Eselreiter von eben,

sitzt neben ihr.


Ich habe Angst vor diesem

Advent.“

Sagt die Tochter Zion.

Und ich habe Angst

um Weihnachten.“

Und Jesus sitzt

neben ihr und sagt:

Ich weiß.

Ich weiß seit 2000 Jahren,

wie das ist, mit der Angst.

Aber wovor fürchtest

du dich wirklich?

Vor dem Alleinsein?

Dann lass mich bei dir sein.

Vor den Verlust der

besonderen Erlebnisse

und der frohen Stunden?

Dann lass uns gemeinsam

auf die Suche gehen,

welche zu finden

oder welche zu schaffen,

wo gerade keine sind.“


Vor der Veränderung.“

haucht die Tochter Zion.


Ich weiß.“

sagt Jesus leise.

Dann lass sie uns ausmalen,

die Zukunft,

nach der Veränderung.“


Stille.

Die Tochter Zion denkt an sich.

An ihren Ärger

über Vorschriften

und die Angst,

was dadurch alles

angerichtet wird

und an die Frage,

wer das alles wieder

aufkehren soll,

was da zu Bruch geht.

Dann denkt sie an die Nachrichten.

An all die anderen schlechten

Nachrichten.

Wir könnten die Kriegswagen

und Waffen zerbrechen.“

sagt die Tochter Zion.

Wir könnten Frieden gebieten,

bis an alle Enden der Erde.

Steht das nicht auch

irgendwo in der Bibel?“

bricht es aus ihr heraus.

Das wäre doch eine

gute Veränderung.

Und dann ginge es gerecht zu,

die Menschen würden sich helfen

und gemeinsam könnten wir

einander Mut machen,

um die Angst zu vertreiben;

es muss sich eben einfach etwas ändern!

In der Welt.

Und bei mir auch.“

sagt die Tochter Zion.


Ich weiß.“

sagt Jesus.

Deswegen komme ich zu dir.

Deswegen bin ich da.

Lass uns anfangen.

Du und ich.

Wir fange gleich an.

Damit, anderen Mut zu machen,

auch wenn dein eigener Mut gerade klein ist.

Wir fangen klein an,

wie alles klein anfängt.

Ein Lauffeuer aus Worten.

Und wenn die Pandemie vorüber ist,

dann kommen Hände und Umarmungen dazu.

Komm.

Wir fangen gleich an.

Das wäre doch Advent.

Mutig hoffen,

dass etwas kommt,

weil es schon einmal da war,

ganz klein und unscheinbar,

und weil es dann einfach nicht mehr totzukriegen ist.

Komm.

Wir fange gleich an.“


Da ist sie aufgewacht.

Die Tochter Zion.

Schlaftrunken reibt

sie sich die Augen.

Ein Windhauch geht durch

das Schlafzimmer,

als wäre gerade jemand

eilig hinaus gegangen.

Sie steht auf,

geht ins Wohnzimmer.

Sie setzt sich aufs Sofa.

Alles scheint unwirklich.

Langsam verschwinden

die Traumbilder aus

ihrem Gedächtnis.

Der Platz auf dem Sofa

ist noch warm.

Habe ich so kurz nur geschlafen?

Sie sieht auf die Uhr.

Es ist schon fast Morgen.

Von den zwei Stücken Pizza

in der Schachtel

fehlt eines.

Sie wundert sich.


Neben der Pizzaschachtel liegt eine aufgeschlagene Bibel.

Du, Tochter Zion, freue dich sehr

steht da.

Siehe, dein König kommt zu dir,

ein Gerechter und ein Helfer,


Am oberen Rand der Bibel liegen

ein paar alte Adventskarten,

die, die sie im letzten

Jahr nicht abgeschickt hatte.

Auf einer steht in Druckbuchstaben:

„KOMM.

WIR FANGEN GLEICH AN.“


Da muss sie lachen,

die Tochter Zion.

Nimmt eine Karte her

und schreibt...


Und die Tür zu ihrer Wohnung,

die, die nicht richtig

ins Schloss gefallen war,

die steht immer noch offen.

Das Licht aus dem Flur

wirft einen Lichtkegel

auf die menschenleere Straße.


Ihr Töchter Zions,

das seid ihr,

und ihr Söhne Jerusalems,

das seid ihr auch,

ihr alle,

freut euch sehr

und jauchzt,

gegen alle Ungewissheit

und Veränderung,

in Vorfreude auf das,

was kommt;

in Vorfreude auf das,

was einer gesehen hat,

der mehr sehen konnte -

nämlich weit über den Rand

unserer Gegenwart hinaus;

in Vorfreude auf das,

was schon einmal da war,

ganz klein und unscheinbar,

und das dann einfach

nicht mehr totzukriegen ist.

Keine Angst um den Advent.

Und schon gar nicht um Weihnachten.

Egal wie es wird.

Es wird.

Nämlich immer und überall dort,

wo Menschen ihre Herzenstüren

offen halten,

damit der König der Ehre einziehe.

Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer,

Und der Friede Gottes, der größer ist als alles, was wir verstehen können, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.


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Lukasevangelium, Kapitel 19, Verse 1-10


Herr Zachäus ist ein akkurater Mensch.

Und ein geschäftiger.

Geschäftsmann ist Herr Zachäus.

Und für viele ist das unbequem.

Er will ihnen nicht so richtig passen.

Bequem ist das auch für Herrn Zachäus nicht,

wie ihn die Leute sehen.

Aber Herr Zachäus muss schließlich selbst sehen,

wo er bleibt.

Und Herr Zachäus will gern bleiben, wo er ist.

Mit Haus und Garten. Frau und Kind.

Auto und Auto.

Fernseher und Urlaub am Mittelmeer.

Das ist doch nicht zu viel verlangt,

denkt Herr Zachäus ärgerlich.

Immerhin arbeitet er auch viel.

Macht Überstunden.

Hat wenig Zeit für Fernseher und Garten

und noch weniger für Haus und Kind.

Dafür verdient er eben gut.

Und das findet Herr Zachäus nur fair.“

(Von: Theresa Reinhardt, 10.09.2020, FB: Predigtkultur)



Aber Gedanken macht er sich schon.

Manchmal.

Wann es denn genug sein könnte?

Doch es ist ja nie genug.

Ob er nicht etwas zurückgeben könnte?

Doch er bekommt ja auch nichts geschenkt.

Wie er mal zur Ruhe kommen könnte?

Doch für Ruhe bleibt keine Zeit.



Da ist Aufruhr in der Stadt.

Der Frieden hat sich angekündigt.

Der Frieden?

Ja genau.

Herr Zachäus ist auch ganz außer sich.

Den Frieden kennt er kaum.

Den äußeren nur mäßig,

und Mal um Male weniger,

wenn die argwöhnischen Blicke

der Menschen ihn treffen.

Den inneren Frieden,

den kennt Herr Zachäus nicht.

Keine Ahnung, wie der aussehen soll.

Doch der Frieden hat sich angekündigt.

Eifrige Stimmen eilen ihm voraus.

Er soll über Markt und durch Straßen ziehen.

Also waren sie von Menschen voll.

Alle wollten den Frieden sehen.

Den, den sie untereinander halten könnten.

Und den, den sie für sich behalten könnten.

Kein Raum auf Markt und Straßen,

nur ein Maulbeerfeigenbaum,

der bot noch etwas Raum.

Auf einem Ast sitzt Herr Zachäus

und sieht zu und wartet ab.

Ob der Frieden kommt?

Es ist nicht die Art des Herrn Zachäus,

einfach auf einen Baum zu klettern.

Schließlich ist er ein akkurater Mensch.

Doch außergewöhnliche Umstände,

erfordern außergewöhnliche Maßnahmen.

Und nun sitzt Herr Zachäus auf diesem Baum.

Womöglich ebenso unbequem,

wie manche Untenstehende von ihm denken.

Da seufzt Herr Zachäus ein wenig betrübt.

Solche Gedanken wollte er sich gar nicht machen.

Solche unbequemen Gedanken.

Langsam aber sicher schläft ihm das linke Bein ein.

Er schüttelt es.

Es raschelt im Geäst.

Zwischen den wippenden Blättern

kommt ein Gesicht zum Vorschein.

Unten am Baum ist jemand stehen geblieben.

Die Menge ist still.

Irgendwie friedvoll.

Was hat Herr Zachäus verpasst,

als er seinen unbequemen Gedanken nachging?

Hat er den Frieden versäumt?

Haben ihn alle gesehen,

nur er nicht?

Unruhe steigt in Herrn Zachäus auf.

Da hört er von unten:

Friede sei mit dir!“

Jemand „strahlt Herrn Zachäus an:

'Ein herrlicher Tag, um auf Bäume zu klettern, oder?

Ich habe Sie von unten gesehen und dachte mir,

das ist die beste Idee, die mir heute untergekommen ist.'

Herr Zachäus blickt [… ungläubig,

doch] der Mann scheint seine Worte ernst zu meinen.

'Sie haben mich gesehen?'

'Ja', erwidert der Mann,

'und ich dachte mir:

Was für ein interessanter Mensch!

Ein erwachsener Mann,

der mitten am Tag auf einen Baum klettert –

was in dem wohl noch alles so steckt. [...]

Sie haben meinen Respekt.

Ich wette, in Ihnen steckt noch ein[iges],

[…] ein geduldiger Rosenzüchter,

ein gewitzter Geschichtenerzähler,

ein zuvorkommender Gastgeber.'

Herr Zachäus schaut skeptisch,

aber auch ein bisschen hoffnungsvoll.“

(Von: Theresa Reinhardt, 10.09.2020, FB: Predigtkultur)



Heute Abend bin ich Gast in Ihrem Haus.

Steigen Sie herab,

dass ich bei Ihnen einkehren kann.“

Dann geht er weiter.

ER.

Ob das der Frieden war?

Und er stieg eilend herunter

und nahm ihn auf mit Freuden.

Den Frieden.

Da war er nun über den Markt

und durch die Straßen gegangen,

der Frieden.

Alle hatten ihn gesehen.

Alle wollten ihn behalten.

Doch zu ihnen kam er nicht.

Stattdessen zu Herrn Zachäus.

Dem Geldgeier.

Dem Knauser.

Dem Ruhelosen.

Und Rastlosen.

Das war für alle unbequem.

Doch vielleicht ist das so,

mit dem Frieden.

Für viele ist er unbequem.

Er will ihnen nicht so richtig passen.

Und nun ist der Friede ausgerechnet

bei Herrn Zachäus zu Besuch.

Ausgerechnet bei dem...

oder eben gerade genau bei dem,

für den jeder Friede verloren schien.

Ich bin gekommen, zu suchen und

zu retten, was verloren ist.“

Sagt der Friede am Abend,

im Haus des Zachäus.

Und die Worte dringen nach außen.

Manche wundern sich.

Andere nicken.

Und ein bisschen Frieden zog ein.

In das Haus des Herrn Zachäus,

bis über den Zaun,

auf die Straße,

wo die Menschen standen,

die sich eben noch empörten.

Und als könnte Herr Zachäus

zum ersten Mal klar sehen,

steht er vom Tisch auf,

eilt hinauf ins Kinderzimmer,

gibt seiner schlafenden Tochter ein Kuss,

kommt die Treppe herunter,

umarmt seine Frau

und spürt den Frieden.

Nicht den äußeren,

den er nicht alleine machen kann.

Aber den inneren,

der ihm heute geschenkt wurde.

So etwas wie Dankbarkeit

stellte sich ein.

Und Freude über das, was da ist.

Kein Gedanke an das,

was noch sein müsste.

Und er wusste,

dass er das genau so

behalten wollte.

Da trat Herr Zachäus vor und sagte:

Die Hälfte meines Vermögens gebe

ich den Armen;

und wenn ich von jemandem

etwas erpresst habe,

will ich es vielfach zurückgeben.“

Und der Frieden sagte:

Heute ist diesem Haus Heil widerfahren,

denn auch du gehörst zu Gott.“

Und die dabeistanden,

und sich wunderten,

die mit den Köpfen schüttelten

und die nickten –

alle staunten.

Und alle bekamen etwas zurück.

Die Armen;

und die, die betrogen wurden.

Und über Markt und Straßen

legte sich an diesem Abend

ein besonderer Frieden.

Eine Ruhe, innen und außen,

wie sie die Stadt noch nicht erlebt hatte.



Echter Frieden.

Für eine Nacht.

Weil nicht der Frieden,

sondern Jesus über Markt

und durch Straßen kam,

und Gast sein wollte,

bei nur einem einzigen.

Wie diese Welt wohl wäre,

wenn alle ihn im Hause hätten...

Jesus...

und den Frieden,

der größer ist, als wir verstehen können.

Er bewahre unsere Herzen und Sinne

in Christus Jesus.

Amen.

(Dank für die Friedensidee an: Katrin Berger, 11.09.2020, FB: Predigtkultur)

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1. Brief des Paulus an die Korinther im 3. Kapitel, Verse 9-17


Der Predigttext für diesen 12. Sonntag nach Trinitatis steht im 1. Brief des Paulus an die Korinther, im 3. Kapitel (V. 9-17):


9Denn wir sind Gottes Mitarbeiter; ihr seid Gottes Ackerfeld und Gottes Bau.

10 Nach Gottes Gnade, die mir gegeben ist, habe ich den Grund gelegt als ein weiser Baumeister; ein anderer baut darauf. Ein jeder aber sehe zu, wie er darauf baut.

11 Einen andern Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.

12 Wenn aber jemand auf den Grund baut Gold, Silber, Edelsteine, Holz, Heu, Stroh,

13 so wird das Werk eines jeden offenbar werden. Der Tag des Gerichts wird es ans Licht bringen; denn mit Feuer wird er sich offenbaren. Und von welcher Art eines jeden Werk ist, wird das Feuer erweisen.

14 Wird jemandes Werk bleiben, das er darauf gebaut hat, so wird er Lohn empfangen.

15 Wird aber jemandes Werk verbrennen, so wird er Schaden leiden; er selbst aber wird gerettet werden, doch so wie durchs Feuer hindurch.

16 Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?

17 Wenn jemand den Tempel Gottes zerstört, den wird Gott zerstören, denn der Tempel Gottes ist heilig – der seid ihr.


Herr, unser Gott, schenke uns ein Herz für dein Wort und ein Wort für unser Herz. Amen.


Zuerst war da ein Beat.

Ein Grundschlag,

vielleicht Takt,

nur ein Rhythmus,

noch kein Lied.

Noch keine Melodie,

kein Grundton,

nur ein Beat.

Und er schwingt,

wo deine Tiefen schwingen.

Aus einem Abgrund,

den du nicht ergründen kannst.

Aus einem Himmel,

voller Sehnsucht,

der aus Glauben lebt.

Und Herzen wippen mit,

manche Köpfe auch.

Beine werfen sich in einen Schritt

und gehen.

Es kommt Bewegung in die Welt.


Und wenn sich Hände zur Umarmung heben,

wollen sie den Rhythmus weitergeben.

Dann kommt ein Ton dazu

und Instrumente spielen,

Körper, Stimme, das bist du,

ein Ton, ein Instrument von vielen.

Sie werden Lied, Gesang und Symphonie,

Melodie der schönsten Utopie.


Wo sich aber Fäuste finster ballen,

da kann der Beat nicht

weitergehen.


Er schlägt in jedem Lächeln,

jedem guten Wort,

deinem „Willkommen!“,

Herein!“,

in jedem Beisammensein

und -bleiben.


Nur ahnen viele nicht,

was da in ihnen schlägt,

was diesen Grundschlag antreibt,

was ihn trägt,

denn einen andern Grund kann niemand legen,

außer Christus,

der hat diesen Beat gegeben.


Ich will euch gern davon erzählen,


Leni soll sie heißen,

sie hatte es nicht leicht.

Sie wurde Weisen-Kind,

hieß richtig Elena

und kam aus Schlesien,

von wo man sie verstieß.


Nicht alle sahen diese

Deutschen damals gern.

Die die geflüchtet waren,

flüchten mussten,

die nicht bleiben konnten.

Leni kam allein.

Die Familie auf der Flucht verloren.

Ein Neuanfang,

auf einem Hof,

bei Fremden,

Frau und Kinder

und ein Knecht

mit reichlich Arbeit.

Kaum Zeit,

zum Freundefinden,

Kontakteknüpfen,

Ankommen

und Menschenansichbinden.


Doch manchmal kam ein kleines Kind vorbei

und brachte Leni etwas mit,

ein Stück geteiltes Irgendwas,

bei all dem Mangel,

den man litt.

Und hielts ihr hin

und lachte breit.

Mehr war es nicht,

nur Freundlichkeit.


Doch ahnen viele nicht,

was da in ihnen schlägt,

was diesen Grundschlag antreibt,

was ihn trägt,

denn einen andern Grund kann niemand legen,

außer Christus,

der hat diesen Beat gegeben.


Leni wusste das.

Brachte alles, was

an Liebesdiensten ihr geschah,

vor Gott,

weil sie ihn ihm

den Grund längst sah.


Und wenn da jemand sitzt,

irgendwo,

in irgendeiner Straße,

und hält die Hände auf,

durch Not in irgendeinem Maße,

und jemand legt etwas hinein,

nur um nicht selbst Schuld zu sein,

und sein Gewissen zu befrei'n,


dann weiß auch der nicht,

was da in ihm schlägt,

was diesen Grundschlag antreibt,

was ihn trägt,

denn einen andern Grund kann niemand legen,

außer Christus,

der hat diesen Beat gegeben.


Wenn dir irgendjemand

Freundlichkeit erweist,

die die Hunger leiden, speist,

und gute Worte weitergibt

und liebt,

doch selber von sich sagt,

dass eher Zweifel in ihm nagt,

dass ihm der Glaube nicht behagt,

und „Gott“ ihn einfach nicht anspricht,


dann weiß er bloß noch nicht,

was da in ihm schlägt,

was diesen Grundschlag antreibt,

was ihn trägt,

denn einen andern Grund kann niemand legen,

außer Christus,

der hat diesen Beat gegeben.


Und ich könnte weiter

Episoden aneinanderreihen.

Von Leni.

Kindern.

Menschen.

Großen, Kleinen.

Es gibt in all den Wirren dieser Zeit,

Gott sei Dank,

genug davon -

Geschichten gegen Einsamkeit,

Verlorensein,

gegen Mauern die sich Menschen bauen,

gegen Mangel und das Grauen.


Jedes Wort und alle Gesten,

die die Geschichten füllen,

halten jenen Takt,

sind vom Grundschlag angetrieben,

der allem Leben innewohnt,

der aus dem großen Lieben stammt,

das über allem thront.


Und Jesus war und ist

das Abbild,

Ebenbild,

dieser großen,

ersten Liebe.

Mensch geworden in der Welt,

um dem Glauben aufzuhelfen

und dem Leben auch.


Manche haben sich berufen lassen,

bei dem, was Jesus anfing,

mitzumachen,

kräftig anzufassen.

Mitarbeiter,

die ihr seid.

Du und ich.

Gottes Ackerfeld

und Gottes Bau.

Und wachsen wir,

so wächst die Liebe mit.

Wir leben von dem Beat,

von dem Grundschlag,

diesem Takt,

nur ein Rhythmus,

du und ich,

wir sind das Lied.


Ob Töne schweigen

oder hallen,

das entscheidest du.

Ob aus deinen Tempelhallen,

Melodien vom Geist Gottes singen.


Weil du weißt,

was da in dir schlägt,

was diesen Grundschlag antreibt,

was ihn trägt,

denn einen andern Grund kann niemand legen,

außer Christus,

der hat diesen Beat gegeben.


Aber viele wissen's nicht.

Und dennoch schlägt der Beat in ihnen.


Und das soll für mich

Anspruch sein

und Auftrag auch.

Dass Menschen wissen sollen,

weshalb sie Liebe üben wollen,

weshalb es sie zum Guten drängt,

was ihre Herzen lenkt.

Und wenn manche diesen Beat nicht hören,

dann um so mehr:

nicht Anspruch oder Auftrag,

sondern Pflicht,

sie in ihrer Ignoranz zu stören.


Denn...

Zuerst war da ein Beat.

Ein Grundschlag,

vielleicht Takt,

nur ein Rhythmus,

noch kein Lied.

Noch keine Melodie,

kein Grundton,

nur ein Beat.

Und er schwingt,

wo deine Tiefen schwingen.

Aus einem Abgrund,

den du nicht ergründen kannst.

Aus einem Himmel,

voller Sehnsucht,

der aus Glauben lebt.


Doch schließlich

darf es ruhig auch heilsam sein,

zu wissen,

dass der Grundschlag schlägt,

in allem und durch alles

in die Welt.

Dass Gottes Liebe weiter geht,

auch durch die, die seinen Namen

noch nicht kennen,

noch nicht nennen.


Denn...

Einen anderen Grund kann niemand legen

außer dem, welcher gelegt ist,

der ist

Jesus Christus.“


Leni wusste das.

Brachte alles, was

an Liebesdiensten ihr geschah,

vor Gott,

weil sie ihn ihm

den Grund längst sah.


Und der Friede Gottes, den wir mit unserem Verstand nicht zu erfassen vermögen, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

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Matthäusevangelium, Kapitel 3, Verse 13-17


Predigt zum ersten Sonntag nach Epiphanias, am 12. Januar 2020.

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Predigttext: Matthäusevangelium, Kapitel 3, Verse 13-17

Der Herr segne an uns sein Wort. Amen.


Es war einmal,
nicht lange her,
dass ein Vater einen Sohn hatte.
Und der Vater war Vater,
weil er diesen Sohn hatte,
und der Sohn war sein Sohn,
weil er ihn zum Vater hatte,
und ein inniges Band
schweißte die beiden zusammen,
so dass man sagen konnte,
die beiden seien eines Geistes gewesen.
(- nach Augustinus -)
So stark war das Band,
dass man manchmal meinte,
es sehen zu können.
Und hören auch.
Wie helle Lieder, von Engeln gesungen.

Ein Vater und sein Kind.
Sie lieben einander sehr.
Sie spielen auch.
Durch Ebenen und Felder,
Berge und Wälder,
im Dickicht,
toben sie.
Mal brausend wie der Sturm,
saust der Vater hinterher,
mal sachte, wie ein Säuseln,
schleicht er;
dann gleiten seine Hände über Ähren
und seine Blicke suchen sein Kind
– sehnsuchtsvoll.
Und leise, aber erwartungsvoll,
hofft das Kind,
dass der Vater es findet,
wenn es sich versteckt.
Der Vater sucht
und findet.
Dann fallen sie sich in die Arme.
Beide lachen breit,
über das ganze Gesicht.
Und wenn es Abend wird,
gehen sie miteinander
nach Hause.
Hand in Hand.
Der Sohn die Hand
in der des Vaters,
der ihm ein warmes Fell
aus Schafswolle über die Schultern legt,
um ihn zu wärmen.
Und wenn die Abendsonne
ihre Strahlen sendet
und ihr Licht über die beiden sänkt,
dann scheint es,
als würden sie leuchten,
dort am Horizont.

Wieder ist es einer dieser Tage.
Eben noch rannte das Kind
wonnevoll vor dem Vater,
juchzte und hüpfte in Freude.
Nun ist es still.
Die Hand des Vaters ist leer.
Seine Blicke gehen
aufmerksam umher.

Auf einem Hügel steht ein kleiner Stall.
Menschen sind dort.
Der Vater weiß, dass auch sein Kind
dort ist.
Gut versteckt, in Stroh und Heu,
zwischen Esel und Rind.
Als er näher kommt,
geht ihm ein Rauschen voran.
Lächelnd geht er vorüber.
Noch ist es nicht Zeit,
sein Kind zu finden.
Noch eine Weile.
Noch eine kleine Weile.
Als er vorübergeht,
ist es denen, die am Stall sind,
als sängen Engel
helle Lieder.
Sie wussten nicht,
dass sie sehen und hören konnten,
was den Vater mit seinem Kind verbindet.
Dieses starke und innige Band,
so stark und innig,
dass man meint, man könnte es
sehen und hören auch.
Wie helle Lieder,
von Engeln gesungen.

Und wie der Vater weiterging,
es müssen wohl nur zwölf Schritte
gewesen sein,
da kommt er an einem Tempel vorüber.
Mitten im Tempel
sieht er das Kind,
gut verborgen inmitten
gelehrter Menschen.
Lächelnd geht der Vater vorüber
und ein Beben in den Herzen
folgt ihm nach.
Noch ist es nicht Zeit,
sein Kind zu finden.
Noch eine Weile.
Noch eine kleine Weile.
Doch die Erschütterung
in den Herzen der Menschen umher,
die blieb zurück.
Ihnen war, als hätte der Knabe,
der unter ihnen war,
Worte gesprochen,
die nicht von dieser Welt waren.
Dabei wurden sie nur berührt,
vom Band, das den Vater
und sein Kind verbindet.

Eine Weile verstreicht.
Der Vater geht weiter.
Einige lange Schritte.
Vielleicht waren es 18.
Er zählte nicht mit.
Da kam er an einen Fluss.
Viele Menschen,
eine ganze Menge war dort.
Und der Vater hielt an
und sah eine Zeit lang zu,
um zu hören,
was die Kinder dort sprachen.
Und wie er so zusah,
da wusste er,
dass sein Kind sich im Wasser verborgen hatte.
Er trat heran.
Da tauchte das Kind auf
und der Vater rief:
„Dies ist mein lieber Sohn,
an dem ich Wohlgefallen habe!“
Und beide strahlten breit.
Groß war die Wiedersehensfreude.
Die Menschen, die das sahen, meinten,
dass sie eine weiße Taube gesehen hätten;
doch es war die Liebe und die Treue
und die Unschuld,
dieses starke, innige Band,
das die beiden zusammenschweißt.

Was dann geschah,
ist eine lange Geschichte.
Jemand könnte sagen,
dass die Menschen
seit jenem Tage 
voll Neid auf diese Verbindung sahen,
die sie meinten
nicht zu haben.
Sie glaubten,
sie hätten dieses Band nicht.
Sie wussten nicht,
oder noch nicht,
dass sie sich selbst hätten
dort im Wasser sehen können.
Sie wussten nicht,
oder noch nicht,
dass der Vater ihretwegen
auf der Suche war
und immer noch ist.
Sie wussten nicht,
oder noch nicht,
dass der Klang der hellen Lieder,
von Engeln gesungen,
und das Beben im Herzen
und die Taube über dem Wasser
nur der Klang und der Anblick
des Bandes ist,
das sie selbst mit dem Vater verbindet,
stark und innig.

Es ist so,
bis heute,
dass ein Vater ein Kind hat.
Und der Vater ist Vater,
weil er dieses Kind hat,
und das Kind ist sein Kind,
weil es ihn zum Vater hat,
und ein inniges Band
schweißt beide zusammen,
so dass man sagen könnte,
die beiden seien eines Geistes.
So stark ist das Band,
dass man manchmal meint,
es sehen zu können.
Und hören auch.
Wie helle Lieder, von Engeln gesungen.

Ich glaube,
dass es die Sehnsucht
eines jeden Kindes ist:
leise, aber erwartungsvoll,
hofft das Kind,
dass der Vater es findet.
Der Vater sucht
und findet.
Dann fallen sie sich in die Arme.
Beide lachen breit,
über das ganze Gesicht.
Und wenn es Abend wird,
gehen sie miteinander
nach Hause.
Hand in Hand.
Das Kind die Hand
in der des Vaters,
der ihm ein warmes Fell
aus Schafswolle über die Schultern legt,
um es zu wärmen.
Und wenn die Abendsonne
ihre Strahlen sendet
und ihr Licht über die beiden sänkt,
dann scheint es,
als würden sie leuchten,
dort am Horizont.
Der Vater,
mit seinen Söhnen und Töchtern,
seinen Kindern,
mit euch.

Und der Friede Gottes, der höher ist, als wir zu verstehen vermögen, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.


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Markusevangelium, Kapitel 12, Verse 28-34
und Psalm 111, Vers 2


Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.


Damals, ganz am Anfang,

als die Menschen Gott noch kannten

und Gott die Menschen sowieso -

besser als sie mochten, dass er sie kennt;

damals, als sich die Pforte zum Garten schloss,

diesem ewigen Garten,

in dem wir uns seither alle wünschen, zu sein;

als sich das Tor des Gartens schloss,

da ging ein Windstoß hin

und mit dem Wind

flog auch ein Engel aus.

Der Engel der Geschichte.

Ein strammer, breiter Engel,

mit weiten Flügeln,

die er gar nicht schließen kann,

weil der Wind sie auseinanderhält.

Und als er den Garten mit dem Wind verließ,

da drehte er sich um,

um zu sehen, was hinter ihm lag.

So fliegt er seither durch die Zeit.

Der Engel der Geschichte.

Stets zurückgewandt,

sieht er nie, was vor ihm liegt;

nur das, was schon gewesen ist.

Und Zeit und Menschen

türmen Trümmer auf.

Berge, die zum Himmel wachsen.

Vielleicht zum Himmel schreien.

Nichts bleibt den Blicken

des Engels verborgen.

Auch, was vergessen wird,

sieht er noch in den

Häufen liegen.

Ein Weg ohne Rückkehr.

Kein Zurück, kein Stopp,

nur vorwärts durch die Zeit.

So sind wir unterwegs,

gemeinsam mit dem Engel der Geschichte.

Nur dass sein Blick

das sieht, was gewesen ist und war.

Wir dagegen, sehen viel nach vorn,

doch erahnen kaum, was kommt

und vergessen schnell, was war.


Vor wenigen Tagen erst,

war ich im jüdischen Viertel von Prag.

Ein Außenbereich in den Ausstellungen

war überschrieben mit:

Weg ohne Rückkehr.

Was ich erst für eine

Corona-Einbahnstraße

für Besucher*innen hielt,

damit man die Abstände einhalten kann,

stellte sich als Fotostrecke

von jüdischen Gefangenen während

der Nazi-Besatzung

auf ihrem Weg vom Ghetto in Prag,

über Theresienstadt, bis in die

Vernichtungslager heraus.

Ein Weg ohne Rückkehr.

Für viele. Zu viele.


Und der Engel der Geschichte

ist auch darüber hinweggerauscht,

über die Leichenberge der Shoa,

die mir die Sprache verschlagen.

Die überhaupt das Sprechen

schwer gemacht haben.

Auch das Sprechen von Gott.

Für viele.

Da waren nicht nur Menschen und Orte,

sondern auch ganze Welten und Worte

verwüstet.

Nur mühsam haben wir

wieder sprechen gelernt.

Miteinander.

Mit Gott.

Nie wieder!“

Das war eines der ersten Worte.

Eines, gemacht für die Ewigkeit.

Und doch scheint es,

als würde es unter dem Schutt der Zeit

schon langsam wieder verhallen,

verschütten.


Und ich sehe den Engel der Geschichte,

wie er den Kopf schüttelt

und versucht etwas zu greifen,

das er mit in die Zukunft reißen kann.

Etwas festhalten,

das so wichtig scheint,

wie dieses „Nie wieder!“.

Doch er kann es nicht.

Ich möchte ihm zurufen:

Wir, wir hier, wir vergessen nicht!“

Und doch weiß ich,

wie schnell Menschen vergessen.

Den Blick nach vorn.

Und sehen nicht, was kommt.

Und vergessen, was war.

Gott.

Und den Nächsten.

Und sich selbst.


Wie dieses Gespräch.

Schon lange ist das her.

Es ging um das Leben.

Und um den Glauben.

Und was dabei das wichtigste sei.

Und da sagte einer:

Gott, den einen Gott, lieben,

mit allem was du hast.

Genauso wie deinen Nächsten

und dich selbst.

Mehr ist es nicht,

was es zum Glauben und

zum Leben braucht.

Und ein anderer nickte verständig

und gab dem ersten recht.

Da sagte der erste:

Du bist nicht weit weg vom Reich Gottes.


Und der Engel der Geschichte zog vorüber,

und ich meine, dass ich ein Lächeln

auf seinem Gesicht erkennen könnte,

wäre ich damals sein Begleiter gewesen.


Doch nur kurz darauf,

liegt der erste der beiden in Fesseln

und der andere ruft mit der Menge davor:

Kreuzige ihn!“.

Vergessen das Einvernehmen.

Vergessen das Gespräch.

Weil Menschen schnell vergessen.

Und mit der Zeit türmt die Geschichte

Trümmerhäufen des Vergessens,

die zum Himmel wachsen.

Vielleicht zum Himmel schreien.

Doch allesamt weit weg sind

vom Reich Gottes.


Irgendwo, in der

Geschichte dieses Vergessens,

zwischen all den Trümmern,

bleiben Worte und Gesten

von Menschen, die nicht vergessen.

Auch Gott nicht.

Es gibt sie.

Gab sie.

Und ich hoffe,

dass es sie geben wird.

Menschen, die wissen

und nicht vergessen,

was es zum Leben braucht.

Und zum Glauben.

Menschen, die bedächtig

mit der flachen Hand auf die Brust fassen,

als sei darunter ein Schatz,

hinter Haut und Knochen,

aus Haut und Knochen,

verborgen vor den Blicken aller anderen;

ein tiefer Atemzug hebt die Brust

und mit dem Ausatmen

kommen Worte hervor,

die von Gott erzählen.

Als sei Gott auch da.

In diesem Atem.

In dieser Brust.

In allem, was dieses Herz versorgt,

das für Gott schlägt.

Als atme Gott dort.

Und aus Atem und Worten

wachsen Schätze in die Welt,

die sich lohnen,

sie zu erinnern.

Was sie sagen,

klingt so:

Groß sind die Werke des HERRN;

wer sie erforscht, der hat Freude daran.“ (Ps 111, 2)

Doch dafür darf ich nicht vergessen.

Gott nicht.

Den Nächsten nicht.

Und mich selbst auch nicht.

Die großen, wunderbaren

Werke des Herrn.


Dann muss der Engel der Geschichte

nicht mehr ganz so verzweifelt aussehen

und vergeblich versuchen,

die Schätze aus den Trümmern

zu reißen, die die Zukunft so nötig hat.

Denn er kann sehen

und wissen,

dass Menschen

diese Schätze

über die Trümmer hinweg,

in die Zukunft tragen.


Und auf den Trümmern wachsen

Pflanzen der Hoffnung,

die sich nach dem Himmel strecken,

die nicht zum Himmel schreien.

Und Menschen glauben,

dass Gott der Schöpfer dieser

Wunder ist.

Und sie lieben Gott dafür.

Und ihre Nächsten.

Und sich selbst.


Weil es das zum Leben braucht.

Das Leben.

Ein Weg ohne Rückkehr.

Aber keiner,

der die Sprache verschlagen muss,

höchstens vor ehrfürchtigem Staunen;

und kein Weg, der Welten und Worte

verwüsten muss.

Sondern sie erschafft.

- die Zukunft, die blüht.


Aus den Trümmerbergen wachsen Gärten.

Wie dieser erste, ewige Garten.

Und die Geschichte ist voll

von Gottes Reich.

Sie erzählt davon.

Erzählt es dem Engel der Geschichte.

Erzählt ihm von Zuhause.

Und uns auch.

Wenn wir nicht vergessen.

Und der Engel der Geschichte

könnte vielleicht zum ersten Mal,

seit er den alten Garten verlassen hat,

ahnen, worauf er rückwärtsgewandt,

seit uralter Zeit zufliegt -

das Ende aller Zeit,

die Ewigkeit.

Dort wird nichts und niemand mehr vergessen.

Schon gar nicht die großen Werke Gottes, des Herrn.

Wer sie aber hier schon erforscht,

wird Freude daran haben.

Dazu braucht es nicht viel.

Nur das:

Liebe Gott, mit allem was du hast.

Und deinen Nächsten

wie dich selbst.


[Es ist wie die Überschrift über der Zukunft,

auf die wir miteinander zuleben,

in die wir T. heute hineintaufen,

und uns unterwegs, auf allen Wegen,

der Engel der Geschichte begleitet.]


Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.



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mit Bezug zu: Markusevangelium, Kapitel 2, Verse 1-12


Wozu ist Kirche da?


Dietrich Bonhoeffer hat gesagt: Kirche ist nur Kirche, wenn sie für andere da ist“

 Kirche darf sich nicht zurückziehen in ihre eigenen vier Wände. Sie muss sich öffnen, muss hinausgehen, sie muss zu den Menschen gehen in ihre Häuser und auf die Gassen, um zu wissen, was sie umtreibt, was sie bedrängt und bedrückt.


Klingt fast wie das Zitat von Papst Franziskus, vom Anfang (Leinwand: "Mir ist eine 'verbeulte' Kirche, die verletzt und beschmutzt ist, weil sie auf die Straßen hinausgegangen ist, lieber, als eine Kirche, die aufgrund ihrer Verschlossenheit und ihrer Bequemlichkeit, sich an die eigenen Sicherheiten zu klammern, krank ist. Ich will keine Kirche, die darum besorgt ist, der Mittelpunkt zu sein […] Wenn uns etwas in heilige Sorge versetzen und unser Gewissen beunruhigen soll, dann ist es die Tatsache, dass so viele […] ohne die Kraft, das Licht und den Trost der Freundschaft mit Jesus Christus leben [...]" / nach: Papst Franziskus, Evangelii Gaudium).

Wäre ja mal was schönes, wenn

evangelische und katholische

Christen sich da einig wären.


Kirche: Das kommt von griechischen Worten.

Koinonia – Gemeinde.

Und Kyriakos – zum Herrn gehörig.

Menschen, die zu Gott gehören.

Und Gemeinde sind.

Aber wozu?


Wozu gemeinsam gehen, wenn man alleine schneller ist?

Wozu geben, wenn nehmen einfacher ist?

Wozu die Hand reichen, wenn niemand sie ergreifen will?

Wozu für andere da sein, wenn ich selbst auf der Strecke bleibe?

Wozu glauben, wenn ich keine Sicherheit habe?


Wozu?


Vielleicht hat Markus, der Evangelienschreiber,

eine gute Antwort.

Er erzählt im zweiten Kapitel

seines Evangeliums eine Begebenheit.


Da war ein Gelähmter.

Regungslos.

Bewegungsunfähig.

Aber nicht allein.


Und da war Jesus in der Stadt.

Massen waren bei ihm.

In einem kleinen Haus.

Alle Eingänge vollgestopft

mit Menschen.

Selbst die Fenster waren

voller gieriger Blicke.

Und Jesus lehrte drinnen.


Der Gelähmte war draußen.

Wie sollte er auch hinein.

Aber: er war ja nicht allein.

Vier Freunde hatte er.

Vielleicht sogar mehr.

Aber vier waren da.

Und für die war klar:

Unser gelähmter Freund,

der muss zu Jesus.

Irgendwie durch diese

Massen hindurch.

Und wenn es von den

Seiten nicht geht,

dann muss es eben

von oben gehen.

Behände decken sie

das Dach des Hauses ab.

Gerade über der Stelle,

an der Jesus lehrt.

Und sie lassen ihren

gelähmten Freund

von oben hinab

in das Haus.

Behutsam.

Bedacht.

Aber bestimmt.

Und dann erzählt Markus

etwas besonderes.

Jesus sagt nicht etwa

zu dem Gelähmten,

wie er das so oft sagt,

zu Menschen,

die zu ihm kommen:

dein Glaube hat dir geholfen.

Und dann heilt er ihn.

Nein, das sagt er nicht.

Nein, so ist es nicht.

Sondern Markus erzählt:

Und als Jesus ihren Glauben sah,“

den Glauben der Freunde,

da sagte er dem Gelähmten:

Kind, dir sind deine Sünden vergeben!“ (Mk 2, 5)

Dann heilt er ihn.


Als er ihren Glauben sah.

Den Glauben der Freunde.

Nicht den des Gelähmten.


Dazu ist Kirche da.

Damit ich nicht nur gemeinsam

mit anderen an Gott glaube,

sondern wir auch füreinander

an Gott glauben.

Dann, wenn es einer oder einem

von uns gerade schwer fällt.

Weil es im Leben

eben nicht immer

gleichermaßen leicht ist,

am Glauben festzuhalten.

Weil es im Leben

eben nicht immer

gleichermaßen leicht ist.

Weil Höhen und Tiefen

das Leben durchziehen,

ist Kirche da,

dass ich dich

und du mich,

dass wir einander

festhalten können.

Wir sind gemeinsam unterwegs.

Das ist Kirche.


(Einspielen: HuT 78: Wir sind gemeinsam unterwegs)

Gemeinsam unterwegs.

Auf der ganzen Welt.

In vielen Sprachen.


Wozu gemeinsam gehen, wenn man alleine schneller ist?

Weil alleine nicht immer schneller ist,

daher gehen wir gemeinsam.

Wozu geben, wenn nehmen einfacher ist?

Weil ich manchmal auch nichts habe,

das ich nehmen könnte,

darum geben ich.

Wozu die Hand reichen, wenn niemand sie ergreifen will?

Weil manchmal einfach jemand

eine Hand braucht,

darum reiche ich meine Hände.

Wozu für andere da sein, wenn ich selbst auf der Strecke bleibe?

Damit niemand auf der Strecke bleibt,

darum sind wir für andere da.

Wozu glauben, wenn ich keine Sicherheit habe?

Und weil es keine Sicherheiten gibt,

nirgends,

deshalb gibt es die Gewissheit des Glaubens.

Auch gegen den Tod.

Wozu das Leben feiern, wenn der Tod wartet?

Weil ich den Tod

nicht fürchten muss,

wenn ich glaube,

darum feiere ich das Leben –

dieses und das ewige.


Aus unserer Gemeinde sagt jemand dazu:

"Was bedeutet Kirche für mich? Brauche ich die Kirche zum Glauben? Eigentlich nicht.
Glauben geht auch ohne Kirche. Aber manchmal brauche ich die Menschen, um am Glauben festhalten zu können. Einen Ort, wo man sich trifft und austauscht, gemeinsam lacht, singt und redet. Und die Gebäude geben mir Ruhe und Zuversicht."


Also: Wozu ist Kirche da?

Gott bräuchte die Kirche wohl nicht.

Aber wir.

Menschen.

Weil wir es seit

tausenden Jahren

nicht auf die Kette bekommen,

gut zusammen zu leben.

Und darum hat Bonhoeffer

immer noch recht:

Kirche ist nur Kirche,

wenn sie für andere da ist.

Selbst verletzlich,

bereit, sich schmutzig zu machen.

Wie Papst Franziskus sich das vorstellt.

Aber die Verantwortung dafür,

tragen wir miteinander.

Kirche ist kein Gebäude

und Kirche ist schon gar nicht

irgendeine Pfarrerin oder ein Pfarrer.

Kirche sind du und ich,

jede und jeder hier

und alle die noch dazu gehören wollen.

Ich würde ja sagen:

am besten alle.

Das würde Gott

garantiert auch am besten gefallen.

Alle,

gemeinsam unterwegs.

Dazu ist Kirche jedenfalls da.

Amen.

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Matthäusevangelium, Kapitel 11, Verse 25-30


Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.


Mt 11, 25-30

Der Herr segne an uns sein Wort. Amen.


Ein Sommersonnentag.

Sie prasselt gewaltig auf die Felder.

Trockene Hitze.

Kein Schatten auf den Feldern.

Jemand geht hinter einem Pflug her.

Zwei Ochsen voran,

Joche auf den Schultern,

ziehen sie den Pflug

mächtig durch die Erde.

Sie schwitzen,

wie der, der hinten den

Pflug niederhalten muss.

Er spürt den schweren Pflug

selbst in den Armen und

im Nacken,

wie er die Ochsen

vor sich treibt.

Es ist eine Plackerei

in dieser Sommerhitze.


Neben dem Feld steht ein kleines Häuschen.

Ein paar Beete und ein Brunnen.

Jemand geht emsig umher,

ein Joch auf den Schultern,

zwei Eimer links und rechts,

bringt sie Wasser vom Brunnen

zu den Beeten und ins Haus.


Wenn ich an Joche

auf den Schultern denke,

dann denke ich immer

an Beschwerlichkeit

und Mühsal.

Schon sitzt mir die Last

im Nacken und schmerzt.

Dabei wäre die Arbeit,

die mit den Jochen verrichtet wird,

um einiges beschwerlicher

und mühseliger,

wenn sie ohne die Joche

getan werden müsste.

Aber dennoch,

es ist schon so,

Joche lasten schwer auf den Schultern

derer, die mit Hilfe der Joche

schwere Lasten tragen.


Heute ist die Zeit der Joche

vielleicht vorbei.

Die Zeit der Lasten

ist es nicht.

Und wenn ich von einem

Tag getaner Arbeit komme,

oder mich vom Schreibtisch

aufrichte,

dann spüre ich es im Nacken.

Als hätte da ein Joch gelegen,

so sind Nacken und Schultern

angespannt und verspannt.

Das ist der Alltag,

der Arbeitstag,

der Brotverdienst,

auch heute noch.


Aber das sind längst nicht alle Lasten,

die ich tagein-tagaus trage.

Was mich plagt und drückt

und mir auferlegt wird.

Jedes Leben hat seine Last.

Sie liegt auf mir.

Sie liegt auf [dir].

[… Und dann geht es manchmal]

Unwillig und stolpernd […] voran im Leben

und das hinterlässt seine Spuren,

gräbt tiefe Furchen, die man gar nicht ziehen will.

(Kathrin Oxen, 20.06.2020, FB: Predigtkultur)


Am Feldrand,

bei dem kleinen Häuschen,

verläuft ein schmaler Weg -

irgendwohin.

Er verliert sich am Horizont.

Unter einem Apfelbaum

ruht ein Wanderer.

Er hat ein Lied auf den Lippen:

ein Loblied.

Du hast es vor den Weisen und Gebildeten

verborgen und es für die einfachen

Menschen aufgedeckt.

Trällert er.

Ja, mein Gott, so hast du es gewollt.

Du hast mir alles mitgeteilt.

Niemand kennt mich als dein Kind so wie du,

väterlich und mütterlich.

Niemand kennt dich so wie ich als dein Kind,

und wie alle Geschwister, die ich darüber aufkläre.


Der hinter dem Pflug

horcht auf.

Sonst kommt hier niemand vorbei.

Der kleine Hof ist abgelegen.

Die Leute leben in

einfachen Verhältnissen

und sind genügsam.


Es ist die Mittagsstunde.

Es wird Zeit,

zu verschnaufen

und der Hitze für

ein paar ruhige Minuten

zu entkommen.

Zeit für die Pause,

von der Hitze und der Arbeit.

Der Schatten am Feldrand,

unter dem Apfelbaum,

der ist gerade richtig.

Er knöpft das Hemd ein paar

Knöpfe auf,

eine leichte Brise weht

und hilft, dass der Schweiß

für eine Weile trocknet.


Komm her zu mir!“

ruft der Wanderer unter dem Baum.

Er rutscht etwas beiseite,

macht etwas Platz,

damit der Feldarbeiter

sich an seine Seite setzen kann.


Nun sitzen sie Seite an Seite.

Die Rücken gegen den Baum gestemmt.

Die Hinterköpfe leicht gehoben angelehnt,

damit die Brise die Hälse umschmeichelt.

Die Augen sind geschlossen.


In diese Stille hinein,

hebt der Wanderer an:

Dein Joch ist schwer.

Meines ist leicht.“

Der Feldarbeiter öffnet die

Augen nicht.

Er schmunzelt.

Ja, das ist wahr.“ sagt er.

Du ziehst umher,

musst dich um

niemanden kümmern,

keine Felder bestellen,

nicht vorsorgen.

Dein Joch ist leicht.“


Das meine ich nicht.“

sagt der Wanderer.

Ich habe viele Kinder,

um die ich mich kümmern muss,

habe Samen auf Feldern

in der ganzen Welt ausgebracht

und muss für vieles

und für viele sorgen.

Ich kenne deine Last.

Diese Last des Alltags,

der Arbeit,

des Brotverdienstes.

Aber das meine ich nicht.

Sag mir,“

fragt der Wanderer nun,

warum sitzt du jetzt,

zur Mittagszeit nicht

bei deiner Frau,

die eben ihr Joch abgenommen hat

und ins Haus gegangen ist?“

Weil ich nicht möchte,

was geht’s dich an!?“

zischt der Feldarbeiter

und hält die Augen geschlossen.


Gut.“ sagt der Wanderer.

Sag mir nicht,

was zwischen euch vorgefallen ist.

Aber ich sehe,

es lastet schwer auf dir

und auf ihr.

Es macht euch die Tage

mühselig und

eure Herzen beladen.

Das kann ich sehen.

Darum,

lass mich dir etwas sagen:

Es gibt die Lasten des Alltags,

die du tragen musst.

Und dann gibt es die Lasten,

die nicht alltäglich sind,

oder es wenigstens nicht sein sollten.

Glaub mir,

mir wurde ein Balken

auf die Schultern gebunden;

ich wurde durch Straßen getrieben,

wie du deine Ochsen

vor dem Pflug her treibst;

ich wurde ans Kreuz geschlagen

und dort raubte es mir den letzten Atem;

ich war tot.

Und es war die Unversöhnbarkeit

der Menschen,

die das tat.


Solche Last,

dieses Joch,

sollte niemand mehr

tragen müssen.

Ich habe es getragen.

Ich trage es noch.


Ich weiß also,

was du erträgst,

kenne deine Mühsal

und deine Last;

und ich sage dir:

dein Joch ist schwer,

meines ist leicht,

weil ich es schon getragen habe.


Dein Joch heißt Zorn,

oder Streit,

Rache und Neid,

Groll, Angst oder Traurigkeit.


Nimm mein Joch.

Meines ist leicht.

Es heißt:

Versöhnung.


Gerade kommt die Frau

wieder aus dem Haus,

schultert das Joch

und geht zum Brunnen.


Da steht der Feldarbeiter auf,

sagt kein Wort,

geht zu seinem Haus,

fängt die Frau noch vor dem Brunnen ab,

umarmt sie fest

mit beiden Armen,

so dass ihr das Joch von Schultern fällt,

und Tränen aus den Augen rollen.

Dann gehen sie hinein

und eine Ruhe liegt

über dem kleinen Haus,

als macht die Welt

eine erquickliche Pause.

Alles liegt still.

Niemand ist sonst da.

Auch am Apfelbaum sitzt niemand.


Der Wanderer?

Nun, vielleicht

ist er wieder unterwegs.


Hör gut hin,

womöglich sitzt er schon

unter deinem Apfelbaum,

und singt sein Lied...

28 »Kommt zu mir,

ihr alle, die ihr euch abmüht und belastet seid!

Bei mir werdet ihr Ruhe finden.

29 Nehmt das Joch auf euch,

das ich euch gebe.

Lernt von mir:

Ich meine es gut mit euch

und sehe auf niemanden herab.

Dann wird eure Seele Ruhe finden.

30 Denn mein Joch ist leicht.

Und was ich euch zu tragen gebe,

ist keine Last.«


Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.



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Apostelgeschichte des Lukas, Kapitel 4, Verse 32-37


Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.


Apg 4, 32-37

32 Die Menge der Gläubigen aber war ein Herz und eine Seele; auch nicht einer sagte von seinen Gütern, dass sie sein wären, sondern es war ihnen alles gemeinsam.

33 Und mit großer Kraft bezeugten die Apostel die Auferstehung des Herrn Jesus, und große Gnade war bei ihnen allen.

34 Es war auch keiner unter ihnen, der Mangel hatte; denn wer von ihnen Land oder Häuser hatte, verkaufte sie und brachte das Geld für das Verkaufte

35 und legte es den Aposteln zu Füßen; und man gab einem jeden, was er nötig hatte.

36 Josef aber, der von den Aposteln Barnabas genannt wurde – das heißt übersetzt: Sohn des Trostes –, ein Levit, aus Zypern gebürtig,

37 der hatte einen Acker und verkaufte ihn und brachte das Geld und legte es den Aposteln zu Füßen.


Der Herr segne an uns sein Wort. Amen.


Ach: Mein – Dein.

Das sind doch bürgerliche Kategorien!

Das würde wohl das Känguru sagen.

Und dann nimmt es sich in aller Genügsamkeit

wieder irgendetwas, das eigentlich Marc-Uwe Kling,

seinem Mitbewohner gehört.

Josef dagegen, den alle nur Barnabas nennen,

was soviel heißen soll wie:

Sohn des Trostes -

dieser Josef kennt solche Kategorien

offenbar nicht.

Levit soll er gewesen sein.

Also ein Jude aus einer Priesterfamilie.

Aber auch Zypriot.

Von den Leuten aus Zypern

hört man wenig Gutes.

Zänkische Insulaner!

Oder?

Immerhin die artenreichste Insel des Mittelmeeres.

Aber vielleicht damals schon so ungeeint wie heute.

Wer weiß!?


Und Josef verkaufte einen Acker,

brachte das Geld nach Jerusalem

und legte es den Aposteln zu Füßen.


Was werden die Apostel gedacht haben?

Ein Zypriot.

Klingt fast wie: Idiot!“

Oder waren sie weitsichtiger?


Es eröffnen sich für mich zwei Perspektiven.


Einerseits kann ich fragen:

Ein Typ von irgendwo -

was weiß ich wo Zypern liegt -

immerhin war die Welt damals

definitiv kleiner als heute -

legt mir einen Batzen Geld vor die Füße?

Das ist mindestens fragwürdig!

Zwilichtige Geschäfte?

Bestechung?

In was wird mich das hineinziehen?


Andererseits kann ich sagen:

Du gibst freimütig und

ohne Bedingungen?

Was du uns gibst,

das können wir gut gebrauchen,

denn wir verwenden alles

füreinander und für die,

die es am nötigsten haben.


An dieser, zweiten Perspektive,

hat sich übrigens bis heute nicht viel geändert.

Darum bricht es mir oftmals das Herz,

wenn ich von Kirchenaustritten erfahre.

Klar kostet die Kirchensteuer Geld.

Keine Frage.

Aber die Kirche erfüllt für den Staat

unerlässliche Aufgaben.

Pflege, Gesundheit, Betreuung und Bildung,

all das müsste ohne die Verträge von

Staat und Kirche viel mehr für jeden Einzelnen kosten.

Wie die ersten Christen, damals in Jerusalem,

sagt die Kirche heute noch:

Was du uns gibst,

das können wir gut gebrauchen,

denn wir verwenden alles

füreinander und für die,

die es am nötigsten haben.


Unser Land wäre um vieles ärmer,

wenn es das nicht gäbe.


Natürlich wäre es noch viel schöner,

wenn alle Kirchenmitglieder

auch ihren Gewinn am Glauben

erkennen könnten.

Aber so viel will ich gar nicht verlangen,

das kann ich mir nur wünschen

und freilich darum beten.

Aber die Einsicht über die

staatstragenden Aufgaben der Kirche,

auf die will ich pochen,

wenn die Menschen sich

nach wie vor von der Kirche abwenden -

warum auch immer.


Die erste Perspektive auf das,

was da bei den Apostel in Jerusalem

und mit diesem Josef aus Zypern geschieht,

die ist mir aber heute die wichtigere:

Ein Typ von irgendwo -

was weiß ich wo Zypern liegt -

immerhin war die Welt damals

definitiv kleiner als heute -

legt mir einen Batzen Geld vor die Füße?

Das ist mindestens fragwürdig!


Vielleicht kann ich zuerst diesen Josef befragen:

Josef, oder Barnabas, wie sie dich alle nennen,

hast du eigentlich nachgedacht?

Was ist, wenn dein Geld alle ist?

Wovon wirst du leben,

wenn du deine Lebensgrundlage verkaufst

und den Erlös verschenkst?

Hast du einen Notfallplan?

Und was verbindet dich mit den Menschen,

hier in Jerusalem?

Dich.

Einen Ausländer aus Zypern.


Ich verstehe die Fragen.“

könnte Josef sagen.

Aber es geht für mich um etwas anderes:

Weiß du, wie es ist,

ein Herz und eine Seele zu sein?

Hast du das schon einmal gespürt?

Freude teilen,

und Leid.

Trauer, Schmerz und Demütigung

und Angst vor der Zukunft,

das alles kann ich teilen.

Ich komme von weit her,

andere auch,

doch wir sind einander nah.

Und alle sind gleich.“


Und ich möchte Josef antworten:

Ja, das was du beschreibst,

das sollte Gemeinde heißen:

wo die Kinder Gottes

gleich und füreinander da sind.“


Ich glaube, ich weiß,

weshalb sie Josef, „Barnabas“,

also Sohn des Trostes, nannten.

Weil er aus dem Trost,

den unser Glaube schenkt

und durch die Gemeinschaft,

die aus ihm erwächst,

neu geboren wurde.

Josef ist nun Barnabas.

Ein getröstetes Kind.

Der Sohn des Trostes.

Wer weiß, was er erleben musste,

dieser Josef.

Vorher, vor Jerusalem,

vielleicht auf Zypern.

Wo auch immer.

Ob er auch schon erfahren hat,

wie es ist, wenn einem die

Luft wegbleibt,

weil Gesetzeshüter Knie

in Kehlen pressen?

Wie es ist, wenn jede und jeder

fragt: wo kommst du her?

Aus Bielefeld?

Nein, ich meine,

wo kommst du ursprünglich her?

Denn, so müsste ich ergänzen,

du siehst nicht aus wie wir – wie ich.


Und dann kam Josef zu Jakobus und Petrus,

zu Maria und Salome und zu den anderen.

Und niemand fragte: Woher?

Sondern nur: Wohin?

Alle gaben, was sie konnten.

Füreinander.

Und setzten sich und was sie hatten

füreinander ein.

Das mutete an,

als seien sie ein Herz und eine Seele.

Miteinander.

Gemeinsam.

Getröstet.

Und gestärkt.


Es hat den Anschein,

als hätten die ersten Christen,

ohne Theorien von Demokratie,

Sozialismus oder Kommunismus

oder gar Marxismus-Leninismus,

ein Leben gegen marktwirtschaftliche

Regeln geführt.

Und gegen bürgerliche Kategorien.

Ohne Ansehen der Person.

Du kommst aus Galiläa, aus Jerusalem,

aus Zypern?

Egal. Du bist willkommen!

Dein Teint ist rot, gelb, braun?

Deine Haut ist schwarz oder weiß?

Egal. Du bist willkommen!

Und sie lebten mit dem Anspruch,

dass alle füreinander da sind.

Ein Herz und eine Seele.

Ohne Mangel.

Und mit großer Kraft

bezeugten sie die Auferstehung des Herrn.


Vielleicht geht es ja

genau um dieses Aufbrechen

von bürgerlichen Kategorien,

von eingeschliffenen Konventionen,

von jahrhundertealten Gewohnheiten,

die auch in der Geschichte des Christentums,

und der Kirche,

nie wirklich aufgebrochen wurden:


Egal, wer du bist,

egal, woher du bist,

egal, was du bist,

gib was du kannst,

und wir sorgen füreinander

und für die, die es am nötigsten haben,

und wir verändern gemeinsam die Welt,

aus der großen Kraft,

die uns aus der Auferstehung des Herrn erwächst.

Alle gleichermaßen von Gott geliebt,

gestärkt und getröstet durch den Glauben

und in der Gemeinschaft, die aus ihm erwächst,

ohne Fragen nach dem Woher?

Nur: Wohin?

Mein „Wohin?“ heißt: Himmel.


Amen.


Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.



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Viertes Buch Mose, Kapitel 6, Verse 22-27


"Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen."


4. Mose 6, 22-27

22 Und der HERR redete mit Mose und sprach: 23 Sage Aaron und seinen Söhnen und sprich: So sollt ihr sagen zu den Israeliten, wenn ihr sie segnet:

24 Der HERR segne dich und behüte dich; 25 der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; 26 der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden. 27 So sollen sie meinen Namen auf die Israeliten legen, dass ich sie segne.


Stilles Gebet; Herr, schenke uns ein Herz für dein Wort und ein Wort für unser Herz. Amen.



Es gibt [...] Orte, die besonders sind.

Orte, die eng mit [meinem Leben und

meinem] Glauben verbunden sind,

weil ich dort das Gefühl hatte:

Hier ist Gott ganz nah. [...]

Vielleicht kennen Sie auch solche Orte.“

[Holger Pyka, FB-Gruppe „Predigtkultur“, veröffentlicht zu Trinitatis 2020]

Für mich war das unter anderem meine

Heimatkirche in Zwickau.

Hier habe ich bei Predigten

meinen eigenen Gedanken nachgehangen,

mit anderen bei Krippenspielproben

Späße gemacht,

saß ich zur Konfirmation in der ersten Reihe.

Und unzählige Male stand ich im Altarraum.

Vor diesem Altar, über dem ein überlebensgroßer

Jesus abgebildet ist, der mich begleitet.

Eine Hand hält er am Herzen,

die andere hält er mir hin.

Und sein Blick –

sein Blick ist so freundlich und treu.

Und jedes Mal, wenn ich als Kind,

vor meiner Konfirmation,

in diesem Altarraum stand,

die Erwachsenen das Abendmahl empfingen,

Pfarrer Nitzsche mir die Hände auflegte,

mich segnete und sagte:

Unser Herr Jesus Christus kennt dich

und hat dich lieb.“,

da sah ich diesen Jesus über dem Altar

und ich glaubte ihm.


Ein anderer dieser Orte war

der Kneipentisch im Apothekenmuseum in Leipzig,

gegenüber der Thomaskirche,

mit dem herrlich günstigen Studentenbier,

an dem wir viele Abende saßen, nach dem Studium,

nach den Stunden in der Bibliothek,

ohne die Berge von Büchern,

aber voll frischen Wissens.

Manchmal habe ich aus den Büchern wenig behalten,

aber dort, bei den Abendgesprächen, viel gelernt.

Über Gott, über die Bibel, über das Leben.


„Orte, die eng mit meinem Glauben verbunden sind,

aber von denen ich irgendwann [...] aufgebrochen bin.

Jedes Mal um ein paar Erfahrungen reicher [… Aber]


Was kann ich mitnehmen von diesen besonderen Orten,

was von diesen Erfahrungen hat Bestand,

wenn ich irgendwo anders meine Zelte aufschlage?

Und wird es da auch diese besonderen Orte geben?


Das Volk Israel hat auf dem langen

und anstrengenden Weg zwischen

Ägypten und dem Jordantal,

zwischen Gefangenschaft und Freiheit,

auch einen [besonderen] Ort gefunden.

Sie machen [...] Rast am Fuße des Berges Sinai.

Der Gipfel ist wolkenverhangen,

und [...] oben redet Mose mit Gott.

[...]
Jetzt herrscht Aufbruchstimmung

am Fuße des Berges.

Die Reise geht weiter.

[Doch hier a]m Sinai wusste[n alle]:

Wenn [wir Gott brauchen],

dann kann Mose jederzeit nach oben auf den Gipfel. […]

Hier lässt Gott mit sich reden.

Wo wird Gott in Zukunft greifbar sein,

wenn die Reise weitergeht

und [wir] den Berg hinter [uns lassen]?
Zwei Antworten hat Gott auf diese Frage. […]

Die eine Antwort ist eine lange Bauanleitung

und Gebrauchsanweisung für ein besonderes Zelt,

in dem die Bundeslade mit den zehn Geboten aufbewahrt wird

und Gott [quasi] seine Sprechstunde anbietet.

Die zweite Antwort ist der heutige Predigttext:
Und der HERR sprach zu Mose:

Rede zu Aaron und seinen Söhnen:

So sollt ihr die Israeliten segnen,

sprecht zu ihnen:

Der HERR segne dich und behüte dich.

Der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir

und sei dir gnädig.

Der HERR erhebe sein Angesicht [auf dich]

und gebe dir Frieden.

So sollen sie meinen Namen auf die Israeliten legen,

und ich werde sie segnen.

Worte, die bekannt sind,

die wir seit Martin Luther am Ende

fast jedes Gottesdienstes hören.

Worte, die Heimat bieten,

die ein Dach über dem Kopf sein können

wenn es regnet und stürmt,

die Zuflucht bieten in den Wüstenwanderungen des Lebens.

Es gibt diese besonderen Orte,

an denen man das Gefühl hat:

Hier ist Gott nah.
Aber wenn [ich aufbreche]

und diese Orte [verlasse],

dann bleiben Worte,

an die Gott sich bindet.“

[Holger Pyka, FB-Gruppe „Predigtkultur“, veröffentlicht zu Trinitatis 2020]

In diesen wenigen Worten,

in diesem kurzen Segen,

steckt alles, was es braucht.


Der Herr segne dich und behüte dich.

Das ist der Kern dieser Worte.

Was sie genau bedeuten sollen,

sagen die anderen beiden Teile dieser Worte.


Der Herr segne dich,

das heißt:

er lasse sein Angesicht über dir leuchten

und erhebe sein Angesicht auf dich.

Er sieht dich an – freundlich und treu.

Und weil segnen

bezeichnen“ oder „kennzeichnen“ heißt,

ist es, als würden gesegnete leuchten,

denn Gott geht mit diesem Blick nebenher,

dem jeder sofort ansieht,

dass er gutmütig und liebevoll ist.

Auch, wenn der Himmel über dir verhangen ist,

auch, wenn du dein eigenes Gesicht

nur schwer im Spiegel ertragen kannst –

[auch wenn eine Maske das

gegenseitige Anblicken erschwert –]

Gott sieht dich an. Und strahlt dabei.“

[Holger Pyka, FB-Gruppe „Predigtkultur“, veröffentlicht zu Trinitatis 2020]

Er hat gute Gedanken über dich.

Er kennt dich und hat dich lieb.

Der Herr segnet dich.


Der Herr behüte dich,

das heißt:

Gott sei dir gnädig und gebe dir Frieden.

Es heißt nicht,

vor allem Übel bewahrt zu sein,

sondern auch im Übel Gnade entdecken zu können.

Weil du es vermutlich brauchen wirst.

Es wird Zeiten geben,

da wird dir deutlicher sein als sonst,

dass dein Leben gefährdet,

dein Wohlstand zerbrechlich,

deine Kraft begrenzt ist.

Zeiten, in denen Du hören musst:

Du bist nicht allein.

Und der, der mit dir unterwegs ist,

[...] ist kein geringerer als der Schöpfer

der ganzen Welt mit all ihren Seen und Felsklippen,

Sternen und Grashalmen, Spatzen und Lilien.“

[Holger Pyka, FB-Gruppe „Predigtkultur“, veröffentlicht zu Trinitatis 2020]

Dass ER bei dir sein will,

das ist die erste Gnade.


Und Frieden geben,

heißt nicht im Frieden leben,

sorglos, streit- und kampflos,

es heißt, Frieden finden können

unterwegs, mitten in der Friedlosigkeit,

wenn du auf der Suche bist.


„Im Hebräischen ergießen sich

die Worte [dieses] Segens wie ein Strom,

der sich immer mehr verbreitert

und schließlich [in einem verzweigten

und weiten Delta] ins Meer mündet.

Erst drei Wörter, dann fünf, dann sieben.

Der Segen ist groß gedacht.

Gott schenke dir Frieden. […]

Gott leite deine Schritte auf einem Weg,

der zum Frieden für alle Welt führt.

Das ist das Ziel. [...]

Das ist die Zukunft.

Eine Welt, in der jeder und jede genug zum Leben hat.

In der Schwerter zu Pflugscharen umgeschmiedet werden,

Soldatenhelme zu Kochtöpfen umfunktioniert

und Fahnen und Flaggen zu buntgesteppten Decken umgenäht werden.

Da wird der Wolf beim Lamm wohnen,

und Kuh und Bärin werden miteinander weiden.

Da wird Donald Trump seine Bibel aufschlagen

und darin lesen und sich gewaltig wundern,

und er wird mit Kim Jong Un gemeinsam Rosen züchten

und den Opfern ihrer Politik persönlich

einen Strauß überreichen

mit einer kleinen Karte:

Please, forgive me.“

Der Skinhead wird von der Syrerin lernen,

wie man Brot backt.

Der weiße Polizist

wird dem schwarzen Passanten die Tür aufhalten.

[…]


Gott ist ganz nahe.

Die Orte wechseln,

die Worte [... bleiben].

Diese besonderen Worte,

von denen Gott verspricht:

An diesen Worten hänge ich.

Und an denen, über die sie gesprochen werden. [...]

Ihr sollt meinen Namen auf die Israeliten legen,

und ich werde sie segnen.
Der, der segnet, ist und bleibt Gott.

Deswegen gehört der Segen nicht nur in die Hände

[und ...] Münder von Priestern und [Pfarrpersonen].

[Er gehört in aller Munde.]
Beim Anschneiden eines frisch gebackenen Brotes

oder im kurzen Innehalten vor dem Essen.
An den Höhe-, Tief- und Wendepunkten des Lebens,

bei den großen und kleinen Abschieden.
[…] Eltern, die ihre Kinder segnen,

wenn sie morgens zur Schule gehen.

Die ihnen damit sagen:

Wo du hingehst, kann ich dich nicht auf Schritt und Tritt begleiten.

Aber ich gebe dir etwas anderes mit. [...]

Du bist nicht allein. Niemals.“

[Holger Pyka, FB-Gruppe „Predigtkultur“, veröffentlicht zu Trinitatis 2020]

Und so werde ich

immer ein bisschen ehrfürchtig,

wenn ich mich am Ende eines Gottesdienstes,

auf den Stufen des Altars umdrehe

und den Segen spreche.

Wohl wissend, dass nicht ich segne,

sondern Gott,

dessen Namen ich euch

zusprechen will,

damit ER euch segnet.

Und wenn ich mich umdrehe

und meine Hände hebe,

dann weiß ich,

dass hinter mir,

über dem Altar,

dieser überlebensgroße Jesus steht,

aus meiner Heimatkirche,

eine Hand am Herzen,

die andere uns allen hingehalten,

und ich glaube:

er kennt dich und mich und hat uns lieb.

Der richtige Ort,

für ein besonderes Wort:

Der Herr segne dich und behüte dich.

Amen.


Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.



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Apostelgeschichte des Lukas, Kapitel 2, Verse 1-21


Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.


Apg 2

Der Herr segne an uns sein Wort. Amen.



Wer von Ihnen tanzt im Regen? Oder springt in Pfützen?

(Kopf schütteln)

Wer singt unterwegs?

(Kopf schütteln)

Wer führt gedankenverlorene Selbstgespräche beim Spazierengehen?

(Hand heben)

Wer hat schonmal gelacht, dass sich die Balken bogen?

(Hand heben)

Und wer konnte mindestens einmal vor Freude nicht mehr an sich halten – musste jemanden umarmen, oder gar vor Freude weinen?

(Hand heben)


Begeisterung kann wunderbar sein! Nicht wahr!?

Für eine Sache ganz und gar brennen.

Für die Freude in diesem Moment.

Für einen Gedanken.

Für das Wunderbare um mich her – Menschen, Musik, Natur.

Warum nicht springen, singen, lachen?

Ja warum nicht auch einfach tanzen?

Das geht alles auch mit Abstand und Mundschutz.

Begeisterung lässt sich nicht bremsen.

Auch nicht durch Hygieneregeln.

Da bin ich mir sicher.

Aber natürlich gibt es auch immer die,

die daneben stehen und den Kopf schütteln,

oder die Augen rollen.


Die Bibel ist voll von begeisternden Geschichten einerseits,

und Geschichten über begeisterte Menschen andererseits.

Ich denke an den König David,

der vor Begeisterung tanzt und springt,

als er vor der Bundeslade hergehen darf.

Und ich denke an seine Frau Michal,

die es sieht und mit den Augen rollt.


Aber es gibt noch mehr.

Auch mitten in aussichtslosen,

oder ungewissen Situationen,

- und das entspricht ja irgendwie auch unserer Situation -

vermag Gott Begeisterung aufkommen zu lassen.


Ich denke an Mose,

dem alles zu viel und zu schwer wird.

Ein murrendes Volk im Rücken und

wenig Unterstützung in Sicht.

Ich stelle mir vor, wie er die Hände in den Sand krampft

und zu Gott ruft: „Ich kann nicht mehr!

Ich kann nicht die ganze Last des Volkes tragen.

Es geht nicht! Es ist zu viel für mich!“

Da wird im 4. Buch Mose berichtet,

dass Gott ihm vorschlägt,

er solle 70 Menschen berufen.

Wenn du es allein nicht schaffst,

dann hol dir Hilfe.“ sagt Gott sinngemäß.

Du und 70 andere aus dem Volk,

die eh schon einige Aufgaben übernehmen,

ihr werdet die Last, die du jetzt trägst,

gemeinsam stemmen.

Dafür will ich, wenn du sie ausgesucht hast,

von meinem Geist, den ich auf dich gelegt habe,

auch etwas auf sie legen.“

Und dann geht es quasi ab:

70 Leute erhalten von Gottes Geist, der auf Mose lag,

und geraten außer sich vor Begeisterung, die sie ergriffen hat.

Verzückt seien sie gewesen und hörten nicht mehr auf.

Wie das wohl aussah?

Ich stelle mir 70 Dauergrinser vor –

vielleicht tanzten einige, andere hüpften umher,

wieder andere sangen und

einige redeten lauthals und fröhlich drauflos.

Vielleicht feierten andere mit.

Wie auch immer.

Wieder andere standen sicher drumherum

und rollten mit den Augen.


Und schließlich erzählt der heutige Predigttext

eine eben solche Geschichte.

Wie Jesus es ihnen gesagt hatte,

blieben die Freunde zusammen in Jerusalem,

lebten und beteten gemeinsam.

So saßen sie zusammen.

Sicher hatten sie noch mit dem Weggang

des Herrn vor 10 Tagen zu kämpfen.

Manche mögen verängstigt gewesen sein,

andere hatten sich möglicherweise bereits

mit der Situation arrangiert.

So saßen sie zusammen,

als plötzlich ein Sturm durch die Ritzen

und Fenster des Hauses ging

und sie von einem Feuer ergriffen wurden,

dass sie veranlasste von Gott zu reden.

Sie konnten gar nicht anders, so begeistert waren sie.

Es ist, als wäre ihnen beim gemeinsamen Leben

und Beten ganz plötzlich klar geworden,

worum es geht: was es ist,

das Jesus uns und der ganzen Welt versprochen hat.

Und jetzt gehen sie raus und erzählen den Menschen

lauthals davon, wie das ist, das Reich der Liebe Gottes.

Und von seinen Wundern.

Ich glaube, sie waren nicht weniger verzückt,

als die 70, die Mose ausgesucht hatte.

Vielleicht tanzten manche der Freunde Jesu,

andere hüpften umher, wieder andere

könnten gesungen haben –

alle jedenfalls redeten lauthals und fröhlich drauflos.

Und die Leute drumherum?

Naja, manche waren mitgerissen.

Andere standen augenrollend dabei

und schüttelten die Köpfe:

Die sind doch betrunken!“, sagten sie,

Und das schon früh um 9!“

Petrus hält dagegen und sagt:

Nein, so ist es nicht!

Es ist zu früh, betrunken zu sein.

Uns ist das passiert,

was der Prophet Joel

in Gottes Auftrag versprochen hat:

ich will ausgießen von meinem Geist auf alle[...]

19 Und ich will Wunder tun oben am Himmel und Zeichen unten auf Erden […]


Heute, an Pfingsten,

geht es um diese Begeisterung,

davon lebt die Kirche,

sie ist aus ihr geboren.

Heute, an Pfingsten, am Geburtstag der Kirche.

Die Bibel berichtet begeisternde Geschichten

und Geschichten von begeisterten Menschen.

Und diese Begeisterung trägt meinen Glauben.

Aber es ist nicht die Begeisterung der Menschen

in den Geschichten der Bibel,

die unsere Kirche und ihre einzelnen Gemeinden trägt.

Das sind wir und unsere Begeisterung.

Und ehrlich gesagt, es wäre bitter,

wenn ein Mundschutz, eine Abstandsregel

oder ein Hygienekonzept es vermag,

diese Begeisterung zu ersticken.


Eigentlich müssten wir viel mehr tanzen,

singen, lachen, springen, auch ich.

Denn weder Hohes noch Tiefes,

weder Mächte noch Gewalten – nichts,

kann uns trennen von der Liebe Gottes.

Das ist und bleibt wahr,

wie auch immer die Zeiten sich ändern.


Darum:

Lasst uns im Regen tanzen und in Pfützen springen,

weil die Schöpfung wunderbar ist.

Lasst uns unterwegs singen,

weil es gemeinsam gerade mühsam ist.

Lasst uns gedankenverlorene Gespräche mit Gott führen –

überall.

Und den Menschen auf dem Weg,

über den Gartenzaun zurufen: „Gott ist gut!“

Und lasst uns fröhlich sein und lachen,

dass sich die Balken biegen.

Und vor Freude nicht mehr an uns halten –

niemanden umarmen, nicht jetzt,

aber sagen, dass ich es gerne würde, jederzeit,

und gern auch vor Freude weinen. Warum nicht!?

Und wenn jemand umhersteht und mit den Augen rollt,

dann ist es einfach schade,

dass er oder sie meine Begeisterung noch nicht teilen kann.


Wir könnten einander anstecken.

Nicht mit Corona,

sondern mit der Lebensfreude,

die zu unserem Glauben gehört.

Und ich bin mir sicher,

ähnlich wie die 70 Dauergrinser bei Mose

und die 11 Freunde Jesu,

würden wir spüren und sehen,

dass Zeichen auf der Erde geschehen,

genauso wie Wunder im Himmel, die Gott wirkt – immerzu.


Und der Friede Gottes, der größer ist als wir verstehen, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.



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Prophetenbuch des Jeremia, Kapitel 31, Verse 31-34


31 Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, da will ich mit dem Hause Israel und mit dem Hause Juda einen neuen Bund schließen,

32 nicht wie der Bund gewesen ist, den ich mit ihren Vätern schloss, als ich sie bei der Hand nahm, um sie aus Ägyptenland zu führen, mein Bund, den sie gebrochen haben, ob ich gleich ihr Herr war, spricht der HERR;

33 sondern das soll der Bund sein, den ich mit dem Hause Israel schließen will nach dieser Zeit, spricht der HERR: Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben, und sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein.

34 Und es wird keiner den andern noch ein Bruder den andern lehren und sagen: »Erkenne den HERRN«, denn sie sollen mich alle erkennen, beide, Klein und Groß, spricht der HERR; denn ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nimmermehr gedenken.


Zeiten zwischen Ereignissen.

Zwischenzeiten.

Es gibt sie. Jede Menge.

Beim Warten auf Ergebnisse, zum Beispiel.

Warten auf das Ergebnis eines Schwangerschaftstestes.

Oder eines Corona-Tests.

Warten mit der Ungewissheit,

was das Ergebnis bringen wird.

Vor der Tür der Examensprüfungen.

Was beraten die denn so lange?

Es lief doch eigentlich ganz gut!?

Zwischenzeit.

Solche Zeiten können sich ziehen.

Ich erinnere mich noch gut an die schlimme Nachricht

aus Kindertagen, dass mein bester Freund bei einem

Autounfall verletzt wurde.

Aber wie geht es ihm?

Ich vergrub mein Gesicht im Kissen des Sofas im Wohnzimmer.

Warten.

Zwischenzeit.

Oder diese Zeit jetzt, zwischen Lockdown

und Lockerungen.

Zwischen Ausnahmezustand und Rückkehr zur

Normalität.

Zwischenzeiten.

Sie sind manchmal schwer erträglich.

Und je länger sie werden,

desto größer wird das Bedürfnis aus ihnen auszubrechen.

Da kann jemand schon auch mal auf fadenscheinige

Ideen kommen, die dagegen sprechen,

auch nur einen Moment länger in der

Zwischenzeit auszuhalten.

Auch für das Volk Israel gab es einige solche

Zwischenzeiten, die sich zogen

und unliebsam lang,

immer länger und länger wurden.

Wie die Zeit der Gefangenschaft in Babylon,

aus der der Predigttext stammt.

Die Sehnsucht wird groß gewesen sein,

zu erfahren, was kommt,

wie es weitergehen wird,

wie es weitergehen kann.

Und plötzlich weiß einer, was kommt.

Nicht wann und nicht wie,

aber was:

Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, da will ich […] einen neuen Bund schließen [...]

Bis dahin, ist Zwischenzeit.

Heute, jetzt, ist auch Zwischenzeit.

Zwischen Himmelfahrt und Pfingsten.

Gerade noch schauten die Freunde dem Verschwinden des Herrn nach,

und schon sind sie wieder allein.

Zurückgelassen.

Und was nun?

Vielleicht vergrub auch einer von ihnen

sein Gesicht in ein Kissen,

drückte die Hoffnungslosigkeit

und Aussichtslosigkeit mit heißen

Tränen hinein.

Was nun?

Eine gute Zeit für die,

die Zweifel säen wollen.

Ihre Worte klingen jetzt lauter

als noch vorher.

Vielleicht flüsterten in Babylon manche

den Israeliten ins Ohr:

Euer Gott, wo ist euer Gott?

Was tut euer Gott?

Hat er nicht eure Väter und Mütter

aus Ägypten befreit?

Kann er euch nicht befreien?

Will er nicht?

Gibt es ihn überhaupt?“

Und auch den Freunden Jesu

könnten fremde Stimmen

in die Ohren hauchen:

Wo ist euer Retter?

Und was haben euch die

letzten drei Jahre mehr gebracht

als Scherereien?“


Manchmal kann ich in solchen

Zwischenzeiten wenig tun.

Ein Testergebnis oder ein Prüfungsergebnis

kann ich nur abwarten.

Aber immer sind solche

Zwischenzeiten

Keimzeiten des Anfangs.

Die Zeit, in der etwas neues beginnt.

Siehe, jetzt wächst es auf.

Zeiten der Neuausrichtung:

Hören, Exaudi, Höre!

auf das was wichtig ist.

Auf das, was Gott dir

längst ins Herz geschrieben hat.


Im Fall meines besten Freundes

aus Kindertagen hieß das:

anrufen, nachfragen, zuhören

und gemeinsam mit der Familie hoffen.

Das tun, was die Freundschaft,

die uns verband, mir ins Herz geschrieben hatte.

Bis die gute Nachricht kam:

Sie mussten ihn zwar operieren,

aber er ist wohl auf und bald wieder Zuhause.

Und dann, beim ersten Besuch,

wussten wir beide, dass wir

ein Stück näher zusammengerückt waren.

Wie ein neuer Bund.

Im Fall der Israeliten

bedeutete das:

Standhaft bleiben und umkehren,

sich mit der Situation ein Stück weit arrangieren,

aber nie die Hoffnung und schon gar nicht

den Glauben aufgeben; beten und den Worten vertrauen,

die sie von Generation zu Generation

trugen:

4 Höre, Israel, der HERR ist unser Gott, der HERR ist einer.

5 Und du sollst den HERRN, deinen Gott, lieb haben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft.

(Dtn 6)

Bis schließlich der Tag kam,

da sie zurück durften nach Jerusalem.

Und dann, bei der Rückkehr

nach Jerusalem, wussten die meisten,

wem sie dafür danken mussten.

Ein neuer Bund.


Und für die Freunde Jesu,

die gern aus Jerusalem wieder verschwunden wären,

jetzt, wo doch alles vorbei zu sein schien,

bedeutete es:

mutig zu bleiben,

für die Sache die mit Jesus nur begonnen hatte,

aber mit ihnen weitergehen würde -

nicht nur mit ihren kleinen Kräften,

sondern mit der großen Kraft des Heiligen Geistes.

Aber auf den mussten sie noch ein paar Tage warten.

Zwischenzeit.

Tage der Herausforderung.

Bis der Geist sie wie ein loderndes Feuer überkam

und sie ihre Zungen nicht mehr im Zaum halten konnten,

so groß war die Freude in ihren Herzen

über diesen neuen Bund,

der längst schon in ihr Herz geschrieben war.


Und manchmal -

in den Zwischenzeiten -

erweckt Gott in jemandem

den Mut und die Kraft für

mutige, kraftvolle Worte,

mitten in der Zwischenzeit.

Worte wie diese:

Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, da will ich […] einen neuen Bund schließen [...]

Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben, und sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein.

34 Und es wird keiner den andern noch ein Bruder den andern lehren und sagen: »Erkenne den HERRN«, denn sie sollen mich alle erkennen, beide, Klein und Groß [...]

Bis das wirklich soweit ist,

wird noch einige Zeit vergehen.

Das ist vielleicht

die große Zwischenzeit,

in der wir alle miteinander,

unsere Vorfahren und unsere

Nachfahren, leben.

Die Keimzeit des Reiches Gottes.

Es ist die Zeit der Zuversicht,

dass es einmal so sein wird,

wie der Prophet sagt.

Wenn jede und jeder

bereit ist, zu hören,

was uns in Herzen und Sinne

geschrieben wurde,

von unserem Gott.


Und bis dahin,

gibt es viele kleine Zwischenzeiten,

viel Warten auf Ereignisse und Momente,

von denen ich mir wünsche,

dass ich sie fülle wie der Prophet:

mit Hoffnung:

Siehe, es kommt die Zeit...

Auch die Zeit nach Corona.

Aber wie diese Zeit aussehen wird,

bestimmen wir.

Jetzt.

Mit unserem Hören

und unserem Reden

in der Zwischenzeit.

Und dann werden wir unseren Kindern

davon erzählen:

Vom unschätzbaren Wert der Freiheit,

wie die Kinder Israels,

weil wir, wie sie, wissen, wie es ist,

sie einzubüßen;

und wir werden begeistert

von Ideen und Erkenntnissen berichten,

die uns diese Zeit gebracht hat -

wie die Freunde Jesu;

mit heißen Herzen und

lodernden Zungen

könnten wir berichten,

was systemrelevant ist,

und dass weniger mehr sein kann,

und wie Nähe auch aus der Ferne geht;

und wie gut es ist,

wenn ich mich im Glauben

mit anderen verbunden

und getragen weiß.


Aber bis wir davon erzählen,

ist Zwischenzeit.

Denn es kommt die Zeit...

sagt der Prophet.

Und die Zeit der Freiheit

für die Israeliten kam.

Und die Zeit neuer Kraft,

durch den Heiligen Geist,

für die Freunde Jesu kam.


Ich bin gespannt,

was nach dieser Zwischenzeit kommt,

was aufkeimt, was beginnt,

heute schon,

zwischen Himmelfahrt und Pfingsten,

und darüber hinaus,

zwischen Pandemie und Impfstoff -

Höre!

Sagt dieser Sonntag,

Höre!

Denn Herz und Sinn wissen Bescheid.

Was davon wirksam wird,

liegt an uns,

in dieser Zwischenzeit.


Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.



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Johannesevangelium, Kapitel 17, Verse 20-26


Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt, […] Ihm, der uns liebt und uns erlöst hat [...] sei Ehre [...] von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen. (Offb. 1, 4-6)


Lasst uns miteinander beten:

Herr, unser Gott, der du immer schon warst, der du bist und der du auf uns zu kommst; der du überall dort anklopfst, wo lebendige Herzen schlagen; hilf, dass die Türen offen stehen und wir spüren: nicht wo Himmel ist, da bist du, sondern wo du bist, da ist Himmel. So gib, dass da auch ein Stück Himmel ist, wo wir dein Wort bezeugen. Amen.



Jesus betet. Ein Gespräch mit seinem Vater.

Ein Vorgespräch über das Danach.

Es geht um Zusammenhalt.


Wenig später wird er in den Himmel aufgehoben.

Das gibt diesem Tag seinen Namen: Himmelfahrt.


Wie passt das zusammen:

Zusammenhalt und Himmelfahrt?


Kann man auch zusammenhalten,

wenn eine*r geht?


Was hält uns zusammen? Was hält Sie zusammen? Was bedeutet für Sie Zusammenhalt? - Interviews


Es gibt vieles, was uns zusammenhält: Blut und Familienbande, jemandem etwas schuldig sein, Mitleid haben, Freundschaft, Dankbarkeit, Trauer, Leid (was wir miteinander durchgemacht haben), Ärger (die können nicht miteinander aber auch nicht ohne einander); es gibt vieles.


Zwei Luftballons → gibt es etwas, das dieses beiden Luftballons zusammenhalten könnte?


Die beiden Ballons haben eigentlich nicht viel miteinander zu schaffen.

Nur die Luft, die sie in sich halten, die stammt aus dem gleichen Mund.

In diesem Falle hier, aus meinem.

Vielleicht sind die beiden auch einmal irgendwann aus der gleichen Fabrik gekommen. Möglich. Sie stammen zumindest aus der selben Tüte.

Aber jetzt, ist jeder für sich.

Und wenn sie zueinander kommen, dann prallen sie aneinander ab und jeder geht seine eigenen Wege.


Das klingt für mich alles sehr menschlich.

Zwei Luftballons. Wie zwei Menschen.

Die können alleine nicht viel dazu tun, dass sie zueinander kommen.

Aber wenn nun jemand diese beiden Luftballons nähme, sie zueinander hielte und ein bisschen Reibung erzeugte, dann können beide gar nicht mehr voneinander lassen.


Das ist das Gebet Jesu.

Das ist es, was Gott von Anfang an tut und nicht aufhört zu tun:

Er hält uns zueinander, damit wir aneinander festhalten können und zusammen halten.


Die Luft in uns, das ist der Atem Gottes.

Die Hände, die uns aneinander halten, sind Jesu Hände.

Die elektrostatische Ladung, die uns beieinander hält, ist der Heilige Geist.

Alles, was wir tun müssen, ist zulassen, dass die Hände Jesu uns aneinander halten.

Und das, das heißt Glaube.


Jesus betet. Ein Gespräch mit seinem Vater.

Ein Vorgespräch über das Danach.

Es geht um Zusammenhalt.


Wenig später wird er in den Himmel aufgehoben.

Das gibt diesem Tag seinen Namen: Himmelfahrt.


Seither sind Jesu Hände zu vielen Händen geworden.

Der Vater ist im Sohn, Jesus, und der Sohn in uns.

Und wir sind die Hände, die die Luftballons,

oder die Menschen zusammenbringen,

damit der Geist sie zusammenhalten kann.


Aber das, das muss man natürlich glauben können...


Ein ungeborenes Zwillingspärchen unterhält sich im Bauch der Mutter.


1: „Sag mal, glaubst du eigentlich an ein Leben nach der Geburt?“


2: Ja, auf jeden Fall! Hier drinnen wachsen wir und werden groß und stark für das was draußen an der frischen Luft kommen wird.“


1:Ich glaube, das hast du eben erfunden! Es kann kein Leben nach der Geburt geben – und wie soll den ‚frische Luft‘ bitte schön aussehen?“


2: „So ganz genau weiß ich das auch nicht. Aber es wird sicher viel heller sein als hier. Und vielleicht werden wir mit den Beinen herumlaufen können und mit dem Mund tolle Sachen essen?“


1: „So einen Schwachsinn habe ich ja noch nie gehört! Mit dem Mund essen, was für eine verrückte Idee. Es gibt doch die Nabelschnur, die uns nährt. Und wie willst du herumlaufen? Dafür ist doch die Nabelschnur viel zu kurz.“


2: „Doch, das geht ganz bestimmt. Es wird eben alles nur ein bisschen anders sein.“


1: „Du träumst wohl! Es ist doch noch nie einer zurückgekommen von ’nach der Geburt‘. Mit der Geburt ist das Leben einfach zu Ende! Punktum!“


2: „Ich gebe ja zu, dass keiner genau weiß, wie das Leben ’nach der Geburt‘ aussehen wird. Aber ich weiß, dass wir dann unsere Mutter sehen werden und sie wird sicher für uns sorgen.“


1: „Mutter??? Du glaubst doch wohl nicht an eine Mutter? Wo soll denn die nun sein, bitteschön?“


2: „Na hier – überall um uns herum. Wir sind und leben in ihr und durch sie. Ohne sie könnten wir gar nicht sein!“


1: „So ein Blödsinn! Von einer Mutter habe ich noch nie etwas bemerkt, also gibt es sie auch nicht! Schluss damit!“


2: „Doch, manchmal, wenn wir ganz still sind, kannst du sie leise singen hören. Oder spüren, wenn sie unsere Welt ganz sanft und liebevoll streichelt …“


Henry Nouwen



Und ich sehe mich selbst in dieser dunklen Welt.

Nicht wissend, was kommt. Aber irgendwie behütet.

Meine Schwester, mein Bruder neben mir.

Beide leben wir von der gleichen Kraft.

Und ich ergreife die kleine, vielleicht noch nicht ganz fertige Hand und spüre ein sanftes Drücken von außen, ein liebevolles Tasten.

Ist das die Mutter? Oder der Vater? Noch eine Schwester, ein Bruder?

In diesem Moment, sind alle eins.


Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.



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Johannesevangelium, Kapitel 15, Verse 1-8


Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.


Joh 15, 1-8


1 Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater der Weingärtner. 2 Eine jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, nimmt er weg; und eine jede, die Frucht bringt, reinigt er, dass sie mehr Frucht bringe. 3 Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe. 4 Bleibt in mir und ich in euch. Wie die Rebe keine Frucht bringen kann aus sich selbst, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht an mir bleibt.

5 Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun.

6 Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt, und man sammelt die Reben und wirft sie ins Feuer, und sie verbrennen. 7 Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren. 8 Darin wird mein Vater verherrlicht, dass ihr viel Frucht bringt und werdet meine Jünger.


Der Herr segne an uns sein Wort. Amen.


Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde.

Und die Erde war wüst und leer,

und Finsternis lag auf der Tiefe;

und der Geist Gottes schwebte über dem Wasser.

Und Gott sprach: „Es werde Licht!“ Und es ward Licht.

So beginnt die alttestamentliche Lesung für diesen Tag.


Seitdem kann ich die Welt sehen.

Licht gegen Finsternis.

Ich kann mir vorstellen, sie von oben zu betrachten,

und sie in einem anderen Licht sehen.

Ich kann auf die Schöpfung schauen.

Und die einzige Erklärung, die ich finden kann,

ist die Liebe,

die Liebe, die ich fand, weil du hier gewesen bist.

Deine Liebe rückt mich in ein anderes Licht.

Nicht meine Worte.

Aber sie treffen, was ich meine.


Zirkelschluss nennt man das.

Eine Beweisführung, in der das zu beweisende schon in der Voraussetzung enthalten ist.

Also von Gott ausgehen.

Die Welt als Schöpfung sehen.

Und in der Schöpfung Gottes Liebe entdecken.

Ein Zirkelschluss.


Da ist etwas im Wind, das meinen Namen kennt,

und es sagt mir, dass nichts ist wie es war.

In den Blättern und in der Brise

rauscht ein befriedigender Geschmack von Freude für mich.

Auch nicht meine Worte.

Aber sie treffen, was ich meine.


Dieser Sonntag heißt Jubilate.

Er hat seinen Namen aus dem 66. Psalm.

Jubilate deo, omnis terra“

Jauchzt vor Gott, alle Länder der Welt.

Es juble vor Gott, die ganze Welt.

Alle Welt freue sich vor Gott.


Vielleicht hat der Betende des Psalms

eine ähnlich Erfahrung gemacht wie ich.

Von oben auf die Welt schauen

und sie in einem anderen Licht sehen.

Eine Schöpfung sehen.

Und eine Liebe.

Und einen Wind hören,

der meinen Namen säuselt.

Und in den Blättern und der Brise

Freude schon fast schmecken können.


Das sind nicht meine Worte.

Die Carpenters singen das 1972.

Top of the world“ heißt dieses Liebeslied.


Aber als ich das Lied kürzlich wieder hörte,

sah ich mich selbst auf diesem Gipfel der Welt stehen,

hinabsehen auf die Schöpfung,

und in ihrem Licht seine Liebe sehen.

Ein Gärtner, der durch diese Welt streift

und alles hegt und pflegt.

Der wilde und kultivierte Reben reinigt,

mit ihnen spricht,

ihnen gut zuredet,

damit sie viel Frucht bringen.

Jemand sagt: „Dein Leid kümmert mich!“

Mitten in einer Krise.

Und der Gärtner geht vorüber,

die Blätter rauschen ein bisschen,

und in der Brise kann man seine Freude fast schon schmecken.

Jemand sagt: „Ohne dich kann ich nichts tun!“

Egal ob Krise oder nicht.

Und der Gärtner eilt heran,

schnelle Schritte machen Wind,

und jemandem ist, als hörte er seinen Namen säuseln.

Jemand sagt: „Diese Welt ist wunderbar geschaffen!“

Trotz aller Krisen.

Und der Gärtner steht daneben,

gibt Wärme ab, die sich anfühlt

wie warme Herzen,

wie Liebe.

In solchen Worten.

In solchen Gedanken.

In solchen Gefühlen.

Da ist Christus drin.

Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben...

sagt Jesus.

Vielleicht stecken sie sogar im Lied der Carpenters.

Wer weiß.

Für mich, heute, schon.


Vom Gipfel der Welt schaue ich auf die Schöpfung,

und die einzige Erklärung, die ich finden kann,

ist deine Liebe, die ich fand, seit du hier gewesen bist,

deine Liebe bringt mich zum den Gipfel der Welt.


Und Jesus sagt: Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren.

Aber von diesem Gipfel aus, wüsste ich gar nicht, was ich noch mehr wollte.


Das ist ein Zirkelschluss. Definitiv.

Aber für mich ist es ein guter.


Und Jesus sagt:

5 Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht;

Das ist kein Zirkelschluss.

Das ist ein Versprechen.

Das ist der Gipfel der Welt.

Amen.


Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.



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Erster Petrusbrief, Kapitel 2, Verse 21-25


Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.


Aus: 1. Petrus 2


21 Denn dazu seid ihr berufen, da auch Christus gelitten hat für euch und euch ein Vorbild hinterlassen, dass ihr sollt nachfolgen seinen Fußstapfen;

22 er, der keine Sünde getan hat und in dessen Mund sich kein Betrug fand;

23 der, als er geschmäht wurde, die Schmähung nicht erwiderte, nicht drohte, als er litt, es aber dem anheimstellte, der gerecht richtet;

24 der unsre Sünden selbst hinaufgetragen hat an seinem Leibe auf das Holz, damit wir, den Sünden abgestorben, der Gerechtigkeit leben. Durch seine Wunden seid ihr heil geworden.

25 Denn ihr wart wie irrende Schafe; aber ihr seid nun umgekehrt zu dem Hirten und Bischof eurer Seelen.


Lasst uns diesem Wort in der Stille nachdenken... STILLE...

(„Herr, schenke uns ein Herz für dein Wort und ein Wort für unser Herz. Amen.“)


1 Der HERR ist mein Hirte. Mir fehlt es an nichts.


Da geht einer durch das Land, mit nichts. Ein paar Leute im Gefolge, sonst nichts. Kaum genug Fische und Brote um den eigenen Bedarf zu decken.

Doch am Abend des Tages hören ihn die Leute beten: Der Herr ist mein Hirte. Mir fehlt es an nichts.


2 Die Weiden sind saftig grün. Hier lässt er mich ruhig lagern. Er leitet mich zu kühlen Wasserstellen.


Da geht einer durch das Land, manchmal an einem See, mit saftigen, grünen Weiden; oft genug aber mitten durch die Wüste. Schriftgelehrte auf den Fersen, die ihm gern jedes ruhige Lager streitig machen würden. Und wenn er an kühle Wasserstellen kommt, dann schöpft er nicht selbst. Eine Frau kommt zum Brunnen, will schöpfen, da bietet er anderes Wasser an. Woher er das wohl nimmt?

Und am Abend des Tages hören ihn die Leute beten: Die Weiden sind saftig und grün. Hier lässt er mich ruhig lagern. Er leitet mich zu kühle Wasserstellen.


3 Dort erfrischt er meine Seele. Er führt mich richtig und gut durchs Leben. Dafür steht er mit seinem Namen ein.

Da geht einer durch das Land, der viele Namen hat: Menschensohn sagen manche, Messias und Christus andere, Rabbi, Lehrer, sagen einige, Immanuel – Gott mit uns – sagt ein Engel, Jesus sagen Maria und Joseph. Er selbst spricht lieber über den, der ihn gesandt hat: Abba, Vater, sagt er zu ihm. Der führt ihn durchs Leben, sagt er. Richtig – vielleicht; aber gut?

Und am Abend des Tages hören ihn die Leute beten: Abba, Vater, DU erfrischt meine Seele. DU führst mich richtig und gut durchs Leben. Dafür stehst DU mit DEINEM Namen ein.


4 Und muss ich durch ein Schattental, fürchte ich keine Gefahr.

Denn du bist an meiner Seite! Dein Stock und dein Stab schützen und trösten mich.


Da geht einer durch das Land, geradewegs auf das Schattental zu. Jerusalem heißt die Räuberhöhle, in der er sein Leben verlieren wird. Keine Gefahr? Von wegen!

Er der keine Sünde getan hat und in dessen Mund sich kein Betrug fand; der, als er geschmäht wurde, die Schmähung nicht erwiderte, nicht drohte, als er litt [...]“.

Mit Stöcken und Stäben werden sie ihn fangen und züchtigen. Bespuckt, verlacht und getreten, spuckt, lacht und tritt er nicht zurück. Er schweigt. Hält stand, aber widersteht nicht.

Am Abend des Tages hören ihn die Leute beten: Und muss ich auch durch dieses Schattental, fürchte ich keine Gefahr. Denn DU bist an meiner Seite! DEIN Stock und DEIN Stab schützen und trösten mich.


5 Du deckst für mich einen Tisch vor den Augen meiner Feinde.

Du behandelst mich wertschätzend wie einen König und füllst mir den Becher bis zum Rand.


Da hängt einer am Kreuz, vor den Augen aller Freunde und Feinde. Reich gedeckt ist der Tisch der Schergen, die um seine Kleider würfeln. Ein Essigschwamm soll seine Henkersmahlzeit sein. Er lehnt ab. Keine königliche Würde, nur ein Becher mit Wein und Myrrhe, voll bis zum Rand, um die Schmerzen zu ertragen. Er lehnt ab.

Und als die Finsternis die Erde bedeckt, hören die Leute ihn rufen: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen... bis ihn der eigene Atem verlässt.

Am Abend dieses Tages hören die Leute einen Hauptmann sagen: Dieser ist wahrlich Gottes Sohn gewesen. Vor den Augen seiner Feinde sagt er das und wertschätzt den Verstorbenen damit wie einen König.


Aber so geht der Psalm 23 nicht zu Ende. Das Gebet endet nicht am Tisch im Angesicht der Feinde. Es endet im Haus des Herrn.

Und als am Morgen die Frauen zum Grab kamen und es leer vorfanden, der erste Schrecken dieses Anblicks verflog und sie langsam glauben konnten, was da geschehen war, da hörten die Leute sie jeden Tag beten:


6 Nichts als Liebe und Güte begleiten mich alle Tage meines Lebens. Mein Platz ist im Haus des HERRN. Dorthin werde ich zurückkehren – mein ganzes Leben lang!


Dorthin, wo auch Jesus, der Christus, zurückkehrte und bleibt, in Ewigkeit, weil dort sein Platz ist.


Diesem "Hirten und Bischof der Seelen" will ich nachfolgen und glauben, dass der Psalm 23 recht hat - immer, auch wenn es nicht danach aussieht.

Ganz nach Jesu Vorbild.

Und...

Nichts als Liebe und Güte begleiten mich alle Tage meines Lebens. Mein Platz ist im Haus des HERRN. Dorthin werde ich zurückkehren – mein ganzes Leben lang!


Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.



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Markusevangelium, Kapitel 14, Verse 3-9


Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.


Predigttext: Markus 14, 3-9


3 Und als er in Betanien war im Hause Simons des Aussätzigen und saß zu Tisch, da kam eine Frau, die hatte ein Alabastergefäß mit unverfälschtem, kostbarem Nardenöl, und sie zerbrach das Gefäß und goss das Öl auf sein Haupt.

4 Da wurden einige unwillig und sprachen untereinander: Was soll diese Vergeudung des Salböls?

5 Man hätte dieses Öl für mehr als dreihundert Silbergroschen verkaufen können und das Geld den Armen geben. Und sie fuhren sie an.

6 Jesus aber sprach: Lasst sie! Was bekümmert ihr sie? Sie hat ein gutes Werk an mir getan.

7 Denn ihr habt allezeit Arme bei euch, und wenn ihr wollt, könnt ihr ihnen Gutes tun; mich aber habt ihr nicht allezeit.

8 Sie hat getan, was sie konnte; sie hat meinen Leib im Voraus gesalbt zu meinem Begräbnis.

9 Wahrlich, ich sage euch: Wo das Evangelium gepredigt wird in der ganzen Welt, da wird man auch das sagen zu ihrem Gedächtnis, was sie getan hat.



Der Herr segne an uns sein Wort. Amen.



Dreihundert Silbergroschen.

Da wird Judas vielleicht Augen gemacht haben,

der ja mit seinem Verrat an Jesus 30 Silberstücke einstrich.

Angeblich heute rund 10.000 Euro,

wollen Fachleute bei Welt.de ausgerechnet haben.


Im Gegenzug, 300 Silbergroschen?

Es handelt sich um die damals gängige, römische Währung, den Denar.

Ich will den Fachleuten des Boulevards in nichts nachstehen und habe herausgefunden:

Die Kaufkraft eines Denars soll um die Zeit Jesu bei ca. 20 Euro gelegen haben.

300 Silbergroschen, oder Denare, das wären dann heute etwa 6.000 Euro.

Gar nicht schlecht also.

Wäre Mark Uwe Klings Känguru hier,

würde es vielleicht vorrechnen:

6.000 Euro, das sind 12.000 D-Mark.

Das sind 24.000 Mark ost.

Das sind 120.000 Ostmark auf dem Schwarzmarkt.

Klingt nach einer Stange Geld.

Unverfälschtes, kostbares Nardenöl.


Es ist eine sehr alte Kostbarkeit.

Sie kommt im Dunstkreis des Königs Salomo vor.

In den erotischen Fantasien des Hohelieds in der Bibel

spielt es eine Rolle.

Es habe beruhigende, stärkende

und bewusstseinsfördernde Wirkung,

heißt es in der indischen Heilkunde.

Denn die Narde stammt aus dem Himalaya.


Nun ist sie in das Haus eines Kranken gelangt.

Simon der Aussätzige wird er genannt.

Eine Frau, vielleicht seine,

bewahrt das Öl in einem Haushaltsgefäß auf.

Schwer auszudenken,

wie es in einen Haushalt

wie diesen kommt.

Simon der Aussätzige wird sicher

zu den Bedürftigen gezählt haben.

Zu denen, um die es geht,

wenn die Freunde Jesu fauchen,

man hätte das Geld den Armen geben können.

Aber die Frau durchkreuzt die Pläne der Freunde

und zerbricht, worauf sie schielen.

Sie gießt das königliche Salböl

über dem Haupt eines Menschen aus,

der so gar nicht königlich daherkommt.

Und doch rufen Menschen ihm

auf der Straße zu,

Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn,

der König Israels!“

Das passt so wenig in das Haus

des Simon, den man den Aussätzigen nennt,

wie dieses kostbare Nardenöl.


Aber was passt schon in diesen Tagen.

Eine der reichsten Städte der Welt

versinkt in medizinischer Not.

Wegwerfgüter, die in rauen Mengen

vorhanden waren, sind rar.

Berufe, die manchmal nur

ein müdes Lächeln ernteten,

werden Systemrelevant.

Ich würde nicht soweit gehen,

zu behaupten, dass die Welt

ihre Maßstäbe verkehrt,

aber sie überrascht doch zumindest

im Moment sehr.


Und als das Öl über die Haare des Herrn fließt,

stelle ich mir vor,

dass die Frau es mit ihren Händen liebevoll nachstreicht.

Behutsam, wie eine Künstlerin, die mit jedem

Pinselstrich ihre eigenen, tiefen Hoffnungen

auf Leinwand bannt;

wie eine Pflegende, die am Krankenbett weiß,

dass sie dieses Leben nicht schützen kann,

aber dass sie es besser machen kann,

für diesen Moment;

wie ein Helfender, der sich selbst

auch Hilfe wünscht, dem aber die Worte fehlen

und nur Gesten bleiben.

Strähne um Strähne verteilt sie das Öl,

wie ein Mensch der diesen Augenblick

auskostet wie eine Ewigkeit,

weil es nur diesen Augenblick gibt.

Ihre Hände gleiten an den Haaren entlang,

und mit jeder ihrer Bewegungen

glänzt das Haupt Jesu mehr.


Es wäre doch gut,

wenn ich leben könnte

wie diese Frau,

als wüsste ich nicht, was es einbringt,

wenn ich tue, was ich tue.

Nur dass es gut ist.

Und ich tue es mit

liebevoller Hingabe,

behutsam, voller Hoffnung,

und doch nur für diesen Augenblick.


Manchmal weiß ich nicht, wie das Kleine,

das ich jetzt tue, später große Wirkung haben wird.

Manchmal kann ich erst im Nachhinein die Zeichen richtig deuten.


Wer weiß, ob sie wusste,

dass sie einen Lebenden salbt,

dessen Leichnam

aufgrund der Umstände seines Todes

nicht mehr gesalbt werden kann.

Wer weiß, ob sie schon hat hoffen können,

dass das Grab leer sein würde.

Aber sie tat, was sie tat.


Und wenn ich im Nachhinein die Zeichen deute,

dann passt sehr gut,

was auf den ersten Blick nicht so recht

passen wollte:

im Haus eines Menschen

am Rande der Gesellschaft,

manchmal einsam, sehr krank,

mit Glück ein Dach über dem Kopf,

jeder Tag eine Herausforderung -

es gibt viele solcher Menschen.

Dort kehrt Gott ein

und lässt sich nieder.

Und als mit etwas Mut

ein Gefäß zerbricht,

aus dem Hingabe und

Hoffnung fließen,

versiegt Streit

und Gott kann glänzen.


Deshalb habe ich in der Einladung zu diesem Gottesdienst

aus dem Lied Gerhard Schönes vorgelesen:


Spar nicht mit deinen guten Worten.
Wo man was totschweigt, schweige nicht.
Und wo nur leeres Stroh gedroschen,
Da hat dein gutes Wort Gewicht!

Spar deine Liebe nicht am Tage
Für paar Minuten in der Nacht.
Hol sie aus ihrer Dunkelkammer,
Dann zeigt sie ihre Blütenpracht.

Spar deinen Mut nicht auf für später,
Wenn du mal "was ganz Großes" bist.
Dein kleiner Mut hilft allen weiter,
Weil täglich Mut vonnöten ist.“


Das wird etwas kosten.

Kostbarer als unverfälschtes, kostbares Nardenöl.

Vielleicht keine 6.000 Euro

oder 24.000 Mark ost.

Das kommt auf ihren Stundenlohn an.

Denn was es kostet,

zählt zum kostbarstem, das wir haben:

Zeit.


Aber ich glaube, dann gäbe es

weniger Streit um das,

was sein könnte,

wie das bei den Freunden Jesu der Fall war.

Es gäbe mehr Freude über das,

was wir nicht allezeit haben können.

Diese Freude und die Augenblicke

würden bleiben.

In unseren Geschichten.

Ihren, Euren und meinen.

Wie die der Frau, deren Name

verklungen ist, aber nicht das was sie tat.

Wahrlich, ich sage euch:

Wo das Evangelium gepredigt wird in der ganzen Welt,

da wird man auch das sagen zu ihrem Gedächtnis,

was sie getan hat.

Oder was Sie getan haben.

Und ihr.

Und ich.


Und darüber könnte Ostern werden,

das Haupt des Herrn würde

in unserer Mitte glänzen,

als wäre es frisch gesalbt,

mit unverfälschtem, kostbarem Öl der Narde.

Königlich.

Während längst totgeglaubtes

zu neuem Leben erwacht.


Und der Friede Gottes, der größer ist als alles, was wir verstehen können, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.



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Hebräerbrief, Kapitel 13, Verse 12-14


Predigttext:


Hebräer 13, 12-14

12 Darum hat auch Jesus, damit er das Volk heilige durch sein eigenes Blut, gelitten draußen vor dem Tor.

13 So lasst uns nun zu ihm hinausgehen vor das Lager und seine Schmach tragen.

14 Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.




Ob der Autor des Hebräerbriefes den Schuss nicht gehört hat,

würde Marietta Slomka im Heute-Journal des ZDF vielleicht fragen.


So wenig wie möglich vor die Tür oder das Tor der Stadt gehen

und das eigene Lager verlassen

– darum geht es im Moment.

In dieser Corona-durchtränkten Zeit.


Ich stehe jetzt manchmal allein in unseren leeren Kirchen

und bin ein bisschen traurig.

Im Moment können wir uns hier nicht versammeln,

gerade jetzt in der Fastenzeit,

können die Heiligen nicht zusammenkommen,

um daran zu denken, wie Jesus draußen vor dem Tor litt.


Wie schade, denke ich.

Dann singe ich gern das eine oder andere Lied

für mich selbst in der leeren Kirche

und gehe wieder hinaus.


Manchmal fahre ich dann noch ein bisschen durch unsere Dörfer,

verteile einige Geburtstagsgrüße in die Briefkästen

und sehe mich ein wenig um.

Es ist wenig los.

Wie überall.


Ich treffe kaum jemanden.

Nur sehr selten.


Wie kürzlich.

Da war da diese Frau,

die sich sorgt – sehr sorgt

– um die Familie

und wie alles weiter geht.

Mit Tränen in den Augen

erzählt sie davon

und wie sehr sie in der

letzten Zeit mit ihrem Glauben

gehadert hat und zweifelte,

aber wie viel mehr er sie

jetzt trägt und ihr Kraft gibt.

Ich bin selbst ein bisschen

gerührt, wie ich ihr so zuhöre.


Ich denke: Ja,

darum hat auch Jesus gelitten

draußen vor dem Tor.

Für diese Zweifel.

Für meine Angst und Sorge.

Und für deine.


Trotzdem,

Hinausgehen ist gerade

keine gute Option.

Zuhause bleiben

ist die bessere.

Das muss ich dem Autor des

Hebräerbriefes immer noch

entgegen halten.


Und dann denke ich:

aber ein Dauerzustand

ist das auch nicht.

Darf es nicht sein.


Irgendwann,

da sollten wir uns

wiedersehen können.

Wieder Hände reichen.

Wieder Umarmen.

Nicht mehr nur sagen und zeigen,

im Internet oder auf Zetteln oder aus Fenstern,

dass wir zusammenstehen

und füreinander da sind,

sondern es auch wieder fühlen können.

Liebe zum Anfassen.

Die fehlt schon.


Und plötzlich höre ich noch einmal neu

und anders, was der Hebräerbrief sagt:

„Wir haben hier keine bleibende Stadt,

sondern die zukünftige suchen wir.“


Ja, so ist es.

Es geht jetzt darum,

Möglichkeiten zu suchen und zu finden,

wie ein Stück Normalität

zurückgewonnen werden kann,

ohne zu große Risiken

für die Gefährdeten

und das Gesundheitssystem einzugehen.

Ich bin zuversichtlich,

dass sich solche Möglichkeiten

finden werden.


Und dann wird der Tag kommen,

da werden wir sagen:

So lasst uns nun wieder hinausgehen,

vor das Lager.

Vor die Tür.

Auch vor das Tor der Stadt.


ABER...

lasst uns dabei bitte

nie vergessen,

dass wir,

als wir nicht draußen waren,

aus den Fenstern für Sanitäter applaudiert haben,

dass wir

in Supermärkten Danke gesagt haben,

dass wir

einander anriefen,

einfach nur, um zu hören, wie es

der anderen oder dem anderen geht,

dass wir

Lebensmittel an Bedürftige verschenkt haben,

dass wir

aus den Häusern auf die Straßen Lieder sangen,

und dass wir

gebetet haben,

um 12, um 5, um 6,

um Gott zu rufen, zu bitten und zu danken.


Wenn wir das nicht vergessen,

dann, wenn wir wieder hinausgehen,

dann würde mich diese Zukunft sehr

hoffnungsfroh stimmen.

Denn: auch darum hat Jesus

draußen vor dem Tor gelitten.

Wegen der Liebe zum Anfassen.

Das hätte ziemlich viel

mit Heiligkeit zu tun.

Amen.



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Römerbrief, Kapitel 5, Verse 1-7


Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.


Basis-Bibel: Röm 5, 1-7


1 Weil wir also aufgrund des Glaubens als gerecht gelten, haben wir Frieden,

der auch bei Gott gilt. Das verdanken wir unserem Herrn Jesus Christus.

2 Durch den Glauben hat er uns den Zugang zur Gnade Gottes ermöglicht.

Sie ist der Grund, auf dem wir stehen.

Und wir dürfen stolz sein auf die sichere Hoffnung,

zur Herrlichkeit Gottes zu gelangen.

3 Aber nicht nur das.

Wir dürfen auch auf das stolz sein,

was wir gegenwärtig erleiden müssen.

Denn wir wissen: Das Leid lehrt, standhaft zu bleiben.

4 Die Standhaftigkeit lehrt, sich zu bewähren.

Die Bewährung lehrt zu hoffen.

5 Aber die Hoffnung macht uns nicht zum Gespött.

Denn Gott hat seine Liebe in unsere Herzen hineingegossen.

Das ist durch den Heiligen Geist geschehen,

den Gott uns geschenkt hat.

6 Christus ist für uns gestorben,

als wir noch schwach waren.

Das heißt: Er starb für Menschen,

die zu diesem Zeitpunkt noch gottlos waren!

7 Dabei wird sich schon kaum jemand finden,

der für einen gerechten Menschen stirbt.

Wenn überhaupt,

dann ist höchstens jemand bereit,

sein Leben für einen Menschen herzugeben,

der Gutes tut.


Herr, unser Gott, segne an uns dein Wort. Amen.


Das Leid lehrt, standhaft zu bleiben.

Die Standhaftigkeit lehrt, sich zu bewähren.

Die Bewährung lehrt, zu hoffen.

Sagt Paulus.

Das Lied lehrt...

vieles.

Ohnmacht, wenn ich nur zusehen kann,

wie andere leiden.

Ohnmacht, wenn ich an anderen leide.

Es lehrt, was Schmerz ist,

mitten im Leiden.

Es lehrt weinen und trauern und

flehen, um Erbarmen.

Es lehrt bitten und betteln und

zerbrechen.

Wie gut, dass ich so wenig leiden muss.

Selten ist es mir so gegangen,

wie Paulus sagt,

dass ich stolz sein kann auf das,

was ich erleiden muss,

da ich doch weiß,

dass Leiden lehrt, standhaft zu bleiben.

Die Standhaftigkeit lehrt, sich zu bewähren.

Die Bewährung lehrt, zu hoffen.


Die Standhaftigkeit lehrt...

gar nicht so viel.

Nur dass ich standhaft bleiben kann

oder nicht.

Wie geht es Ihnen mit Ihren

guten Vorsätzen für das Jahr?

Mit ihren Vorsätzen in der Fastenzeit?

Mit 7 Wochen ohne...

was auch immer.

Vielleicht ja ohne Pessimismus,

wie es die Fastenaktion der

Evangelischen Kirche in diesem Jahr vorschlägt.

Weil ich selbst nicht so der Pessimist bin,

verzichte ich auf Alkohol.

Aber als in der Kirchenvorstandssitzung

am Mittwoch auf mein einjähriges

Jubiläum im Pfarramt angestoßen wurde,

da war es nicht weit her mit meiner

Standhaftigkeit.

Immerhin habe ich noch kurz gesagt,

dass ich ja eigentlich faste.

Dann war der Schluck Sekt auch schon getrunken.

Wäre doch eigentlich schön,

wenn mich die Standhaftigkeit

lehren könnte,

dass ich mich bewähren kann,

auch im Leid,

aber vor allem dann,

wenn mir das, in dem ich mich bewähren will,

gar nicht so viel Leid zufügt,

wie eben der Verzicht auf Alkohol für ein paar Wochen,

da ich doch weiß,

dass Standhaftigkeit lehrt, sich zu bewähren.

Und die Bewährung lehrt, zu hoffen.


Aber wenn ich nun weder leide,

noch besonders standhaft bin,

werde ich dann lernen, zu hoffen?


Ich will doch so gern hoffen:

für euch, wie ihr hier in diesem Gottesdienst seid,

dass ihr bewahrt seid und bleibt an Leib und Seele.

Für mich, dass mir das Lachen vor Freude übergeht

und nicht im Halse stecken bleibt.

Für die, die in Hanau trauern,

dass sie Trost finden und Zukunft sehen.

Für die, die Angst haben und diese Angst mit

Gewalt gegen Unschuldige wenden,

dass sie Mut finden und Zuversicht.

Für die, die an Grenzen mit Gummigeschossen

und Rauchgranaten zurückgedrängt werden,

oder auf dem Wasser um ihr Überleben kämpfen,

oder auf griechischen Inseln in unwürdigen

Umständen hausen müssen,

dass sie Barmherzigkeit erfahren.

Ich will doch so gern hoffen.

Ihr ja vielleicht auch!?


Paulus schreibt einen Brief an die Christen in Rom.

Daraus haben wir den Predigttext gehört.

Ihnen stehen die schlimmsten Bedrängnisse noch bevor.

Dann ging es ihnen an den Kragen.

Vielleicht wie den Christen in Syrien,

als der sogenannte Islamische Staat

sein Unwesen trieb.

Viele dieser Christen,

die um ihr blankes Leben fürchten mussten,

stehen heute an unseren Grenzen in Griechenland.


Uns schreibt Paulus diesen Brief eigentlich nicht.

Mir, dem Glücklichen,

auf der richtigen Seite aller Grenzen geborenen,

mir gilt es eigentlich nicht,

wenn Paulus schreibt:

Das Leid lehrt, standhaft zu bleiben.

Die Standhaftigkeit lehrt, sich zu bewähren.

Die Bewährung lehrt, zu hoffen.


Denn ich habe nichts auszustehen.

Ich darf einfach so hoffen.

Ich will es zumindest versuchen.

Vielleicht gilt mir daher

zumindest dieser erste Satz,

mit dem Paulus beginnt:


1 Weil wir also aufgrund des Glaubens als gerecht gelten,

haben wir Frieden, der auch bei Gott gilt.

Das verdanken wir unserem Herrn Jesus Christus.


Frieden bei und mit Gott.

Damit fängt alles an

und damit hört alles auf.

Darin kann ich mich bewähren.

Vielleicht so:

Die Liebe lehrt, standhaft zu bleiben.

Standhaftigkeit lehrt, sich zu bewähren.

Die Bewährung lehrt, zu hoffen.

Dann lehrt Liebe hoffen.

Und auch wenn ich nicht leide,

kann ich es doch lernen:

Das Hoffen.

Wenn ich Liebe:

euch, wie ihr hier in diesem Gottesdienst seid.

Mich, so wie ich bin.

Die, die in Hanau trauern.

Die, die Angst haben, damit sie diese Angst

nicht mit Gewalt gegen Unschuldige wenden.

Die, die an Grenzen mit Gummigeschossen

und Rauchgranaten zurückgedrängt werden,

oder auf dem Wasser um ihr Überleben kämpfen,

oder auf griechischen Inseln in unwürdigen

Umständen hausen müssen.

Diese Liebe wird mir einiges an

Standhaftigkeit abverlangen,

so dass ich mich bewähren muss,

um das Hoffen zu lernen.


Alles beginnt und endet mit dem

Frieden mit Gott.


Frieden mit Gott und ich lerne Frieden mit mir selbst.

Frieden mit mir selbst und ich lerne Frieden zwischen Menschen.

Und so wird vielleicht Frieden im Haus.

Frieden in den Städten.

Frieden im Land.

Frieden zwischen Völkern.

Frieden in der Welt.


Darauf will ich hoffen.

Und ich wünsche mir,

dass die Liebe mich diese Hoffnung lehrt.


Es beginnt und endet mit dem

Frieden mit Gott.


Dazu ermutige uns die Liebe Gottes, damit der Friede Gottes, der höher ist als alles, was wir verstehen können, mit uns ist und bei uns allen bleibe. Amen.



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Epheserbrief, Kapitel 3, Verse 1-7


Predigt zum Gottesdienst am Epiphaniastag, 
den 6. Januar 2020, 
mit Wiederholung des Krippenspiels.

Gnade sei mit euch, und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Predigttext: Epheserbrief, Kapitel 3 (1-7 in Auswahl)
3 Durch Offenbarung ist mir das Geheimnis kundgemacht worden,
5 Dies war in früheren Zeiten den Menschenkindern nicht kundgemacht, wie es jetzt offenbart ist seinen heiligen Aposteln und Propheten durch den Geist;
6 nämlich dass die Heiden Miterben sind und mit zu seinem Leib gehören und Mitgenossen der Verheißung in Christus Jesus sind durch das Evangelium,
7 dessen Diener ich geworden bin durch die Gabe der Gnade Gottes, die mir nach seiner mächtigen Kraft gegeben wurde.



Es war ein Geheimnis.
Geheimnisvoll.
Undurchsichtig.
Nur wenigen bekannt.
Aber auch für diejenigen,
die davon wussten,
nicht zu verstehen.
Ein Geheimnis eben.

Und ihnen ging ein Licht auf.
Den Weisen.
In fernen Ländern.
Alle von weit her.
Vielleicht sogar aus allen
damals bekannten Teilen dieser Welt.
Kam der reiche Melchior aus Europa nach Bethlehem?
Der medizinkundige Caspar aus Afrika?
Der Priester Balthasar aus Ost-Asien?
Kannten sie sich?
Trafen sie sich erst bei Herodes?
Oder am Stall?
Wer weiß.
Legenden gibt es viele,
die sich um den Stern ranken.
Das Licht.
Es bleibt ein Geheimnis.
Aber sicher ist:
Ihnen ging ein Licht auf.
Den Weisen.
Und sie machten sich auf den Weg.
Eine weite Reise in das Land der Verheißung,
von der sie wussten,
und sie hofften, dass diese Verheißung
vielleicht auch ihnen gelten könnte.
Den Weisen aus fernen Ländern.
Die dort, in Israel, auch in Bethlehem,
nur Heiden genannt wurden.
Und...
10 Da sie den Stern sahen, wurden sie hocherfreut 11 und gingen in das Haus und sahen das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten es an und taten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe.
(Matthäusevangelium, Kapitel 2)

Was da geschehen ist?

Geheimnisvoll.
Undurchsichtig.
Nur denen bekannt,
die dabei waren.
Aber auch für diejenigen,
nicht zu verstehen.
Ein Geheimnis.

Kann es sein, dass sie,
als sie wieder gingen,
die Weisen,
über die Tür des Hauses schrieben:
AD * C+M+B + 0
Anno Domini, Capsar und Melchior und Balthasar, 0.
Capar, Melchior und Balthasar waren hier, im Jahre des Herrn 0?
Kann das sein?
Auch ein Geheimnis?

Auf jeden Fall aber,
ging ihm ein Licht auf.
Ihm, Matthäus.
Dem Schreiber.
Möglicherweise aus dem heutigen Syrien.
Mitglied einer noch jungen Gemeinde.
Einer Gemeinde mit wenigen Juden,
aber vielen sogenannten Heiden.
Sie wissen von Jesus.
Sie glauben. Auch Matthäus.
Die Besonderheit der Geburt Jesu ist ihm bekannt.
Er kennt auch die Verheißung.
Und er hofft,
dass diese Verheißung vielleicht auch
seinen Geschwistern gelten könnte:
den Heiden aus dem Nachbarland der Verheißung.
Der Gemeinde in Syrien.
Bei seiner Recherche leuchtet eine Erzählung
hell wie ein Stern.
Drei weise Männer sollen aus fernen Landen
schon zur Geburt des Herrn erschienen sein.
Am Erscheinungstag. Epiphanias.
Und ihm geht ein Licht auf.

Noch Geheimnisvoll.
Noch Undurchsichtig.
Immer noch nur wenigen bekannt.
Auch für ihn,
der davon wusste,
noch nicht ganz zu verstehen.
Ein Geheimnis.

Drei Heiden am Ort der Geburt des Herrn.
Ein Fingerzeig?
Grund zur Hoffnung
auch für die Heiden?

Kann es sein, dass Matthäus,
als er die Geschichte der Weisen
in sein Evangelium aufnahm,
voller Freude darüber,
über die Tür des Hauses
der Gemeinde in Syrien schrieb:
AD * C+M+B + 80
Caspar, Melchior und Balthasar
sie stehen auch für euch,
meine Geschwister, im Jahre des Herrn 80?
Kann das sein?

Auf jeden Fall aber,
ging ihm ein Licht auf.
Ihm, dem Paulusschüler.
Dem Autor des Briefes an die Epheser.
Das Geheimnis wurde offenbar.
Offenbar, wie es nie zuvor offenbar war.
Er versteht, was noch nicht zu verstehen war.

Die Weisen wurden hocherfreut,
als sie den Stern sahen.
Geheimnisvoll.
Matthäus' Hoffnung wallte auf,
als er von den Weisen hörte.
Noch undurchsichtig.
Aber Paulus weiß nun,
und seine Schüler mit ihm,
was die vorherigen noch nicht wussten:
6 nämlich dass die Heiden Miterben sind und mit zu seinem Leib gehören und Mitgenossen der Verheißung in Christus Jesus sind durch das Evangelium,

Es war ein Geheimnis.
Jetzt ist es das nicht mehr.
Durchsichtig ist,
was undurchsichtig war.
Nur wenigen bekannt.
Aber jetzt von allen gewusst,
auch wenn es dennoch
nicht ganz zu verstehen ist.

Gott kommt in diese Welt,
für alle Menschen.
Für Kleine und Große,
Arme und Reiche,
Hohe und Tiefe,
Nahe und Ferne,

für Eltern und Kinder
und Hirten und Weise
und Wirte und Steuereintreiber.
Für alle.
----------

Kann es sein,
dass,
als die Weisen den Stall verließen,
sich einer der drei umdrehte,
ein Stück Kalkstein nahm,
und über die Tür schrieb:
C+M+B
Nicht die Initialen der Weisen.
Nicht Caspar, Melchior und Balthasar.
Nein.
Latein.
Christus mansionem benedicat.
Christus, der Gesalbte, hat dieses Haus gesegnet.

Weil es ein Geheimnis war.
Weil es kein Geheimnis mehr ist.
„Die Finsternis vergeht
und das wahre Licht scheint schon.“
(1. Joh 2,8b)
Wie der Stern über dem Stall.
Und es möchte scheinen,
in allen Häusern
und allen Menschen
und allen Herzen.
Auch in deinem.

Uns ist ein Licht aufgegangen.
Auch dir.

Und der Friede Gottes, der höher ist als wir verstehen können, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.


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Markusevangelium, Kaiptel 9, Vers 24


Predigt zum Neujahrstag 2020 
beim Festgottesdienst zur Vereinigung der Kirchgemeinde 
Hainichen-Bockendorf-Langenstriegis

Jahreslosung: "Ich glaube, hilf meinem Unglauben!" (Markusevangelium 9, 24)

Wochenspruch: "Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit." (Hebräerbrief 13, 8)


Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.


Schrödingers Katze.
Die kennen Sie vielleicht.
Erwin Schrödingers Katze ist tot und gleichzeitig lebendig.
Paradox.
Aber so ist es.
Weil niemand sagen kann,
ob sie nur eines von beidem ist,
solange nicht nachgeschaut wurde.
Es ist ein Gedankenexperiment.
Die Katze ist in einer Kiste.
Die Kiste ist zu.
Mit der Katze in der Kiste ist Giftgas,
das durch einen bestimmten Mechanismus ausgelöst wird.
Sobald die Katze nun in der Kiste eingeschlossen ist,
beginnt der Mechanismus zu arbeiten
und irgendwann wird das Gas austreten.
Irgendwann, wird die Katze tot sein.
Aber ein Restzweifel bleibt.
In dem Moment, wo das Experiment beginnt,
ist die Katze gleichzeitig
tot und lebendig.
Ist sie nun tot oder doch noch am Leben?
Ein Restzweifel bleibt.
Beides ist möglich.
Bis jemand die Kiste öffnen wird,
besteht an beidem Zweifel.
Die Katze ist beides.

Bei den Vorbereitungen des Gottesdienstes,
dachten wir kurz darüber nach,
ob wir Friedrich in eine Torte packen,
aus der er dann gesprungen kommt.
Irgendwann im Gottesdienst,
als Stellvertreter des heutigen Bräutigams quasi.
Oder der Braut, wie auch immer.
Wir haben uns dagegen entschieden.
Aber auch da:
solange die Torte unberührt ist,
bleibt ein Restzweifel:
ist er drin, oder nicht,
der Friedrich in der Torte?

Wenn ich das Kommende vor Augen habe,
wenn etwas neues beginnt,
am Anfang von Neuanfängen,
da schleicht er immer mit umher:
der Zweifel.
Und wenn auch nur der leise.
Der Restzweifel.
Der bleibt.

Vergewisserung könnte helfen.
Wie wenn sich zwei trauen,
und sich das Ja Wort geben,
und dann ein Leben miteinander verbringen wollen,
dann reicht das eine Ja nicht,
dann müssen wir uns gegenseitig vergewissern:
Ich liebe dich. Immer noch.
Liebst du mich, immer noch?
Ich muss dich fragen.
Du musst es mir sagen,
wie es dir mit uns geht.
Weil du wie eine Kiste bist,
in die ich nicht hineinschauen kann.
Weil unsere Zukunft nicht einsehbar ist.
Es kann hier enden oder weitergehen,
oder anders werden.
Alles gleichzeitig.
In diesem Moment,
bis du sagst:
Ich liebe dich.
Hoffentlich.
Wir müssen beide wollen,
auch wenn ich vielleicht nicht sicher sein kann.

Wenn ich das Kommende vor Augen habe,
wenn etwas neues beginnt,
am Anfang von Neuanfängen,
da schleicht er immer mit umher:
der Zweifel.
Und wenn auch nur der leise.
Der Restzweifel.
Der bleibt.

Wie bei einem Vater mit seinem kranken Sohn.
Er hat ihn zu Jesus gebracht.
Der soll helfen können.
Sagt man.
Aber kann er auch?
„Wenn du etwas kannst“,
sagt der Vater zu Jesus.
„Wenn du kannst“,
erwidert Jesus.
„Alle Dinge sind möglich, dem der glaubt.“
Da ist kein Restzweifel bei Jesus.
„Alle Dinge sind möglich, dem der glaubt.“
Und ich fühle, wie der Vater zittert,
schmerzen in der Seele,
wie der Sohn am ganzen Leib,
als müsste er das und noch vieles mehr
herausschreien,
mehr hat er nicht zu geben:
Glauben ja, aber ein Restzweifel bleibt,
denn die Krankheit meines Sohnes
währt schon so lange,
sie ist so hartnäckig
und keiner konnte ihr bisher etwas entgegensetzen.
„Ich glaube, hilf meinem Unglauben!“
ruft der Vater.
Das lässt sich Jesus nicht zweimal sagen.
Es ist, als träte er in die Lücke hinein,
in den Graben des Zweifels,
in den Spalt des Restzweifels,
tritt Jesus und beendet das Beben,
die Krankheit, die mich hin und her reißt,
das, was mich manchmal noch zu Fall bringt,
stumm, wie der Junge, aber mächtig,
wie die Gewalten von Feuer und Wasser.
„Ich glaube, hilf meinem Unglauben!“
ruft der Vater.
Wie bei Petrus auf dem See,
als der Zweifel kam, mit dem Sturm und den Wellen,
„Herr, hilf mir!“,
rief der ertrinkende Petrus,
gelähmt von seiner Angst,
und die Hand Jesu
schnellte hervor und ergriff ihn
und zeitgleich musste sich Petrus die Frage gefallen lassen:
„Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?“
Tja, warum?
Weil ein Restzweifel bleibt.
Weil ich nicht in die Kiste schauen kann,
um zu wissen, wie es Schrödingers Katze geht.
Weil ich nicht genau wissen kann, was kommt,
wenn etwas neues beginnt.
Weil ich zwar glaube,
aber nicht weiß.

Ich glaube,
dass Gott ein anderes Wort für
Immerda ist,
dass viele zusammen und auch einzelne
wie Engel sein können,
dass der Himmel genau hier beginnt,
dass Zitroneneis manchmal auch eine Lösung ist,
dass hundert Zweifel heiliger sind,
als ein Schulterzucken,
ich glaube,
hilf meinem Unglauben!

Wie Paulus,
der nicht wissen konnte,
was aus der guten Nachricht wird,
die er in alle Welt trug.
Wie Dietrich Bonhoeffer,
der nicht wissen konnte,
was das neue Jahr bringt
und ob er es überhaupt noch erleben würde,
und der dennoch schreibt:
von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag,
Gott ist mit uns,
am Abend und am Morgen und ganz gewiss,
an jedem neuen Tag.
Ganz gewiss.
Ich glaube,
hilf meinem Unglauben!

Und ein Kind wird geheilt,
von einer schweren Krankheit.
Petrus gelangt aus dem Wasser
in das sichere Boot zurück;
der Sturm legt sich.
Und die gute Nachricht von Jesus
geht seit Paulus um die ganze Welt.
Und ein Gebet Dietrich Bonhoeffers,
das seiner Familie damals Mut machen sollte,
ermutigt seither Generationen:
Gott ist mit uns,
am Abend und am Morgen und ganz gewiss,
an jedem neuen Tag.
Ganz gewiss.
Und dennoch bleibt ein Restzweifel.
Weil ich nicht in die Kiste schauen kann,
um nachzusehen, wie es der Katze geht.

Ich weiß nicht,
was dieses neue Jahr bringen wird;
ich weiß nicht,
was die neuen Strukturen für unsere Gemeinden bedeuten;
ich weiß nicht,
ob wir als vereinigte Kirchgemeinden
immer gut miteinander auskommen werden,
ob es nicht auch hohe Emotionen geben wird,
wie das nunmal ist, wenn sich Menschen zusammentun,
um miteinander zu leben;

Aber ich glaube,
dass Gott ein anderes Wort für
Immerda ist;
dass viele zusammen und einzelne
wie Engel sein können;
dass der Himmel genau hier beginnt;
dass wir manchmal auch ein
Zitroneneis miteinander brauchen werden;
dass hundert Zweifel heiliger sind
als ein Schulterzucken;
ich glaube,
hilf meinem Unglauben.

Und dort tritt Jesus hinein.
Mitten in den Restzweifel,
stellt er sich und steht fest.
Es ist, als träte er in die Lücke hinein,
in den Graben des Zweifels,
in den Spalt des Restzweifels,
tritt Jesus und beendet das Beben,
die Krankheit, die mich hin und her reißt,
das, was mich manchmal noch zu Fall bringt,
stumm, wie der Junge, aber mächtig,
wie die Gewalten von Feuer und Wasser.
Und die Hand Jesu schnellt hervor,
ergreift mich,
der Sturm wird still,
das Wasser auch.
Nur das Feuer in mir,
das lodert heiß.
Das ist mein Glaube.
Für alles andere,
auch für den Restzweifel,
der umherschleicht,
gibt es Vergewisserung,
wie ein „Ich liebe dich.“
zugehaucht in der Abendsonne:
Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit.

Ich glaube,
dass uns das tragen wird,
egal was kommt,
in diesem Jahr,
in den Jahren nach der Vereinigung
unserer Gemeinden,
auf allen Wegen,
die wir jeder für sich oder gemeinsam gehen.
Egal, was andere sagen:
Schrödingers Katze,
die lebt.
Und gegen den Restzweifel,
ist es gut,
wenn ich sagen kann:
Ich glaube, hilf meinem Unglauben!


Und der Friede Gottes, der höher ist, als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.



Predigtlied:
EG 262, 1.5-7 ("Sonne der Gerechtigkeit")


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Römerbrief, Kapitel 12, Verse 17-21


Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.


Predigttext


17 Vergeltet niemandem Böses mit Bösem. Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann.

18 Ist's möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden.

19 Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben (5.Mose 32,35): »Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.«

20 Vielmehr, »wenn deinen Feind hungert, so gib ihm zu essen; dürstet ihn, so gib ihm zu trinken. Wenn du das tust, so wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln« (Sprüche 25,21-22).

21 Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.


Herr, schenke uns ein Herz für dein Wort und ein Wort für unser Herz. Amen.




Vor zwölf Jahren, damals mitten im Studium,

habe ich zum ersten Mal über diesen Text gepredigt.

Es war meine erste bewertete Predigt.

Sie handelte von einem nicht ganz so bekannten

Märchen der Gebrüder Grimm:

vom blauen Licht...


Das hier (blaue Kerze hochhalten) ist ein blaues Licht.

Es leuchtet wenig, aber es leuchtet – und zwar blau.

Ich erzähle Ihnen, was es mit diesem blauen Licht auf sich hat:

Ein königlicher Soldat, im Krieg verwundet,

vom König nicht weiter bezahlt und weggeschickt,

wohnt bei einer alten Hexe im Wald und arbeitet für sie.

Nach drei Tagen trägt sie ihm auf,

aus einem ausgetrockneten Brunnen

ihr blaues Licht zu holen,

das ihr dort hineingefallen ist.

Der Soldat steigt hinunter, in den Brunnen,

und holt das blaue Licht.

Als die Hexe ihn langsam wieder heraufzieht,

verlangt sie, dass er ihr das blaue Licht gebe,

noch eher er oben ist.

Er merkt, dass sie nicht vorzuhaben scheint,

ihn wieder aus dem Brunnen zu ziehen

und verweigert ihr das blaue Licht.

Da lässt sie ihn in den Brunnen zurückfallen und geht.

So sitzt er nun im Matsch, das blaue Licht in der Hand.

In seiner Manteltasche findet er noch

eine halbgestopfte Pfeife

und entzündet sie mit dem blauen Licht.

Als er so im Pfeifendunst sitzend über sein Ende nachdenkt,

steht plötzlich ein kleines Männlein neben ihm und spricht:

Herr, was soll ich für euch tun? Ich tue alles was ihr wollt.“

Da geht dem Soldaten vieles durch den Sinn.

Also befiehlt er dem Männlein,

dass es ihn aus dem Brunnen herausholen

und die Hexe bestrafen soll.

Das Männlein tut, wie ihm befohlen wurde.

Nun gehören dem Soldaten alle Schätze,

die die Hexe angesammelt hatte.

Doch nicht genug.

Der Soldat hat es darauf abgesehen,

es dem König heimzuzahlen,

der ihn ohne Lohn und Brot davongeschickt hatte.

Er lässt das Männlein jede Nacht

die Königstochter rauben,

macht sie jede Nacht zu seiner Magd

und behandelt sie übel.

Bis der König es letztlich herausfindet.

Die Getreuen des Königs nehmen den Soldaten gefangen

und kerkern ihn ein.

Bald darauf wird er zum Galgen geführt.

Dort bittet er den König,

noch eine letzte Pfeife rauchen zu dürfen

und entzündet sie mit dem blauen Licht.

Das Männlein erscheint

und der Soldat befiehlt,

die Getreuen des Königs niederzuschlagen.

Das Männlein tut es.

Als der König vor dem Soldaten niederkniet,

gehört dem Soldaten das ganze Reich des Königs

und die Königstochter noch dazu.


Soweit die Geschichte des blauen Lichtes.

So habe ich sie vor zwölf Jahren schon erzählt.

Und dann habe ich gefragt:


Wünschten Sie sich manchmal auch ein solches Männlein?

Manchmal wäre es schon nicht schlecht,

wenn es jemanden gäbe,

der sich um all das kümmert,

was mir zu unrecht widerfahren ist.

Einer, der Vergeltung übt.

Einer, der das, was mir geschehen ist zurückzahlt.

Einer, der mir sogar zu Geld und zu Geltung verhilft.


Schließlich wurde der Soldat ja um seine Ehre gebracht.

Und um seinen Lohn noch obendrein.

Er hatte dem König treu gedient

und als er verwundet war,

schickte ihn der König einfach weg.

Er hatte der Hexe geholfen

und sie will ihn zum Dank dafür

im Brunnen verenden lassen.

Also ist es das gute Recht des Soldaten,

denen, die ihm seine Treue mit Undank vergolten haben,

ihren Undank heimzuzahlen.


Wissen sie, was mich an der Geschichte des blauen Lichtes stört?

Es ist das blaue Licht.

Seine kalte Farbe.

Die Wärme, sie fehlt.

Wärme und Nähe sind aber etwas,

was mich als Mensch bestimmt.

Wärme und Nähe gehören zu meinen Beziehungen.

Und ich brauche Beziehungen –

ich brauche Mitmenschen, denen ich mich mitteilen kann.

Wärme wird schließlich nicht nur physisch erfahrbar,

indem sich zwei Menschen räumlich nahe sind,

sondern Wärme erfahre ich auch durch gute Worte,

die mir das Herz erwärmen.

Der Soldat im Märchen war allein.

Er dachte nur daran sich zu rächen –

es allen heimzuzahlen –

bekam die Gelegenheit und packte sie beim Schopfe.

Die Hexe, der das blaue Licht vorher gehörte,

war auch allein

und sie handelte nicht anders als der Soldat.


Kälte – das symbolisiert dieses blaue Licht für mich.

Ich denke an mich, bin auf meinen Vorteil bedacht

und werde kalt gegenüber anderen.

Das erzählt das Märchen mir.


Vor zwölf Jahren habe ich dann,

im zweiten Teil der Predigt,

versucht zu beschreiben,

wie sich mein Zorn,

der so oft zwischen uns Menschen

blau aufleuchtet und Kälte verbreitet,

vom Zorn Gottes unterscheiden könnte.

Denn das ist es ja, was Paulus sagt:

19 Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben (5.Mose 32,35): »Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.«


Wie damals, in dieser alten Predigt,

frage ich mich heute noch:

Was ist Zorn Gottes?

Wissen Sie's?

Ich weiß es nicht.

Aber ich kann es mir ausmalen.

Heute soll die Predigt anders enden,

als noch vor 12 Jahren.

Ich will versuchen,

das Märchen zu verändern.

Was wäre, wenn es nicht das Märchen

vom blauen Licht,

sondern vom Zorn Gottes wäre?


So sitzt er nun im Matsch, der Soldat.

Das blaue Licht in der Hand.

Er lässt es los.

Es leuchtet kalt in dieser Enge.

Als er so im Brunnen sitzend

über sein Ende nachdenkt,

blickt er hinauf,

aus dem Brunnen in den Himmel,

die Sonne strahlt hell und warm

durch den Schacht.

Sie kitzelt ihm auf der Nase.

Wie er blinzelnd nach oben sieht,

erahnt er eine Gestalt am

Brunnenrand.

Hallo, wer ist da?“ ruft er.

Ein Seil fällt herab und hängt.

Die Gestalt ist weg.

Er klettert hinauf.

Niemand ist zu sehen.

Neben dem Brunnen lodert

ein kleines Feuer.

Ein Busch brennt,

doch er verbrennt nicht.

Der Busch steht in Flammen,

doch die Flammen verzehren ihn nicht.

Der Soldat nähert sich, zaghaft.

In seiner Manteltasche findet er noch

eine halbgestopfte Pfeife.

Er holt sie heraus,

setzt sich neben den brennenden Busch

und zündet seine Pfeife daran an.

Wie er im Pfeifendunst sitzt

und sinnt,

beginnt der Busch zu sprechen:

21 Lass dich nicht vom Bösen überwinden,

sondern überwinde das Böse mit Gutem.“

sagt die Stimme aus dem brennenden Busch.

Dann erlischt das Feuer.

Der Busch steht grün und glänzend,

in der Sonne.

Feuer das nicht verzehrt

und trotzdem wärmt“

denkt der Soldat.

Er sieht noch einmal in den Brunnen:

unten sieht er noch den matten Schein

des blauen Lichtes.

Das hatte er in der Eile,

das Seil zu ergreifen

und aus dem Brunnen zu steigen,

ganz vergessen.

Er kehrt dem Brunnen den Rücken

und geht davon.

In einem kleinen Dorf macht er halt.

Bei einem Bauern heuert er an.

Der Bauer hat ein schöne Tochter.

Den Rest können Sie sich denken.

Sie wird ihm lieber als

alle Königstöchter dieser Welt.

Und sie, sie hätte ihn für keinen

König und keinen Prinzen hergegeben.

Was für ein Glück.

Als der Soldat und die Bauerntochter

eine Weile miteinander gelebt hatten,

erzählt er ihr seine Geschichte.

Vom Verdruss beim König und bei der Hexe,

vom Brunnen und vom brennenden Busch.

Da muss die Bauerntochter schmunzeln.

Sie weiß schon, wem er da begegnet war,

damals, in diesem brennenden Busch,

der nicht verbrannte.

Da bäckt sie einen Kuchen,

nimmt den Soldaten bei der Hand,

und geht mit ihm zum Haus der Hexe,

nicht weit vom Brunnen.

Die Bauerntochter klopft an das Haus,

gibt dem Soldaten den Kuchen in die Hand

und tritt einen Schritt zurück.

Als die Hexe den Soldaten

auf ihrer Schwelle erkennt, erschrickt sie.

Als er ihr den Kuchen reicht und sagt:

Ich verzeihe dir, was du mir angetan hast.“

fällt die Hexe tot um.

Nun gehören dem Soldaten und seiner Frau

alle Schätze, die die Hexe angesammelt hatte.

Und es war mehr als genug.

Sie bauen sich ein fürstliches Haus,

dort, wo das Haus der Hexe stand,

kaufen das Land, bis hin zum Dorf

und werden gute Herren für die Menschen

ihres kleinen Landes.

Da kommt der Soldat wieder an den Brunnen.

Er sieht hinein, um zu sehen,

ob das blaue Licht noch leuchtet.

Doch er kann nichts entdecken.

Der Brunnen ist voll frischen, klaren Wassers.

Nicht mehr vertrocknet, wie vorher.

Das blaue Licht ist aus.

(Licht löschen)


Da geschah es, dass eine Hungersnot

über das Königreich hereinkam.

Überall werden Lebensmittel knapp,

nur nicht im Land des Soldaten und seiner Frau.

Sie haben gut vorgesorgt und genug gelagert,

um viele Menschen lange ernähren zu können.

Es dauert nicht lange,

dass die Kutsche des Königs,

der inzwischen sehr alt geworden war,

vor dem Haus seines ehemaligen Soldaten hält.

Als der König den Soldaten erkennt,

fällt ihm der junge, verwundete Soldat wieder ein,

den er ohne jeden Lohn und Brot

davon geschickt hatte.

Die Scham steigt dem König rot ins Gesicht.

Wie feurige Kohlen brennen seine

Wangen und Schläfen.

So beschämt, wagt er kaum,

dem Soldaten in die Augen zu sehen.

Leise, mit gesenktem Kopf,

sagt er: „Verzeiht!“

Da legt der Soldat dem König

die Hand auf die Schulter und spricht:

Ja, das habe ich.

Kommt herein, lasst uns essen und trinken

und fröhlich sein

und planen, wie wir euren Ländern helfen können.“

Und sie gehen hinein,

essen und trinken,

und sind fröhlich,

wie es die Länder des Soldaten und des Königs

wurden, weil die Hungersnot vorüber war.


So stelle ich mir Zorn Gottes vor.

Nicht zornig.

Aber trotzdem heiß lodernd

und warm.

Eine Wärme, die Menschen zusammenbringt

und nicht trennt.

Kein blaues Licht.

Gut, sie können trotzdem sagen:

Das ist ein schönes Märchen.

Aber mehr auch nicht.“

Das mag sein,“

will ich Ihnen antworten,

aber jedes Märchen hat einen wahren Kern.“


17 Vergeltet niemandem Böses mit Bösem. Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann. 18 Ist's möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden.


Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Amen.



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Lukasevangelium, Kapitel 18, Verse 31-43


Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.


Was ist da los?

Könnte jemand fragen.

Gestern und heute.

Was ist da los?


Wenn Menschen bluten und leiden und sterben

und aufstehen, wegen und gegen Gewalt und Hass.

Wenn andere hinaufziehen in die Stadt

und nicht erkennen, was geschieht.


Es hat sich wenig geändert.

Er, Jesus, hat es seinen Freunden erklärt.

Sie, die Freunde, erkannten es nicht.

Verstanden es nicht.

Konnten nicht sehen, was kommen würde.

Sie, die Freunde, waren blind,

für die Zukunft.

Wie einer, der am Wegesrand sitzt

und nichts sieht.

Menschen gehen vorüber.

Tag ein, Tag aus. Alltag.


Heute noch.


Manches wiederholt sich.

Manches hoffentlich nie wieder.


In der kommenden Woche beginnt

wieder die Zeit der Vorbereitung auf Ostern.

Die Fastenzeit.

Christen weltweit erinnern sich

an den Weg Jesu mit seinen Freunden

hinauf nach Jerusalem.

Und an den Weg Jesu, den er ohne seine

Freunde gehen musste.

Weil sie es noch nicht verstanden;

weil sie es noch nicht verstehen konnten;

weil ihm dabei niemand helfen konnte.


Gut, dass sich diese Zeit jedes Jahr wiederholt.

Gut, dass sie mich erinnert,

dass Gott in dieser Welt gelitten hat,

ehe er mit Macht das Leiden besiegte.

Manche verstehen es nicht.

Wie die Freunde Jesu,

denen er es erklärte:

Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem,

und es wird alles vollendet werden,

was geschrieben ist durch die Propheten von dem Menschensohn.

Von mir. Über mich.

Aber sie erkannten es nicht.


Was ist da los?

Könnten die Freunde sich gefragt haben.

Gestern.

Was kommt da auf uns zu?


Lukas, der Jesus-Biograph,

berichtet diese Episode,

bevor Jesus und die Freunde

durch Jericho kommen.

Jericho, die Blume,

mitten in der Wüste.

Mit der einzigen Quelle

weit und breit.

Leben,

dort, wo sonst kein Leben wäre.

Ein Sinnbild.

Wo rundherum alles stirbt

und vergeht,

steht hier alles auf

gegen die Unerbittlichkeit

des Todes.


Was ist da los?

Könnte sich der Mann gefragt haben,

der am Wegrand saß.

Damals.

Der am Wegrand,

der hier keinen Namen hat.

Nur irgendjemand,

am Wegrand,

wie du und ich.

Menschen gehen vorüber.

Tag ein, Tag aus. Alltag.


Heute aber lauter als sonst.

Menschen rennen durcheinander,

aneinander vorbei,

als hätte sie etwas aufgescheucht.


Die Geschichten um Jesus,

verbreiteten sich in den

letzten drei Jahren wie ein Lauffeuer

im ganzen Land.

Auch durch die Wüste,

bis zur Wüstenblume Jericho.

Leute laufen durcheinander

und aneinander vorbei,

um einen Blick zu erhaschen,

um zu sehen, was es auf sich hat,

mit diesem Menschen,

von dem jeder etwas zu erzählen weiß,

um zu sehen,

vielleicht auch zu verstehen,

weshalb sie ihn Meister nennen,

und Messias und Sohn Gottes,

den, der sich selbst lieber

Menschensohn nennt.


Was ist da los?

Könnte sich der Mann am Wegrand,

der keinen Namen hat, gefragt haben.

Damals und heute.

Niemand beachtet ihn.

Wer weiß also,

was er sich gefragt hat.


Ich stelle mir vor,

wie der Tross der Bewunderung

durch die Stadt Jericho zog.

Jesus, der Kern der Sache,

umgeben von der Traube seiner Freunde,

die vielleicht nicht verstanden,

was da mit und bei ihnen geschieht,

sich aber doch sicher waren,

dass es etwas Großes sein musste;

und drumherum eine Wolke

hungriger, gieriger Menschen:

lebenshungrig,

zukunftshungrig,

vergangenheitssatt,

gegenwartsübertrüssig.


Was kümmert da einer,

der namenlos,

wie jedermann,

wie du und ich,

am Wegrand sitzt.


Aber der ruft. Laut.

Einmal.

Dann herrscht man ihn an,

dass er still sein soll.

Und er ruft,

ein zweites Mal,

ruft um sein Leben.

Jesus, du Sohn Davids, erbarme dich meiner!“


Jesus kennt keine Ränder.

Auch die Unbekannten bleiben es nicht.

Jedermann gehört dazu.

Wie du und ich.

Gestern und heute.

Jesus blieb stehen

und ließ ihn zu sich kommen.

Den Blinden,

der so ist wie du und ich.


Eindrücklich,

dass Jesus nicht einfach

das offensichtliche tut.

Sondern fragt:

Was willst du, dass ich dir tun soll?“

Und der blinde Jedermann

vom Wegesrand,

er spricht aus,

was allen umher auf der Zunge liegt,

aber niemand zu bitten gewagt hatte,

die zukunftshungrigen nicht,

und die Freunde nicht,

die nicht verstanden,

die nicht erkannten.

Und der Blinde spricht:

Herr, dass ich sehen kann.“

Wie du siehst, füge ich hinzu.


Und das geschah.

Jetzt, da der Blinde sehen kann,

erkennt er...

und es dauert keinen Augenblick,

dass er ihm folgt,

ihm, Jesus, dem Sohn Davids,

dem Menschensohn.

Ein Sinnbild.


Für vieles.

Gestern und heute.

Und wenn es nur

eine Frage und eine Antwort ist,

die dieses Sinnbild mir

mit auf den Weg geben will.

Das wäre schon viel.

Was willst du, dass ich dir tun soll?“

Was ist es, das du brauchst?

Was will ich vom Leben?

Herr, dass ich sehen kann.“

Wie du siehst, Herr.

Wie du siehst, Mensch.

Wie du und du und du.

Damit ich dich sehe,

wenn ich dich ansehe.

Damit ich verstehe:

Was ist da los!?

Damit ich erkenne:

Dich.

Und die Zukunft.


Es würde weniger Täter

mit Waffen in den Händen

und weniger Opfer geben.

Weniger Menschen am Rand.

Weniger Blinde.

Das glaube ich.

Wir würden dem Menschensohn

nachfolgen

und könnten zusehen,

wie das Leben den Tod besiegt.

Immer wieder.

Wie eine Blume in der Wüste,

gepflanzt an einer ewigen Quelle.

(Wie das Leben, das aus der Taufe wachsen soll.)


Bis es aber soweit ist,

muss ich mich erinnern:

an den Blinden,

der sehen wollte,

als alle anderen noch nicht erkannten;

an den Menschensohn,

der hinaufzog nach Jerusalem,

um einen Aufstand gegen

das Leid und das Sterben anzuzetteln;

muss ich mich an die Vergangenheit erinnern,

an diese und all die anderen Vergangenheiten,

damit sie sich nicht wiederholen.


(Wie wunderbar, wenn ich dabei jemanden an meiner Seite weiß,

der zu uns, wie zu Mats spricht: „Denn ich bin der Herr, dein Gott,

der deine rechte Hand fasst

und zu dir spricht: Fürchte dich nicht, ich helfe dir!“)


Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.



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 Die Pfaffenlupe - Politisch. Schächsisch. Gut. Episode 22 - Gott Episode 21 - Kirche Episode 20 - Jahreslosung 2023 Alle Folgen gibt's hier: >>> PFAFFENLUPE <<< Die Playlist zum Podcast: Die "Loop-List zur Pfaffenlupe" Das sind Lieder, die wir in den Folgen empfehlen oder passend finden. Hört gern mal rein oder abboniert die Playlist bei Spotify.

Impuls für Sonntag - 15.11.2020

   Impuls für Sonntag - 15.11.2020 Die Tagesimpulse aus dem Striegistal sind zurück! Sie möchten den Impuls hören? Kein Problem! Das geht mit dem nachstehenden Player oder per Telefon:  0345/483412478   (Geben Sie die Nummer gern weiter!) Durch Orte getrennt, im Glauben vereint. Losung und Lehrtext  für Sonntag,  den 15.11.2020  Losung Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der HERR von dir fordert: nichts als Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott. Micha 6,8 Lehrtext Jage nach der Gerechtigkeit, dem Glauben, der Liebe, dem Frieden mit allen, die den Herrn anrufen aus reinem Herzen. 2.Timotheus 2,22 Impuls für den Tag Höher – schneller - weiter! So manchem stockt der Atem, wie rasant sich Welt und Leben in den letzten Jahren entwickelt haben. Ob Wissenschaft oder Technik, Konsum oder Medizin: Fast alles scheint uns Menschen möglich geworden zu sein. Und dies prägt üppig unseren Lebensstandard: Volle Einkaufscenter, grenzenloses Reisen, geniale Techni