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Predigten 2023

Die Predigten des Jahres 2023


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2023

Predigt am 22. Sonntag nach Trinitatis - 05.11.2023

Predigttext: 1. Johannesbrief, Kapitel 2, Verse 12-14



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Predigt am Drittletzten Sonntag des Kirchenjahres - 12.11.2023

Predigttext: Römerbrief, Kapitel 8, Verse 18-25


Mit dem nachstehenden Player können Sie die Predigt direkt anhören.



Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen.


Röm 8, 18-25 (BasisBibel)

Die ganze Schöpfung wartet auf ihre Befreiung

18 Ich bin überzeugt: Das Leid, das wir gegenwärtig erleben, steht in keinem Verhältnis zu der Herrlichkeit, die uns erwartet. Gott wird sie an uns offenbar machen.
19 Die ganze Schöpfung wartet doch sehnsüchtig darauf, dass Gott die Herrlichkeit seiner Kinder offenbart.
20 Denn die Schöpfung ist der Vergänglichkeit unterworfen – allerdings nicht durch eigene Schuld. Vielmehr hat Gott es so bestimmt. Damit ist aber eine Hoffnung verbunden:
21 Denn auch die Schöpfung wird befreit werden aus der Sklaverei der Vergänglichkeit. Sie wird ebenfalls zu der Freiheit kommen, die Gottes Kinder in der Herrlichkeit erwartet.
22 Wir wissen ja: Die ganze Schöpfung seufzt und stöhnt vor Schmerz wie in Geburtswehen – bis heute.
23 Und nicht nur sie: Uns geht es genauso! Wir haben zwar schon als Vorschuss den Geist Gottes empfangen. Trotzdem seufzen und stöhnen auch wir noch in unserem Innern. Denn wir warten ebenso darauf, dass Gott uns endgültig als seine Kinder annimmt. Dabei wird er auch unseren Leib von der Vergänglichkeit erlösen.
24 Denn wir sind zwar gerettet, aber noch ist alles erst Hoffnung. Und eine Hoffnung, die wir schon erfüllt sehen, ist keine Hoffnung mehr. Wer hofft schließlich auf das, was er schon vor sich sieht?
25 Wir aber hoffen auf etwas, das wir noch nicht sehen. Darum müssen wir geduldig warten.

Der Herr segne an uns sein Wort. Amen.


Vergänglichkeit! Du scheußliches Gerippe /

vor dem noch jeder schaudernd sich entsetzt /

du hast mir alle mitleidslos gemetzt /

von ihrem Mordblut träufelt deine Hippe.

Nun schafft mir nur noch Graus /

mein Leib / dies Erdenhaus.

Hau zu! Zermatsch auch mich /

ich bin bereit – Vergänglichkeit!“


Das schrieb der Dichter

Arno Holz 1904.

Alles ist ihr unterworfen.

Der garstigen Vergänglichkeit.

Nichts entkommt, das lebt.

Die ganze Schöpfung nicht.

Das wird am eignen Leib

besonders spür- und sichtbar.

Nur Kinder können noch nicht kennen,

wie Ältere sich fürchten,

wenn sie in den Spiegel blicken

und neues Runzeln und Ergrauen

im Spiegelbild zu Tage tritt.

Noch mehr Vergehen ist nur dort,

wo etwas sich ins Leben mischt,

das sich gewaltig überhebt,

es heißt Gewalt und Krieg und Mord.


Schwarze Milch der Frühe

wir trinken sie abends

wir trinken sie mittags und morgens

wir trinken sie nachts

wir trinken und trinken […]“

Schrieb Paul Celan um 1944.


Und wohl ist der Tod

immer noch ein Meister

aus Deutschland,

wie es in der Todesfuge

Celans wieder und wieder heißt;

das darf gewiss und nimmer nicht

auch nur ein einzelner vergessen;

und doch hat er wohl Schüler:innen,

dieser Meister;

und solche, die keinen Meister brauchen,

die Terror über Luft und Boden breiten.


Das sind die Gezeiten,

die um Menschen wogen.

Mal verheerend, mal nur heimlich,

kommt und geht das Leben,

hat alles seine Zeit – dazwischen:

die Vergänglichkeit.


Doch längst ist nicht mehr nur

der Mensch des Menschen Wolf,

reicht es nicht mehr,

dass wir uns gemeinsam

vor der Zeit

auf des Todes Sichel stellen,

sondern reißen Menschen

emsig ein und aus und um,

und alle Schöpfung stöhnt.

Die ganze Schöpfung seufzt und stöhnt

vor Schmerz wie in Geburtswehen –

bis heute.

Schreibt Paulus.

Und es ist überall.

Das Seufzen und Stöhnen.

In den Tunneln unter Gaza

und den Krankenhäusern darüber sowieso;

in den Städten Israels

und an der Klagemauer immer schon;

in den Gräben der Ukraine

und bei den russischen Müttern auch;

Es erklingt unter deutschen Brücken

in kälter werdenden Tagen

und in der Hitze der jemenitischen Wüste,

unter Kopftüchern im Iran,

in den christlichen Gemeinden Pakistans,

zwischen Uiguren in China

und bei alleinreisenden, jungen Frauen in

Mittel- und Südamerika;

es ist hinter Türen und unter Dächern

in Familien und zwischen Freunden,

das Seufzen und Stöhnen.

Es ist überall.

Vor der Küste Australiens.

In der Salzwüste Boliviens.

An den Gebieten des Amazonas

und immer dann, wenn die Sahara

wieder hundert Meter Land gewinnt.

Es ist unhörbar unter Wasser,

wenn die letzten Pottwale

ihre einsamen Lieder singen

und Eisbären sie beim Tauchen belauschen;

wenn das Mittelmeer 25 Grad

beste Badetemperatur erreicht;

und wenn sich eine Biologin fragt,

wie eine ölverschmierte Möve

in einer Plastiktüte

in den Magen dieses

elendig verendeten Geparden

gelangte, den sie eben seziert.


Und kein Krieg ist nur ein Fliegenschiss,

schon gar nicht der mechanischste der Kriege,

und niemand kann es auch nur wagen

zu sagen, dass diese rasende Veränderung der Welt

nicht auch von Menschen mitgemacht,

sogar verursacht ist.

Und alle Schöpfung seufzt und stöhnt.


Ja, Paulus hat ganz sicher recht,

wenn er den Römern schreibt,

dass diese Schöpfung

nicht aus eig’ner Schuld

all den Vergänglichkeiten

unterworfen ist.

Das sei wohl ferne.

Aber es lässt sich auch nicht leugnen,

dass mitten in der Schöpfung

zugleich wohl jede Menge Schuldige

versammelt sind.


Nun, eine Hoffnung sei damit verbunden,

mit all dem Seufzen, Stöhnen und Vergehen,

sagt Paulus.

Doch bin ich mir nicht sicher,

was er damit wohl meinen will.


Vielleicht meint er so:

Auf dem Schreibtisch in meinem Büro,

liegt seit einer Weile schon ein Buch.

Ich hab’ es vor der Elternzeit gebraucht,

um etwas nachzuschlagen,

seitdem liegt es dort, am Rand,

auf dem kleinen Stapel solcher Bücher,

die ich bereits benutzt

oder noch gebrauchen will.

Es liegt ganz oben auf.

Darauf – steht zu lesen:

Der Tod ist eine Tür“.

Ob es das ist, was Paulus meint,

wenn er von Hoffnung redet?

Will er mir sagen:

Ich muss auch einmal durch

diese Todestür

und dann, dahinter und danach,

wird endlich alles gut?

Herrlichkeit und Freiheit,

diese Sachen.

Ist es nur das?

Dann ist es wenig,

billig, denk’ ich mir.

Denn was hat diese Welt davon,

wenn die Hoffnung dem Vergehen

immerzu nur folgt?

Es braucht sie doch im Hier und Jetzt,

die Hoffnung,

mitten in den Schmerzen,

den großen und den kleinen;

auf den Feldern der verbrannten Erde,

wie in der gelb-verschmutzten Luft,

in Krankheit und in Hunger,

bei Diebstahl und Betrug,

mittendrin in der Misere

braucht es eine Hoffnung.

Nicht erst nur danach.

Danach ist gut.

Und hoffentlich auch wahr und

wunderbar.

Und doch: danach ist nicht genug.


Sie muss hier sein.

Die Hoffnung.

Sie muss heute Kraft haben

für morgen,

nicht erst für übermorgen.

Paulus hat ja Recht:

eine Hoffnung, die wir schon erfüllt sehen,

ist keine Hoffnung mehr.

Wer hofft schließlich auf das,

was er schon vor sich sieht?

Das stimmt.

Hoffnung ist für morgen.

Aber sie muss heute Kraft schöpfen,

sonst gibt es sie morgen nicht mehr.


Nur noch die Stimmen,

die es so schon gibt,

die sagen:

Alles wird eh immer schlimmer.

Erst der Anfang ist das,

sagen sie.

Und diese Welt,

sie geht zugrunde.

Und dazu die,

die ihre Antwort schon gefunden haben:

die schlechte Politik von hier,

die Flüchtenden von dort.

Fertige Antwort

für unfertige Wahrheiten

in einer schwarz-weißen Welt,

die keine Farben und Zwischentöne kennt

und auch keine Hoffnung.


Aber es braucht Hoffnung,

heute, für morgen,

nicht es für übermorgen,

damit es auch morgen

noch ein Morgen gibt.


[Pause]


Gestern waren wir als Familie

in meiner alten Heimat

und haben mit den Großeltern

für unsere Tochter einen

Apfelbaum gepflanzt.


Menschen aus gestern und heute

für Menschen von morgen.

Damit Blühen und Ernten

nicht enden.


Das hat doch mit Hoffnung zu tun,

denke ich mir,

auch wenn Luther das vielleicht

nie so oder ähnlich gesagt haben mag.


Und dann blicke ich

in die blauen Augen

unserer noch so kleinen Tochter,

und sehe wie sie lacht

und weiß,

dass ich will,

dass dieses Lachen noch

viele Male in dieser Welt

erstrahlt,

und wünsche,

dass es noch manche Herzen

so beschenkt wie meins;

auch dann, wenn ich selbst

schon durch die Tür getreten bin,

nach ewighin,

wo alle Hoffnung dann

erfüllt sein kann.


Ich bin überzeugt: Das Leid,

das wir gegenwärtig erleben,

steht in keinem Verhältnis

zu der Herrlichkeit,

die uns erwartet.

Schreibt Paulus.

Und ich glaube ihm.

Nicht erst für übermorgen.

Sondern schon für morgen.


Ich glaube,

dass alle die, die Bäume pflanzen,

die sich am Flug der Schmetterlinge freuen,

die im Fallen der Blätter an Herbstbäumen

die Farbenpracht und Würde bewundern,

meinetwegen auch die,

die mit Kartoffelbrei

von Panzerglas geschützte Kunst bewerfen;

dass die, die Sonne und Regen sehen

und dahinter Liebe glauben können,

weil sie einen Gott erhoffen,

der größer ist als all die

tiefen Tiefen und hohen Höhen,

der aus Schmerz und Krisen herausführt,

schon morgen,

nicht erst übermorgen;

und die dann noch übermorgen

ein Ende sehen wollen,

das nicht das Ende ist;

ich glaube,

dass alle die, eben diese Hoffnung tragen,

die es braucht,

damit die Welt Menschen hat,

die solche Geduld aufbringen,

solche Geduld, die nötig ist,

um irgendwann morgen

die Freiheit und die Herrlichkeit

zu sehen und zu erleben,

von der Paulus spricht.

Damit die Menschen von morgen

heute sehen werden können,

was wir Gestrigen uns noch erhofften.

Immer mehr davon zumindest,

schon morgen,

nicht erst übermorgen.

Denn wenn niemand mehr hofft,

wer wird denn dann die Apfelbäumchen pflanzen,

die es braucht, damit auch zwischen dir und mir

ein Blühen Früchte trägt?


Um Gottes Willen kann

und will ich hoffen.

Schon für morgen.

Und für übermorgen noch dazu.

Und du?


Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne, in Christus Jesus. Amen.


Predigtlied: EG 450, 3-5 (Morgenglanz der Ewigkeit)


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Predigt am 22. Sonntag nach Trinitatis - 05.11.2023

Predigttext: 1. Johannesbrief, Kapitel 2, Verse 12-14


Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater

und dem Herrn Jesus Christus. Amen.


12 Liebe Kinder, ich schreibe euch, dass euch die Sünden vergeben sind um seines Namens willen.

13 Ich schreibe euch Vätern; denn ihr habt den erkannt, der von Anfang an ist.

Ich schreibe euch jungen Männern; denn ihr habt den Bösen überwunden.

14 Ich habe euch Kindern geschrieben; denn ihr habt den Vater erkannt.

Ich habe euch Vätern geschrieben; denn ihr habt den erkannt, der von Anfang an ist.

Ich habe euch jungen Männern geschrieben; denn ihr seid stark, und das Wort Gottes bleibt in euch, und ihr habt den Bösen überwunden.


Möge dieses Wort heute auch ein Wort des Herrn für uns, unser Wesen und unser Leben sein. Das gebe Gott. Amen.



Dem Himmel entgegenwachsen.

Wie geht das?


Hilde ist noch ganz klein.

Im vergangenen Jahr haben wir sie getauft.

Sie weiß noch nichts

von Gut und Böse.

Ihr Tage sind voller Staunen.

Über die großen Geschwister

und was es alles von ihnen

zu lernen gibt;

über das Spiel des Sonnenlichts

im Fenster;

über die sanften Bewegungen

des Mobile.

Alles Staunen.

Alles neu.

Alles groß

und wunderbar.

Und am Abend liegen

segnende Hände

auf ihrem Kopf,

und ein Kindergebet

erhebt sich vom Bettrand

hinauf bis in den Himmel,

noch nicht ihre Worte,

vielleicht noch nicht ihr Glaube,

aber Worte ihrer Eltern,

und guter Menschen dazu,

und deren Glaube,

wie ein Mantel,

in den sie sich jetzt schon

einhüllen kann:

deine Sünden sind dir vergeben,

so viel ist gewiss.

12 Liebe Kinder, ich schreibe euch, dass euch die Sünden vergeben sind um seines Namens willen.

Schreibt Johannes.

Und durch den Spalt in der Tür

dringt das warme Licht des Flurs

wie ein gutes Zeichen

aus einer anderen Welt:

einer wacht […]

der lässt keinen einsam sein,

weder Tag noch Nacht.“


Dem Himmel entgegenwachsen.

Wie geht das?


Jonas steckt mitten in der Pubertät.

Bewegte Zeiten.

Die Veränderungen in ihm

und an ihm kosten viel Kraft.

Und das Verstehen der Welt auch.

Mit jedem Tag scheint sie komplexer

und komplizierter zu werden,

diese Welt – vor allem,

wenn dann noch Sexualität

und erste große Lieben

dazukommen.

Schwer, da Schritt zu halten,

mit zu halten.

Zwischen Konfistunde

und elternfreier Zone

im eigenen Zimmer

kommen und gehen

gute Freunde und arge Feinde;

und mit ihnen manche Kämpfe,

um Eigenständigkeit

und gegen Urteile anderer

und überhaupt, die Ungerechtigkeit

der Welt.

Auch mit dem Glauben

bleiben da die Kämpfe nicht aus.

Mal ist er vielleicht sogar schon Schild,

war er es mir zumindest,

ist er es Jonas vielleicht auch,

gegen Angriffe anderer;

aber dann wieder ist er selbst

Angriffsfläche, der Glaube,

weil Gebete nicht erhört und

Hoffnung enttäuscht wurden;

weil Gott angeblich im Stillen

und Leisen und Unscheinbaren

zu finden sein soll,

aber Jonas ihn lieber mächtig

und groß und kräftig und gewaltig

vorfinden würde.

Also gibt es Zeiten,

in denen Jonas seinen Glauben

gern in die Ecke schmeißen würde,

in Stücke hauen

und beiseite kehren.

Doch wenn es gut kommt,

bleibt etwas davon da.

Auch wenn es nur Scherben sind.

Etwas, das die bösen Anfechtungen

herausfordernder Tage und Zeiten

übersteht und bleibt.

Etwas, das später vielleicht

wieder zusammenpassen wird.

Ich schreibe euch jungen Männern; denn ihr habt den Bösen überwunden.

Schreibt Johannes.


Dem Himmel entgegenwachsen.

Wie geht das?


Eleonore hat ihre besten Jahre hinter sich,

sagt sie manchmal.

Sie hat auf jeden Fall

schon einiges gesehen und erlebt.

Die Kinder sind groß geworden

und haben nun selbst mit den Enkeln

und ihren eigenen Leben zu tun.

Heinz musste schon gehen.

Viel zu früh, sagt sie manchmal.

Sie hat ihn sehr geliebt,

ihren Heinz.

Aber sie weiß,

dass er jetzt bei Gott ist.

Und wenn es soweit ist,

wird sie auch dort sein

und sie werden sich wiedersehen,

das glaubt sie,

hofft sie;

daraus schöpft sie Kraft.

13 Ich schreibe euch Vätern; denn ihr habt den erkannt, der von Anfang an ist.

Schreibt Johannes.

Und der, der am Anfang war,

der muss doch auch am Ende sein,

selbst wenn er zwischendrin

nur manchmal, in den leisen

Zwischentönen, oder

im Rückblick zu erkennen war,

glaubt Eleonore.

Und wenn sie zwischen

den Arztbesuchen und den

Enkeldiensten manchmal

etwas Zeit findet,

dann passt sie auf die kleine Hilde auf,

die so unbeschreiblich süß

mit ihren stahlblauen Augen

am Mobile staunt;

dann nimmt sie ihr die

Kinderbibel mit

und ließt ihr daraus vor.

Damit sie auch ein Stück

von der Hoffnung mitnehmen kann,

die Eleonore trägt.


Bis vor kurzem

ist ihr Enkel Jonas manchmal

mitgekommen;

und dann hat sie, wenn sie

aus der Kinderbibel vorlas,

gehofft, dass beide davon

etwas mitnehmen können -

die kleine Hilde

und ihr Jonas.


14 Ich habe euch Kindern geschrieben; denn ihr habt den Vater erkannt.

Ich habe euch Vätern geschrieben; denn ihr habt den erkannt, der von Anfang an ist.

Ich habe euch jungen Männern geschrieben; denn ihr seid stark,

und das Wort Gottes bleibt in euch, und ihr habt den Bösen überwunden.


Johannes schreibt an Kinder

und Väter und junge Männer,

darüber kann man sich echauffieren,

aber das war nunmal seine Zeit.

Er meint die Mädchen und die Frauen

auch, da bin ich sicher.


Und er meint vor allem

diese Lebensalter,

diese Geschichten des Glaubens.


Denn der Glaube ist voller Geschichten.

Geschichten von denen,

die vor mir waren,

die mit mir sind

und von denen,

die nach mir kommen.

Und manchmal bleiben

von den Wahrheiten,

die Kinder mitnehmen,

um junge Menschen zu werden,

nur Scherben übrig,

wenn die Zeiten kommen,

in denen alle Wahrheiten

und Gewissheiten erst einmal

hinterfragt werden müssen.

Und vielleicht entdecke ich später,

dass manche Scherben zusammenpassen,

dass sich Bruchkanten neu

und anders zusammensetzen lassen

und etwas neues und anderes entsteht,

das trotzdem leuchtet -

vielleicht wie ein Spalt in der Tür

mit warmem Licht aus dem Flur,

fast wie ein gutes Zeichen,

ein Gruß aus einer anderen Welt:

einer wacht […]

der lässt keinen einsam sein,

weder Tag noch Nacht.“


Vielleicht wie diese Kerze hier.

Am Karfreitag habe ich in Engelsdorf,

im Gottesdienst, bei der Predigt

eine Tasse zerschlagen.

Weil da Hoffnungen zu Bruch

gegangen sind.

Weil am Karfreitag

alles in Scherben lag.

Und dann bat mich Frau B.,

die Scherben mitnehmen zu dürfen.

Und einige Zeit darauf,

brachte sie mir diese Kerze vorbei.

Da ist aus den Scherben von Karfreitag

etwas Neues entstanden,

etwas neues, das leuchtet.

Anders als das vorherige,

aber trotzdem schön

und mit einem warmen Licht,

das auch in dunklen Zeiten leuchtet.

Ein wunderschönes Bild,

finde ich,

für das, was mit und an

den Freunden Jesu in den

Ostertagen geschehen ist.


Vielleicht auch ein schönes Bild

dafür, wie sich Glauben verändert,

mit den Lebensaltern und den Jahren.

Und es werden immer neue

Geschichten daraus.

Geschichten, die davon erzählen wollen,

dass Kinder diese Welt

frei von Schuld betreten;

und junge Menschen ihre Fehler

und Erfahrungen machen,

nach denen es ihnen vielleicht

gelingen kann auch das Böse

immer besser zu überwinden,

wenn die Alten ihnen ein Licht

anzünden, das von der Ewigkeit her

scheint und hilft -

Sünden zu vergeben,

Abgründe zu überbrücken,

und neu anzufangen,

damit die Gräuel dieser Welt

endlich abnehmen,

die Kinder schon

und junge Menschen auch

und Alte noch

gegeneinander aufbringen;

die kein Licht kennen,

sondern in

Dunkelheit und Kälte leben,

mindestens im Herzen

und immer noch

selbst in den hell und heiß

lodernden Flammen des Krieges.

Das wollen diese Geschichten

vergessen helfen

und vergehen lassen.

Und sie können

auch aus Scherben

etwas schaffen,

das leuchtet;

und das selbst die Brüche

verbindet und mit

Goldstaub bedeckt.

Solche Geschichten

möchte ich auch schreiben.

Denn ich glaube,

so wachsen Menschen

dem Himmel entgegen.

Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.


Pred.lied: EGE 29 „Wo Menschen sich vergessen“


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Predigt am 9. Sonntag nach Trinitatis - 06.08.2023

Predigttext: 1. Buch der Könige, Kapitel 3, Verse 5-15


Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.


Predigttext: 1. Buch der Könige, Kapitel 3, Verse 5-15 [BasisBibel]


5 In Gibeon erschien der Herr Salomo nachts im Traum. Gott sagte ihm: »Was immer du bittest, will ich dir geben.«

6 Salomo antwortete: »Deinem Knecht, meinem Vater David, hast du immer viel Gutes getan. Denn er war treu und gerecht, und sein Herz war stets auf dich gerichtet. Er hat sein ganzes Leben nach dir ausgerichtet, und du hast ihm die Treue gehalten. Du hast ihm einen Sohn gegeben, der heute auf seinem Thron sitzt.

7 Ja, so ist es jetzt, Herr, mein Gott! Du selbst hast deinen Knecht zum König gemacht anstelle von meinem Vater David. Dabei bin ich doch noch ein junger Mann und weiß nicht aus noch ein.

8 Als dein Knecht stehe ich mitten in deinem Volk, das du erwählt hast. Es ist ein großes Volk, so groß, dass es weder geschätzt noch gezählt werden kann.

9 Gib mir, deinem Knecht, ein hörendes Herz. Nur so kann ich dein Volk richten und zwischen Gut und Böse unterscheiden. Wie sonst könnte man Recht schaffen in deinem Volk, das doch so bedeutend ist?«

10 Es gefiel dem Herrn gut,dass Salomo genau darum gebeten hatte.

11 Gott sagte ihm: »Du hast weder um ein langes Leben gebeten noch um Reichtum oder den Tod deiner Feinde. Stattdessen hast du um Einsicht gebeten, um auf mich zu hören. Nur so kannst du gerechte Urteile fällen.

12 Darum werde ich deine Bitte erfüllen: Hiermit gebe ich dir ein weises und verständiges Herz. So wie du ist niemand vor dir gewesen, und nach dir wird es keinen geben wie dich.

13 Ich gebe dir sogar etwas, worum du nicht gebeten hast: Reichtum und Ehre. Kein anderer König wird sich mit dir vergleichen können, solange du lebst.

14 Ich werde dir ein langes Leben schenken. Richte dein ganzes Leben nach mir aus, wie dein Vater David es getan hat. Befolge also meine Gesetze und Gebote!«

15 Da erwachte Salomo und merkte: Er hatte geträumt. Er ging nach Jerusalem zurück, trat vor die Bundeslade des Herrn und brachte Brandopfer und Schlachtopfer dar. Danach veranstaltete er ein Festmahl und lud dazu alle seine Beamten ein.


Herr, unser Gott, schenke uns ein Herz für dein Wort und ein Wort für unser Herz. Amen.


I) Weder aus noch ein


Er weiß nicht aus noch ein.

Viktor bei Saporischja.

Da, wo noch Bomben hörbar sind.

Sie weiß weder ein noch aus.

Hiltrud, dort in Großröhrsdorf,

vor den schwarzen Mauern

der abgebrannten Kirche.

Sie wissen nicht aus noch ein.

Wie der junge König Salomo.

Manche von euch vielleicht auch?

Das neue Heizungsgesetz.

Die steigende Preise.

Die Familienkrise.

Die Krankheit.

Es gibt viele Gründe,

weder ein noch aus zu wissen.

Manchmal vielleicht,

weil ich merke, dass ich

der Aufgabe nicht gewachsen bin.

Wie der junge Salomo.

König über viele.

Aber ohne Erfahrung.

Noch viel zu jung.

Und dann plötzlich:

Es ist wie im Traum,

viel zu schön, um wahr zu sein,

denn plötzlich hast du

einen Wunsch frei.

Nur einen.

Du weißt weder aus noch ein.

Jetzt hast du einen Wunsch frei.

Nur einen einzigen.

Was würdet ihr euch wünschen?


II) „Der Laden“


Gerhard Schöne

hat über so einen Traum

ein Lied geschrieben.

Über einen Wünschetraum

sozusagen.

Nicht ganz gleich,

aber mindestens ähnlich.

Es heißt: „Der Laden“.

Und es geht so:

War es Traum oder wirklich

als ich in dieser Stadt

Irgendwo in Gedanken

einen Laden betrat?
Hinterm Tisch dieser Händler
Wirkte irgendwie fremd.
Verbarg mühsam zwei Flügel

unterm lichtweißen Hemd.
Das Regal war bis unter die Decke
v
oll mit Tüten und Schachteln gestellt.
Doch im Dämmerlicht konnt ich nicht sehen,
Was die eine um die andre enthält.
Nun, ich fragte den Händler:
"Was verkaufen Sie hier?"
"Alles was Sie sich wünschen,

alles gibt es bei mir.
Das, wonach Sie sich sehnen,
w
as Sie froh machen kann,
w
as Sie schon nicht mehr hofften,

alles biete ich an."
Oh, wie hab ich mich da vor dem Händler
m
it dem Wünscheaufsagen beeilt:
"Sie, ich möchte das Schweigen der Waffen
Und die Brötchen viel besser verteilt.
Mehr Verstand in die Köpfe,
a
us den Augen die Gier,
Eltern Zeit für die Kinder,
Achtung vor jedem Tier.
Helle Zimmer für alle,
Arbeit je nach Talent."
Als ich Luft holen wollte,

sprach er: "Kleinen Moment!
Sicher haben Sie mich falsch verstanden,
w
ie ich hör, wollen Sie Früchte von mir,
a
ch nein, nein, ich verkauf keine Früchte,
n
ur die Samen dafür."


Soweit Gerhard Schöne.

Vielleicht ist es mit

Salomos Traum gar nicht

so viel anders…


III) Die Wünsche


Es liegt nahe,

dass ich mir die fertigen

Früchte eines langen Weges,

die Ergebnisse eines Prozesses

wünsche.

Warum auch nicht!?

Schließlich ist es das,

was mir auf der Seele brennt.

Viktor bei Saporischja

wünscht sich sicherlich Frieden.

Wenigstens ein Schweigen

der Waffen, und wenn nur auf Zeit.

Und Hiltrud in Großröhrsdorf,

wünscht vielleicht die Zeit zurück,

so dass das Feuer in der Kirche

noch vor dem Ausbrechen

gelöscht werden kann.

Oder die Zeit nach vorn,

so dass sie wieder in alter Pracht

erstrahlt, die schöne Kirche,

um die nun viele trauern.

Die in der Familienkrise

wünschen sich vielleicht

endlich gesehen oder

gehört zu werden,

oder Zeit und Aufmerksamkeit,

oder diesen elenden Teufel

Alkohol aus dem Haus.

Die mit der Gasheizung

wünschen sich Klarheit.

Und die mit dem schmalen Geldbeutel

hätten gern mehr drin, klar.


Es gibt unendlich viele Früchte,

die ich mir wünschen kann.

Aber vielleicht ist es am Ende

doch ein bisschen wie beim

jungen Salomo:

Alles beginnt mit einem

hörenden, verständigen Herz.

Aus dem dann viel mehr wachsen kann.


Weil Verstand und Gefühl

nicht nur bei Gott

zusammengehören.


IV) Hörende Herzen


Hörende Herzen,

das sind Menschen, die

genau hinhören,

zuhören,

aufmerksam sind,

auch ungesagtes hören,

zwischen den Zeilen lesen,

sensibel für Details,

für Schwingungen,

die nach der Wahrheit klingen;

Menschen, die sich

zuwenden können

und zugewandt bleiben;

und Ernstnehmen.


Der junge Salomo

hat nach unserem heutigen

Predigttext, gleich

in den nächsten Versen,

die erste Prüfung

vor der Brust.

Zwei Frauen streiten

um ein Kind.

Die Geschichte

ist viel bemüht

und weithin bekannt.

Auch der Ausgang

der Geschichte:

mit dem salomonischen Urteil.

So sagt man bis heute,

wenn besonders weise,

klug, verständig und gerecht

geurteilt oder entschieden wird:

Salomonisch eben.

Wie Salomo,

dem aus einem hörenden Herzen

plötzlich alles andere erwächst:

Nicht nur das Lösen

eines Streits zugunsten

einer wahrhaft liebenden Mutter;

sondern auch das,

was sich viele wünschen:

Weisheit und Ansehen

und Reichtum und mehr.

Im Traum hieß es noch,

dass Gott wohl angenehm

überrascht war, angesichts

dieser bescheidenen Bitte

des träumenden jungen Mannes;

so angenehm überrascht,

dass er ihm gleich noch

Ehre und Reichtum

und ein langes Leben

obendrein gab.

Aber vielleicht sind es

auch einfach die

positiven Konsequenzen

eines hörenden Herzens,

das auf Gott, auf sich selbst

und auch auf andere hört

und achtet.

So dass deutlich wird,

wem ich mich und alles verdanke

und mit wem ich lebe.

Wie bei Salomo,

als er nach Jerusalem

zurückkehrt,

im Tempel betet und opfert,

wie man das damals tat,

und dann feiert,

mit allen seinen Hofbeamten.


In der Sprache des heutigen

Evangeliums gesagt:

Die wahren Schätze erkennen,

die in den Äckern dieser Welt liegen;

die kostbaren Perlen,

die wertvoller sind,

als alles andere -

sie sind wie jene Samen,

aus denen der Himmel wächst.


Wenn ich heute Nacht träumte,

dass mir Gott einen Wunsch gewährt,

ich wäre sicher schnell dabei,

zu wünschen, was ich

für nötig halte:

Frieden im europäischen Osten,

Trost und Zuversicht für die

Menschen in Großröhrsdorf,

Weisheit und Entschiedenheit

für unsere Politiker:innen,

Heilung für Kranke,

Liebe in die Familien

und Geld für die Armen.

Es gibt viel zu tun.

Es gäbe viel zu wünschen.


Aber vielleicht würde schon genügen,

nur diesen Wunsch zu haben:

Ein hörendes, verständiges Herz.

Um hinzuhören;

aufmerksam;

um auch das Ungesagte

zu hören;

um zwischen den Zeilen

zu lesen,

sensibel für Details,

für Schwingungen,

die nach der Wahrheit klingen;

um mich zuzuwenden

und zugewandt bleiben;

zu dir und zu mir selbst

und allem voran zu Gott.

Um dann hoffentlich besser

unterscheiden zu können,

was gut ist und was nicht.

Bestimmt nicht immer richtig,

aber immer etwas besser,

und manchmal vielleicht

sogar salomonisch.

Wer weiß,

was alles möglich wird,

wenn mein Herz

immer sensibler wird,

für die feinen Zwischentöne,

und dein Herz auch.

Wer weiß,

was dann noch alles möglich

gewesen wäre oder

noch möglich wäre,

für Viktor bei Saporischja,

für Hiltrud in Großröhrsdorf,

für die Politik in nah und fern,

für dich und für mich

und unser Miteinander.

Wer weiß,

ob Menschen nicht

in ferner Zukunft

noch davon reden würden,

wie von Salomo,

dem seinerzeit

keiner gleich kam.

Und alles begann ganz klein:

Mit nicht viel mehr

als einem Wunsch:

Mein Gott...

Gib mir, deinem Knecht,

ein hörendes Herz.


Und der Friede Gottes, den wir mit unserem Verstand nicht zu erfassen vermögen, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.


Predigtlied: EG 497, 1-5 „Ich weiß, mein Gott, dass all mein Tun“


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Predigt am 4. Sonntag nach Trinitatis - 02.07.2023

Predigttext: 1. Petrusbrief, Kapitel 3, Verse 8-17


Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.


Predigttext: 1. Petr 3, 8-17 (in Auswahl)


8 Schließlich bitte ich euch: Seid untereinander einig, mitfühlend, voll Liebe den anderen Brüdern und Schwestern gegenüber, barmherzig und bescheiden. 9 Zahlt Böses nicht mit Bösem heim oder eine Beleidigung mit einer Beleidigung. Stattdessen sollt ihr segnen. Denn Gott hat euch dazu berufen, seinen Segen zu empfangen.

10 Wer sich am Leben freuen und gute Tage sehen will, [… 11] soll sich vom Bösen abwenden und Gutes tun. Frieden soll er suchen und sich dafür einsetzen. 12 Denn die Augen des Herrn ruhen auf dem Gerechten [...]

13 Wer kann euch etwas Böses antun, wenn ihr euch leidenschaftlich für das Gute einsetzt? 14 Glückselig seid ihr, auch wenn ihr für die Gerechtigkeit leiden müsst. Fürchtet euch nicht vor den Drohungen der Menschen [… 15] Seid jederzeit bereit, Rechenschaft abzulegen über die Hoffnung, von der ihr erfüllt seid. Denn immer wieder wird man euch auffordern, dafür Rede und Antwort zu stehen. 16 Antwortet freundlich und in Ehrfurcht vor Gott, denn ihr habt ein gutes Gewissen. [...]


Herr, schenke uns ein Herz für dein Wort und ein Wort für unser Herz. Amen.



Wünschen kann man sich ja viel.

Das heißt noch nicht, dass es wahr wird.

Wünschen kann man sich viel.

Weltfrieden ist ein beliebter Wunsch.

Klingt gut.

Ist leider weit weg.

Am vergangenen Donnerstag habe ich

in der Kirchgemeindevertretung

nach Sehnsüchten gefragt.

Und ich habe von Ruhe

und von Urlaub

und von „Zeit für mich“

zu hören bekommen.

Das sind auch Wünsche.

Sie sind vielleicht nicht unerfüllbar,

aber auch manchmal weit weg.

Nur der Urlaub,

der ist für viele derzeit recht nah.

Trotzdem: wünschen kann man sich viel.

Was wünschen Sie sich?

Was wünscht ihr euch?

[…sammeln...]


Es gibt viele Wünsche.

Ich habe auch welche.

Einen zumindest.

Ich hätte gern eine weiße Schwalbe.

Aber ob das nochmal wird,

bei den steigenden Preisen

für die alten Simson-Modelle.


Wünschen kann man sich viel.

Auch manches ohne jede Chance

auf jemalige Realisierung:

Dass das Gesicht glatt bleibt,

zum Beispiel, und die

Falten über Nacht verschwinden;

dass alle schnell laufen können,

hoch springen und toll tanzen können;

und singen auch.

Das kann man sich wünschen,

aber das heißt noch nicht,

dass es einmal wahr wird.


Vielleicht ist es sogar

ausgeschlossen.

Aber sollte ich deshalb

von den Wünschen lassen?

Sollte ich deshalb lieber

keine Wünsche haben?

Oder hat vielleicht,

wer nicht mehr wünscht,

auch wenig zu hoffen

und weniger Kraft zum Leben?


Am vergangenen Freitag

lief beim Kino in unserer Kirche

ein deutscher Film aus dem Jahr 2021

mit dem Titel:

Ich bin dein Mensch“.

In aller Kürze geht es darum,

dass eine alleinstehende Professorin

namens Alma

ein Gutachten über einen Roboter

namens Tom schreiben soll,

der eigens auf sie und ihre Bedürfnisse

zugeschnitten wurde und mit dem

sie nun 3 Wochen zusammenlebt

im Auftrag des Ethikrates

wird sie beurteilen, ob man

menschliche Roboter

für Beziehungen mit Menschen

zulassen kann oder nicht.

Der Film macht viele spannende

Facetten des Themas auf

und lohnt sich immer noch anzuschauen,

auch dann noch,

wenn ich Almas Urteil

jetzt bereits vorwegnehme:

Trotz positiver Erfahrungen,

lehnt sie die Beziehung zu

menschlichen Robotern ab;

Roboter, die für genau diesen Zweck,

nämlich für das Zufriedenstellen

eines Menschen in einer Beziehung,

geschaffen wurden.

Sie lehnt es aus einem,

wie ich finde, klugen Grund ab:

Weil sie nämlich glaubt,

dass Menschen, deren Bedürfnisse

immerzu erfüllt werden,

ganz ohne eigenes Zutun,

ohne eigene Beziehungsarbeit,

und ohne die Leerstellen,

oder Schwierigkeiten, die

Beziehungen zwischen Menschen

immer haben – sie glaubt,

dass solche Menschen,

die mehr oder weniger,

zumindest in ihrer Beziehung,

wunschlos glücklich sind,

dass solche Menschen

müde und satt werden.

Sie sagt über Tom:

Er macht uns glücklich.

Und was kann schon schlecht daran sein,

glücklich zu sein?

Doch sind nicht gerade die

unerfüllte Sehnsucht,

die Phantasie und das ewige

Streben nach Glück

die Quelle dessen,

was uns zum Menschen macht?“


Ob das nun genau so stimmt,

weiß ich gar nicht.

Aber ich ahne, dass Menschen,

die für ihre Bedürfnisse

und deren Befriedigung

nichts mehr tun müssen,

dass solche Menschen

sich selbst,

die Nächsten um sich herum

und vielleicht sogar

die Zukunft aus dem Blick verlieren.

Ich muss mir dann mein Glück

nicht mehr mit anderen

gemeinsam erarbeiten –

nicht mit Partner:innen,

nicht mit Nachbarn;

nicht nur das Glück nicht,

auch den Frieden nicht.

Und ich merke immer wieder,

dass gerade die Bibel es versteht,

genau in die unerfüllten Sehnsüchte,

in die offenen Wünsche hinein,

Worte zu legen,

die die Hoffnung wecken wollen

oder wach halten –

die Hoffnung darauf,

dass fromme Wünsche

doch auch wahr werden können.

Sie gibt dir und mir und dieser Welt

den Himmel dazu;

die gute Aussicht,

den weiteren Blick,

eine neue Perspektive;

eine Hoffnung, dass die Welt

anders sein könnte.

Wenn wir sie miteinander

verändern, nicht ohne einander,

nicht aneinander vorbei,

sondern gemeinsam.

Und der Himmel der Bibel geht

dann dabei zwischen uns auf.

So dass die Welt anders sein kann.

Voller Demut statt Demütigung,

eine Welt, in der jede:r

einen Platz findet;

trotzdem mit Irrwegen

und Sackgassen,

aber mit Möglichkeiten

für Rückkehr und Umkehr,

mit vielen Türen

und viel weniger Mauern

und Zäunen.

Eine Welt in der Streit

in Versöhnung mündet.

Niemand allein bleibt.

Und Frieden wächst,

weil wir ihn miteinander

säen und gießen

und uns täglich ein bisschen mehr

an seiner aufgehenden Pracht erfreuen.

So anders könnte die Welt sein.


Das kann man sich wünschen.

Aber wünschen kann man sich viel.

Es heißt nicht,

dass alle Wünsche auch in Erfüllung gehen.


Doch wünschen muss ich es mir schon.

Denn wenn ich von meinen Wünschen

nicht mehr erzähle,

dann fehlen sie in der Welt.

Wenn ich keine Wünsche mehr habe,

was gäbe es dann zu hoffen?

Dann kann sich auch niemand

mit mir gemeinsam daran machen,

dass Wünsche wahr werden.

Was wäre eine solche wunschlose Welt

noch mehr als nur müde und satt,

ohne Phantasie und ohne Hoffnung.

Es wäre eine Welt,

der der Himmel fehlt.

Denn der geht immer dort auf,

und manchmal nur für Sekunden,

wo fromme Wünsche

auch nur ein bisschen

wahr werden.

Darum braucht es solche Wünsche,

wie die, die der Petrusbrief

auch an uns, heute, schreibt:

8 Schließlich bitte ich euch: Seid untereinander einig, mitfühlend, voll Liebe den anderen Brüdern und Schwestern gegenüber, barmherzig und bescheiden. 9 Zahlt Böses nicht mit Bösem heim oder eine Beleidigung mit einer Beleidigung. Stattdessen sollt ihr segnen. Denn Gott hat euch dazu berufen, seinen Segen zu empfangen.


Und manchmal werden Wünsche wahr,

wenn Menschen Wünsche teilen.

Und wenn das etwas mit dem zu tun hat,

was Gott sich für die Menschen wünscht,

für dich und mich,

dann wächst Himmel.

Dann breitet sich Segen aus.

Glaube ich.


Und der Petrusbrief sagt:

Seid jederzeit bereit, Rechenschaft abzulegen über die Hoffnung, von der ihr erfüllt seid.


Und ich denke, er will

eigentlich sagen:

Schnapp dir solche Worte,

die die Bibel genau in

die unerfüllten Sehnsüchte,

in die offenen Wünsche

hineinlegt,

Hoffnungsworte,

Hoffnungswünsche,

Worte,

die die Hoffnung wach halten –

die Hoffnung darauf,

dass die Welt anders sein kann;

dass fromme Wünsche nach Gutem

für dich und mich

doch auch wahr werden können;

und wenn auch nur in kleinen Schritten.


Um es mit der Band Genetikk

zusagen:


Du musst dran glauben, dann erfüllt sich das
Denke nach, bevor du's machst und wünsch dir was
Nein, das Leben ist kein Wunschkonzert
Doch jedes Leben ist ein Wunderwerk
Du musst dran glauben, dann erfüllt sich das
Mach die Augen zu und wünsch dir was“


So wie der Petrusbrief dir und mir

heute seine Wünsche nahe legt.

Und wenn wir sie teilen,

gießen und pflegen,

könnte mit jedem neuen Morgen

ein bisschen mehr Himmel wachsen:

das heißt,

aus Samen der Hoffnung

wird Frieden zwischen dir und mir

und in der Nachbarschaft

und weit darüber hinaus…

untereinander einig, mitfühlend,

voll Liebe den anderen gegenüber,

barmherzig und bescheiden,

ohne Böses gegen Böses

und ohne Beleidigung gegen Beleidigung,

sondern segnend.


Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Amen.


„Morning has broken“


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Predigt am Sonntag Quasimodogeniti - 16.04.2023

Predigttext: 1. Buch Mose, Kapitel 32, Verse 23-32


Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

1. Mose 32, 23-32 (BasisBibel)

23 In derselben Nacht stand Jakob auf. Er weckte seine beiden Frauen, die beiden Mägde und seine elf Söhne. Denn er wollte den [Fluss] Jabbok an einer flachen Stelle überqueren. 24 Zuerst ließ er die Frauen und Kinder den Fluss überqueren. Dann brachte er sein Hab und Gut hinüber. 25 Er selbst blieb allein zurück. Plötzlich war da jemand, der bis zum Morgengrauen mit ihm kämpfte. 26 Aber er sah, dass er Jakob nicht besiegen konnte. Da packte er Jakob am Hüftgelenk, so dass es beim Ringen ausgerenkt wurde. 27 Dabei sagte er: »Lass mich los! Denn der Tag bricht an.« Jakob entgegnete: »Ich lasse dich erst los, wenn du mich gesegnet hast.« 28 Der andere fragte Jakob: »Wie heißt du?« Er antwortete: »Jakob.« 29 Da sagte der andere: »Von nun an sollst du nicht mehr Jakob heißen, sondern Israel, ›Gotteskämpfer‹. Denn du hast mit Gott und mit Menschen gekämpft und bist Sieger geblieben.« 30 Jakob bat: »Sag mir doch deinen Namen!« Er erwiderte: »Wozu fragst du noch nach meinem Namen?« Und er segnete ihn dort. 31 Jakob nannte den Ort Penuel, das heißt: Angesicht Gottes. Denn er sagte: »Ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen und bin am Leben geblieben.« 32 Als Jakob Penuel verließ, ging gerade die Sonne auf. Er hinkte wegen seiner verrenkten Hüfte.


Der Herr schenke uns ein Herz für sein Wort und ein Wort für unser Herz. Amen.


Please hold the line!“

Sagt euch das was?

Da fällt mir ein,

ich muss eben mal noch

ganz kurz einen Anruf machen.

Ihr habt hoffentlich

einen Moment.

Nur ganz kurz.


[Wählt.

Warteschlange.]


Please hold the line!“

Dranbleiben.

Nagut.

Dann kann ich auch

schonmal was erzählen,

vielleicht komme

ich in der Zwischenzeit durch.

Ich bleib mal dran.


Please hold the line!“

Dranbleiben.

Das ist wirklich lästig.

Oder?


Wenn die Warteschlangenmusik

dudelt und ich festhänge.

Viel machen kann man da nicht,

nur auflegen

oder eben dranbleiben.

Hartnäckig sein.

Nicht nachlassen.

Dranbleiben.

Das kann schon auch

ärgerlich sein.

Und aufreibend.

Wie ein Ringkampf

mit mir selbst:

Auflegen,

doch dranbleiben?

Aber es gibt ja

so manche Situationen,

die mich ins Ringen bringen.


Wie ist das:

Habt ihr euch schonmal

so richtig geprügelt?

So dass die Fetzen fliegen,

und es echt hitzig

und handfest wurde?


Ich muss zugeben,

als Kind war ich da manchmal

nicht nur zart besaitet.

Auch. Aber nicht nur.

Ich habe mir hin und wieder

eine ordentliche Keilerei

an Land gezogen.

Sicherlich, weil ich mir

damals noch nicht anders

zu helfen wusste.

Die Einsicht ließ ein bisschen

auf sich warten,

dass es keine Lösung

und schon gar keine gute ist,

mit Ringen und Schlagen

irgendetwas zu klären.


Aber wenn es nicht gerade

Kinder sind,

dann gehe ich doch in

den meisten Fällen davon aus,

dass es höchstens echte

Rowdys und Schurken,

also die Bösewichte

und vielleicht die Unverständigen sind,

die sich mit Fäusten

wehren und erklären.

Oder?


Außer vielleicht...

In den 90er Jahren, da

war durch Henry Maske

das Boxen an den Deutschen

Fernsehgeräten relativ

beliebt geworden.

Viele schalteten ein,

wenn sich die Herren

im Mittelschwergewicht

gegenseitig, tänzelnd

die Fäuste um die Ohren

fliegen ließen.

Bei uns Zuhause wurde

auch geschaut.

Von euch haben bestimmt

auch einige zugesehen.

Kann ich mir zumindest

gut vorstellen.


Moment.

Ich hör nochmal eben,

ob sich schon was tut…

Please hold the line!“

Noch nichts.

Also weiter dranbleiben.


Sei’s drum.

Ob nun mit Kinderhänden

oder Mittelschwergewichtsfäusten,

so richtig alltagstauglich

ist eine Schlägerei

jedenfalls nicht.

Gesunder Menschenverstand

und Vernunft gebieten das,

meistens jedenfalls,

auch wenn es genügend

Menschen gibt,

denen das manchmal

abhanden kommt oder

längst abhanden gekommen ist,

spätestens dann, wenn

Menschen andere Menschen

mit Waffen aufeinander los schicken.

Gewalt ist niemals alltagstauglich,

auch wenn sie leider viel zu oft

im Alltag vorkommt.

Gott findet das auch.

Die Gebote von Nächsten-

und sogar Feindesliebe

sind weithin bekannt

und bestätigen das.


Schwer vorstellbar also,

dass Gott selbst

sich auf so etwas wie

eine Schlägerei oder

zumindest eine Art Ringkampf

einlassen würde.

Aber genau so eine Geschichte

wird im 1. Buch Mose erzählt.

Und dazu noch,

lässt sich Gott nicht mit

irgendeinem Unbescholtenen

auf einen Ringkampf ein,

sondern mit einem Trickser,

einem echten Betrüger.


Aber der Reihe nach.


Zuerst nochmal reinhören…

Moment.

Please hold the line!“

Noch nichts.

Also weiter dranbleiben.


Zurück zum Ringkampf.

Es war die Nacht vor einem

schwierigen Wiedersehen.

Am nächsten Tag würde

Jakob seinen Bruder Esau

wieder treffen und die beiden

hatten noch eine offene Rechnung

zu begleichen.

Besser gesagt, Jakob hatte damals

seinen älteren Bruder Esau betrogen

und war dann geflohen.

Das blieb zwischen den beiden offen

bis auf diesen Tag.

Sie hatten sich seither

nicht mehr gesehen.

Jakob war in der Zwischenzeit

zu einigem Reichtum gekommen.

Er hatte es in der Fremde

zu etwas gebracht.

Nun war er auf dem Weg zurück.

Morgen würden sie sich

nach Jahren wieder begegnen,

Jakob und Esau.

Eine denkwürdige Nacht.

Jakob wollte sie lieber allein verbringen.

Er brachte die Familie, Frauen und Kinder

und all seine Habe, die Tierherden,

brachte er über den Fluss, den Jabbok,

in Sicherheit und blieb allein zurück.

Esau war schon unterwegs.

400 Mann bei ihm.

Eine ganze Armee.

Der hatte sich offenbar

einiges vorgenommen

für das Wiedersehen.

Vielleicht Rache nehmen?

Jakob würde es am nächsten

Tag herausfinden.

Und so kam die Nacht.


Und es ist ja eine der besonderen

Stärken der Bibel,

dass sie keine Geschichten

von einer heilen Welt erzählt,

auch wenn sie manchmal

solche Bilder vor-aus-malt;

aber zumeist erzählt sie

von der Welt so,

wie sie tatsächlich ist.

Denn nur, weil es Menschen gibt,

die Glauben und die in diesem Glauben

Erfahrungen machen, in denen sie

Gott entdecken und ahnen,

dass Gott ihnen nahe ist,

heißt das nicht, dass sie

bessere Menschen wären

und die Welt besser, in der sie leben.

Keineswegs.

Höchstens vielleicht,

sind sie besser dran,

weil sie an Gott dran sind

und Gott an ihnen dran ist.

Das ist vielleicht schon

ziemlich viel.

Und in dieser Geschichte nun,

erzählt die Bibel,

das Jakob am Ende dieses Tages,

kurz vor dem Zusammentreffen

mit seinem Bruder,

dass Jakob da ins Ringen kommt;

in einen Ringkampf verwickelt wird,

bei dem es ziemlich handfest

zur Sache geht.

Jeder versucht die Oberhand

zu erlangen und es will wohl

die ganze Nacht lang nicht gelingen.


Apropos Gelingen…

Ich höre nochmal kurz rein.

Moment.

Please hold the line!“

Weiterhin nichts.

Also dranbleiben.


Dann wieder zu Jakob

und dem nächtlichen Ringen.

Wer mag das sein,

der sich ihm da in den Weg stellt

und die ganze Nacht in Schach hält.

In der Literatur gehen die

Spekulationen weit auseinander:

vom Flussdämon ist da die Rede,

vom Engel und von Gott selbst.

Vielleicht ist an allem was dran.

Wenn ich mir vorstelle,

was Menschen die Nacht über so

wach hält, dann ist da

von allem etwa dabei:

Dämonen, Engel und Gott auch.


Schon „Kinder ringen mit den Monstern,

die unterm Bett hausen,

ringen mit schlechten Träumen,

ringen auch bereits mit dem,

was war und mit dem, was ist

und je älter sie werden,

auch mit dem, was kommen könnte.“

[von Juliane Rumpel, FB-Predigtkultur, 15.04.2023]


Und so sehr Eltern auch versuchen,

sie davor zu bewahren,

so kommt das Ringen doch.


Und in manches Ringen der Nacht

mischt sich am Tage auch

die Lebenserfahrung eines Jakobs

oder eines Esaus,

des Schuldiggewordenen,

dessen, der auf der Flucht ist,

mit Lügen und Betrug im Gepäck;

oder eben die Erfahrung des Betrogenen,

des Verletzten, der wütend zurückbleibt.

Solches Scheitern an mir selbst

und an anderen Menschen

findet sich in meinem Leben

ebenso wie in eurem.

So ist das eben.

Keine heile Welt. Nirgends.

Und immer wieder auch

Ringen damit.

Oft genug in der Nacht.


Ganz kurz…

ich muss nochmal eben hören.

Please hold the line!“

Immer noch nicht.

Nagut.

Dranbleiben.


Jakob ringt die ganze Nacht.

Und als der Morgen graut,

da kämpft er immer noch

mit dem, was ihm den Schlaf raubt.


Der im September 2021

verstorbene Theologe

Eberhard Jüngel hat das

in einer Predigt aus dem Jahr

1986 einmal so beschrieben:

Es muss ein unerhörter Sonnenaufgang gewesen sein – nach allem, was vorausgegangen war in jener langen, dunklen Nacht am Ufer des Jabbok. Als die Schrecken einer dämonischen Nacht zu weichen beginnen, als der Bann des Entsetzens sich zu lösen beginnt, erkennt ein Mensch, dass Gott im Spiele war, dass tief verborgen unter dunklen Mächten Gott selbst am Werke war. Bei der ersten Morgenröte entdeckt ein Mensch, dass er im Dunkel der Nacht mit Gott gerungen hat. Nicht nur mit seinen eigenen Problemen, nicht nur mit den Schatten seiner Vergangenheit, nicht nur mit seiner Angst vor der Zukunft! Mit all dem hat Jakob wohl auch gerungen. [… Und] Solange das Schreckliche unser Leben bedroht und verfinstert, ist es Zeit sich zur Wehr zu setzen – so wie Jakob in jener Nacht am Jabbok sich zur Wehr gesetzt und mit der dunklen Macht, die ihn überfiel, gerungen hat. […]

Und der, – obwohl schon fast gelähmt, nicht locker lässt – bis er Gottes Gesicht, bis er hinter all den dunklen Mächten das wahre Gesicht des wahren Gottes erkennen darf. […] Die Stunde vor Sonnenaufgang, […] Es ist die Stunde des Anfangs. […] Jakob bringt die unheimliche Macht zum Reden. Indem er [...] nicht mehr los lässt, indem er sich an ihm festhält, […] Und damit sind wir am Wendepunkt dieser bisher so dunklen Geschichte. Sie erhellt sich. Die Nebel fangen an zu weichen. Die Personen der Handlung bleiben einander nicht länger verborgen. Man entdeckt sich, von Angesicht zu Angesicht. […] Nun ist das Licht des Tages im Steigen und die Finsternis im Sinken begriffen. Nun muss man nicht mehr mit bloßen Fäusten aufeinander einschlagen. Nun werden Worte gewechselt, erhellende Worte, die Vertrauen erzeugen. Die Masken fallen.

Und siehe: Jakob, der an Gott und seinem Bruder schuldig gewordene Mensch, entdeckt genau eben da, wo er aus gutem Grund einen übermächtigen Feind zu fürchten hat, einen Gott, der zu segnen, der selbst den schuldigen Menschen zu segnen vermag.

Da wurde seine Seele gesund.

Das also ist es, was uns an dieser alten Geschichte aufgehen kann: Solange wir noch eines Wortes wert sind, solange hat das Leben noch eine Chance. […]“

[von Eberhard Jüngel, gehalten am 11. Mai 1986 im Münster zu Basel; Theologische Zeitung 42 (1986), Heft 4, S. 352-360]


Starke Worte,

finde ich.

Jakob setzt sich zur Wehr.

Er lässt nicht nach.

Lässt nicht locker.

Er bleibt dran.


Achso…

weil ichs gerade sage…

Please hold the line!“

Na ob das noch was wird?


Über Jakobs Ringen

ging die Sonne auf.

Ein neuer Morgen.

Und aus der Gottesferne

einer dämonischen Nacht

wird eine Gottesbegegnung

von Angesicht zu Angesicht.

Jakob ist dran geblieben.

Und kann am Morgen

neu Anfangen,

nachdem er Gott begegnete.

Darum ist das eine

nachösterliche Geschichte.

Darum steht sie neben

der Begegnung des

Auferstanden mit den Freunden,

als Thomas zweifelt

und die Wunden berühren muss,

um zu glauben.

Aber als sich die Zweifel

legen, kann etwas Neues anfangen.

Da bleiben die Freunde dran.

Jakob bleibt auch dran.

Eine ganze Nacht.

Obschon geschlagen,

mit ausgerenkter Hüfte,

lässt er nicht nach.

Ich lasse dich nicht,

du segnest mich denn.“

Das meint:

Erst dann, wenn dir

zumindest doch noch

ein gutes Wort für mich

über die Lippen kommt,

dann will ich dich

deines Weges ziehen lassen.


Es ist diese Hartnäckigkeit,

die Jakob am Morgen

verändert aus diesem

Ringen gehen lässt.

Er ist nicht mehr derselbe.

Er geht als Gesegneter

aus der Nacht

in den neuen Morgen,

in jenen Tag,

an dem er seinen Bruder

wiedersehen

und sich mit ihm

endlich versöhnen wird.


Es lohnt sich,

dran zu bleiben.

An diesem Gottesdienst,

um als Gesegnete

in diese Welt zu gehen;

an anderen Menschen,

damit Versöhnung möglich wird;

und das Dranbleiben

am Glauben lohnt sich auch,

so dass ich nach mancher

hart durchrungenen Nacht,

am Morgen, bei Sonnenaufgang,

entdecke, dass Gott es war,

der bei mir blieb

und bleibt…


Und dann kann ich

vielleicht sogar ahnen,

dass es einen Sonnenaufgang gibt,

dem keine Finsternis mehr folgt.“

[von Eberhard Jüngel, gehalten am 11. Mai 1986 im Münster zu Basel; Theologische Zeitung 42 (1986), Heft 4, S. 352-360]


So…

nun aber…

Ach!

Wer hätte das gedacht!?

Endlich!

Das Dranbleiben

hat sich gelohnt.


[Ins Telefon]

Entschuldigung.

Könnten Sie ganz kurz

dranbleiben bitte?


Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Amen.


Pred.lied: SvH 0108, 1+2 (Keinem von uns ist Gott fern)


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Predigt am Sonntag Jubilate - 30.04.2023

Predigttext: Johannesevangelium, Kapitel 16, Verse 16-23a


Gnade sei mit euch und Friede, von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen.


Johannesev. 16, 16-23a 

16 Noch eine kleine Weile, dann werdet ihr mich nicht mehr sehen; und abermals eine kleine Weile, dann werdet ihr mich sehen. 17 Da sprachen einige seiner Jünger untereinander: Was bedeutet das, was er zu uns sagt: Noch eine kleine Weile, dann werdet ihr mich nicht sehen; und abermals eine kleine Weile, dann werdet ihr mich sehen; und: Ich gehe zum Vater? 18 Da sprachen sie: Was bedeutet das, was er sagt: Noch eine kleine Weile? Wir wissen nicht, was er redet. 19 Da merkte Jesus, dass sie ihn fragen wollten, und sprach zu ihnen: Danach fragt ihr euch untereinander, dass ich gesagt habe: Noch eine kleine Weile, dann werdet ihr mich nicht sehen; und abermals eine kleine Weile, dann werdet ihr mich sehen? 20 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet weinen und klagen, aber die Welt wird sich freuen; ihr werdet traurig sein, doch eure Traurigkeit soll zur Freude werden. 21 Eine Frau, wenn sie gebiert, so hat sie Schmerzen, denn ihre Stunde ist gekommen. Wenn sie aber das Kind geboren hat, denkt sie nicht mehr an die Angst um der Freude willen, dass ein Mensch zur Welt gekommen ist. 22 Auch ihr habt nun Traurigkeit; aber ich will euch wiedersehen, und euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen. 23 Und an jenem Tage werdet ihr mich nichts fragen.

Der Herr schenke uns ein Wort für unser Herz und ein Herz für sein Wort. Amen.


Einspielen: „Nur noch kurz die Welt retten“, Tim Bendzko


Nur noch kurz die Welt retten“

singt Tim Bendzko

im gleichnamigen Lied.

Muss nur noch kurz die Welt retten
Danach flieg' ich zu dir
Noch 148 Mails checken
Wer weiß was mir dann noch passiert,

denn es passiert so viel
Muss nur noch kurz die Welt retten
Und gleich danach bin ich wieder bei dir

so heißt es im Lied.

Da kann eine kleine Weile

schon ziemlich lang werden.


Nur noch eine kleine Weile.

Sagt Jesus.

Und Tim Bendzko singt

in seinem Lied:

Ich weiß es ist dir ernst,

du kannst mich hier grad nicht entbehrn,

Nur keine Angst,

ich bleib nicht all zu lange fern


Vielleicht meint Jesus das

auch so oder so ähnlich.

Nur noch eine kleine Weile.


Nur kurz...

Noch eine kleine Weile.

Oder: Geht gleich los!?

Das sage ich manchmal.

Wenn ich gerufen werde,

aber gerade noch etwas anderes

zu tun habe,

das ich nur noch eben

schnell mal fertig machen

muss – will – wie auch immer.

Geht gleich los!

Und die, die es hören,

wundern sich vielleicht

und fragen sich:

Wovon redet er?“


Nur noch eine kleine Weile.


Als ich auf Jugendfreizeit

in Südfrankreich war,

vielleicht 23 Jahre ist das her,

gab es stets und ständig

die Frage nach der Fahrzeit:

Wann sind wir da?“

Wie lange fahren wir noch?“

Die Mitarbeiterin in

unserem Kleinbus hatte

jedes einzelne Mal

die gleiche Antwort parat:

Knappe halbe Stunde noch.“

So antwortete sie schon

kurz hinter Zwickau

und auf allen deutschen

Autobahnen, die wir befuhren,

genauso wie auf

den französischen

und noch wenige Minuten

vor dem Ziel, sagte sie:

Knappe halbe Stunde noch.“

Sie meinte sicher auch:

Nur eine kleine Weile noch.


Und als ich 2007 für

4 Monate in Israel lebte,

da hörte man oft

auf Märkten, an Kassen

oder auch wenn ich nur

eine kleine Frage hatte,

das Folgende:

Rega!“

Ein kurzes Wort.

Aber es beschreibt

keinen bestimmbaren Zeitraum.

Es heißt so viel wie:

Moment!“

Und es meint alles von

einer kurzen Minute

bis zu Stunden.

Rega!“

Geht gleich los!

Nur kurz noch.

Knappe halbe Stunde.

Nur eine kleine Weile.


Es kann vieles heißen.

Nicht leicht zu verstehen.

Das ging schon den Freunden so.

Den Freunden Jesu, damals.

Was bedeutet das, was er sagt?“

fragten sie.

Noch eine kleine Weile?

Wir wissen nicht, was er redet.“

Und ich verstehe das gut.

Denn ich weiß meist selbst nicht,

was ich meine, wenn ich sage:

Geht gleich los!“

Und die knappe halbe Stunde

der Rüstzeit-Mitarbeiterin

im Bus nach Südfrankreich

war ja nie wirklich eine

halben Stunde.

Eher ein: „Rega!“,

nach dem man nie

so richtig weiß,

wann nun was geschehen wird.


Nur noch eine kleine Weile?

Vielleicht denkt Jesus

in etwa so, wie Tim Bendzko singt:

Ich weiß es ist dir ernst,

du kannst mich hier grad nicht entbehrn,

Nur keine Angst,

ich bleib nicht all zu lange fern

Die Freunde hätten ihn damals

ganz sicher nicht entbehren wollen.

Aber es wurde Ostern.

Karfreitag.

Sie mussten diesen

entbehrungsreichen Weg

mit ansehen.

Und Jesus zieht einen Vergleich,

der die Freunde ermutigen soll.

Wie im Lied:

Nur keine Angst,

ich bleib nicht all zu lange fern

So sagt Jesus:

21 Eine Frau, wenn sie gebiert,

so hat sie Schmerzen,

denn ihre Stunde ist gekommen.


Da liegt etwas in den Wehen.

Das tut weh.

Das dauert.

Und das hat Phasen.

Ich habe mich

aus gegebenen Anlass

selbst damit befasst

und war ganz überrascht,

als ich von Eröffnungsphase,

Übergangsphase,

Austreibungsphase

und Nachwehen las.

Über jede dieser Phasen

ließe sich vortrefflich

auch im übertragenen Sinne

nachdenken.

Und in jeder Phase

heißt es vielleicht auch

mehr oder weniger:

Nur noch eine kleine Weile.“

Weil man nie weiß,

wie lange genau

die Phasen sein werden.


Aber da liegt etwas in den Wehen.

Und etwas Neues kommt zur Welt.

Nicht ohne Schmerzen.

Vielleicht auch nicht

gänzlich ohne Komplikationen.

Aber es kommt.

Und es wird da sein.

Dieses neue Leben,

das am Ende einer Geburt

das Licht der Welt erblickt;

das aus den Wehen geht

und mit dem ersten Atem

auch den ersten Schrei

in diese Welt schickt

und einen Moment erschafft,

in dem es keine Frage gibt.

21 Eine Frau, wenn sie gebiert,

so hat sie Schmerzen,

denn ihre Stunde ist gekommen.

Wenn sie aber das Kind geboren hat,

denkt sie nicht mehr an die Angst

um der Freude willen,

dass ein Mensch zur Welt gekommen ist.

Es gibt Momente,

die brauchen eine kleine Weile,

die liegen in den Wehen,

und wenn sie dann da sind,

dann weichen Angst und Traurigkeit

und Schmerz der Freude.

Und da sind keine Fragen mehr.

Nur Staunen.

Das wird sein.

Nach einer kleinen Weile.

Sagt Jesus.

Und dann gibt es auch

die Frage nach der kleinen Weile

nicht mehr.


Übrigens, nur der

Vollständigkeit halber,

ist die kleine Weile,

die Jesus hier anspricht,

ein Zitat.

Beim Propheten Jesaja steht’s –

da sagt Gott:

Nur für eine kleine Weile

habe ich dich verlassen,

doch mit großem Erbarmen

werde ich dich sammeln“

(Jes 54,7)


Und ich glaube,

beides, das Jesuswort

und das Prophetenwort,

sie meinen beide beides:

dieses Leben

und eines, das kommt.


Und das Warten

kann schmerzhaft sein.

Aber da kommt etwas.

Etwas, das dieses Leben verändert.

Und etwas, das dich

nach diesem Leben erwartet.

Beides.


Nur eine kleine Weile.

Jesus musste

nur kurz die Welt retten,

Und gleich danach

bin ich wieder bei dir“

singt Tim Bendzko,

Und gleich danach

bin ich wieder bei dir“

meint Jesus.

Muss nur noch kurz die Welt retten“,

das will Ostern bedeuten.

Und gleich danach

bin ich wieder bei dir“,

das will Auferstehung heißen.


aber ich will euch wiedersehen,

und euer Herz soll sich freuen,

und eure Freude soll niemand

von euch nehmen.

Sagt Jesus.

Darum heißt dieser Sonntag

Jubilate“ – Jubelt!


Und trotzdem sind die Wehen

auch mit Schmerzen verbunden.

Den Schmerzen der Freunde damals,

die nach dem Tod Jesu nicht wussten,

wie es weitergehen würde;

bis sie dem Auferstandenen begegneten

und Angst und Traurigkeit

und Schmerz der Freude wichen.

Jubel zog ein.

Nach einer kleinen Weile.

Und trotzdem kamen auch

neue Schmerzen, auch danach,

solche die heute noch andauern,

so dass es manchmal schwer ist,

am Glauben zu bleiben,

wenn so viel Unglaube

und Ungerechtigkeit und Unfrieden

und Unbarmherzigkeit herrschen.


Dann kann die kleine Weile

lang werden.

Und das Warten schmerzhaft.

Und die Geduld schwer.

Dann kann die kleine Weile

wie Vertröstung klingen.


Wenn ich sage:

Geht gleich los!“,

dann weiß ich noch nicht genau,

wann losgehen wird,

was gleich losgehen wird,

aber es wird etwas anderes,

etwas neues losgehen.

Nur noch eine kleine Weile.

Und als auf der Fahrt nach

Südfrankreich zum 398. Mal

gesagt wurde:

Nur noch eine knappe halbe Stunde!“,

waren wir endlich da.

Und als ich in Israel

Rega!“ hörte,

kam irgendwann der Kaffee doch.

Nur noch eine kleine Weile.

Und ihr und ich,

wir bestimmen diese

kleine Weile mit.

Seitdem Ostern wurde.

Denn in der Welt

liegt etwas in den Wehen.

Es will zur Welt kommen.

Und es braucht Hebammen

und Geburtshelfende,

euch und mich und viele mehr,

die sich daran machen,

mitzubauen,

damit etwas von dem

hörbar wird,

wie beim ersten Schrei

eines Neugeborenen,

was Jesus am Herzen lag:

nämlich das,

was sich Reich Gottes nennt.


Wir bauen das gemeinsam.

Und es dauert schon eine Weile

und wird wohl auch weiterhin

noch etwas dauern.

So lange die Sache Jesu

weitergeht,

so lange kommt es zur Welt.

Und Menschen werden darin

Obdach und Heimat

und Zuflucht finden;

und Liebe und Güte;

und Menschen werden darin

zueinanderfinden;

und sie werden spüren,

dass niemand allein bleibt;

und es wird Momente geben,

wo die Fragen versiegen,

weil Staunen sich einstellt.

Und das wird himmlisch sein.

Schon hier.

Schon jetzt.

Wie ein Vorgeschmack auf das,

was nach einer kleinen Weile

sein wird, wenn wir aus

diesem Leben herausgehen,

um in das Leben hinüber zu gehen,

was Jesus auch meint,

wenn er seinen Freunden sagt:

Ihr werdet mich wiedersehen.“

Das wird auch sein.

Aber nacheinander.

Und heute und morgen

und die Tage des Lebens,

die euch und mir geschenkt sind,

fangen wir schon hier und jetzt

mit dem Reich Gottes an,

damit nach einer kleinen Weile,

endlich, hoffentlich,

etwas davon sichtbar wird:

von Liebe

und Güte.


Da würden wenige Fragen bleiben.

Aber viel Staunen sein.

Und das wäre ein Vorgeschmack,

auf das was kommt.

Nur noch eine kleine Weile.

Amen.


Und der Friede Gottes, der größer ist, als wir verstehen können, befähige euch dazu, das wahrzunehmen und bewahre eure Herzen in dem Herrn Christus Jesus. Amen.


Predigtlied:
EG 111, 1.8-10.15 (Frühmorgens, da die Sonn’ aufgeht)


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Predigt am Sonntag Kantate - 07.05.2023

Predigttext: 1. Samuelbuch, Kapitel 16, Verse 14-34



Gnade sei mit euch und Friede, von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.


1. Sam 16, 14-34 (BasisBibel)

14 Der Geist des Herrn hatte Saul verlassen. Von Zeit zu Zeit quälte ihn aber ein böser Geist, der seine Stimmung verfinsterte. Auch der kam vom Herrn. 15 Da sprachen Sauls Leute zu ihm: »Du weißt, dass es ein böser Geist ist, durch den Gott deine Stimmung verfinstert. 16 Unser Herr braucht nur etwas zu sagen, deine Knechte stehen bereit. Wenn du es willst, suchen wir einen Mann, der auf der Harfe spielen kann. Wenn dann der böse Geist Gottes über dich kommt, gleitet seine Hand über die Saiten. Und gleich wird es dir besser gehen.« 17 Saul antwortete seinen Leuten: »Also gut! Seht euch um nach einem Harfenspieler und bringt ihn zu mir!« 18 Da meldete sich einer von den jungen Leuten und sagte: »Ich weiß von einem! Es ist der Sohn Isais aus Betlehem. Der kann Harfe spielen. Er ist mutig und ein guter Soldat. Klug ist er auch und sieht gut aus. Ja, der Herr ist mit ihm!« 19 Saul ließ Isai durch Boten ausrichten: »Schick deinen Sohn David zu mir – den, der die Schafe hütet!« 20 Daraufhin nahm Isai einige Laibe Brot, einen Krug Wein und ein Ziegenböckchen. Damit schickte er seinen Sohn David zu Saul. 21 So kam David zu Saul und trat in seinen Dienst. Saul liebte ihn und machte ihn zu seinem Waffenträger. 22 Darum ließ er Isai die Botschaft überbringen: »Lass doch David in meinem Dienst bleiben. Denn mir gefällt, wie er seine Aufgaben erfüllt.« 23 Sooft aber der böse Geist Gottes über Saul kam, nahm David die Harfe zur Hand und spielte. Da konnte Saul befreit aufatmen und es ging ihm besser. Denn der böse Geist hatte ihn verlassen.

Der Herr schenke uns ein Herz für sein Wort und ein Wort für unser Herz. Amen.


Wer gestern vor den

Fernsehbildschirmen

die Geschehnisse in London

verfolgt hat,

wird es gehört haben:

God save the King.

Die englische Hymne.

Leicht verändert.

Der Monarchie in

Großbritannien steht nun

ein neues Gesicht vor.

Keine Königin Elisabeth II.

Mehr, sondern ein King,

Charles III.

Und vielleicht geht es euch wie mir,

dass ihr nur wenig mit der Monarchie

und all dem Pomp

in den Königshäusern

Europas anfangen könnt,

aber dennoch reißt es Menschen mit.

Unzählige wollten sich von der

verstorbenen Queen verabschieden.

Schier endlos schien die Schlange.

Und viele fiebern mit,

sei es die tragische Liebesgeschichte

von Charles und Camilla,

sei es das Bangen,

ob Charles jemals König wird,

das ja nun ein Ende hat;

seien es die Zerwürfnisse

innerhalb der Königsfamilie,

um Harry und Meghan

oder um Prinz Andrew.

Viele fiebern mit.


Und möglicherweise ist es so,

dass niemand mehr wirklich

eine Monarchie braucht,

aber vielleicht ja trotzdem

die Rituale und Zeremonien,

die Momente, Bilder

und Geschichten,

die sie schreiben

und die irgendwie beispielhaft

für die eigenen großen Momente

stehen.

Die schönen und die schweren,

die Geburten, Hochzeiten

und Begräbnisse.

Nur eben vor Kameras

und Mikrofonen,

in Gold und Edelsteinen,

Roben, Kronen,

Handtaschen und Federhüten.

Gut möglich, dass sich das

eigene Leben in diesen

Momenten und Bilder

und Geschichten spiegelt

und dadurch ein anderer Glanz

darauf fällt.


Die Geschichte aus dem

1. Samuelbuch, die heute

den Predigttext gibt,

hat es auch mit einem König zu tun.

Einem 3000 Jahre altem,

aber wenn Charles nur noch

etwas länger hätte auf den Thron

warten müssen, dann

wäre er ja gar nicht mehr

so weit weg davon gewesen.

Vor 3000 Jahren nun

gab es in Israel zumindest

noch gar keine Könige.

Stammesoberhäupter vielleicht,

die Recht und Gerechtigkeit sprachen,

aber mit Königinnen und Königen

hielt man sich lange zurück.

Gott war König.

Das sollte reichen,

so überliefert es die Bibel.

Aber dann sollte es doch einen

König geben,

also wurde einer auserkoren

und feierlich gesalbt.

Das gibt die Vorlage

für die Krönungen bis heute.

Und der, der damals zuerst

zum König über Israel

gesalbt wurde,

der hieß: Saul.

God save the King.

Gott schütze den König.

Das haben sie bestimmt

auch damals schon gerufen

oder gesungen.

Aber bald schon liegt

ein Schatten über der

Regentschaft des jungen Königs.

Helle Tage lösen dunkle ab

und andersherum.

Ein wankelmütiger König.

Und die Bibel stellt

nüchtern fest:

Der Geist Gottes hatte Saul verlassen.“


Gott saved den King

nicht mehr.

Manchmal benimmt er sich gar

wie von allen guten Geistern

verlassen.

Die Leute am Hof rätseln,

wie sie ihn beschwichtigen könnten.

Und die beste Idee,

die ihnen kommt:

Musik könnte helfen.

Alles geht besser mit Musik.

Vielleicht geht es auch

unserem König besser

mit Musik.

Man habe von einem

jungen Hirten gehört,

der die Harfe so

wunderbar spielt.

Ein Junge namens David,

aus Bethlehem,

ein Sohn Isais.

Und die Idee hat Erfolg.

Der Junge kommt an den Hof,

der König atmet in den

schweren, dunklen Stunden auf

und gewinnt den Jungen sogar lieb.

Aber die Geschichte wird

nicht gut ausgehen.

Es bleibt dabei:

Gott saved den King nicht mehr.

Zumindest diesen nicht.

Der junge David wird

dem wankelmütigen Saul

irgendwann zum Feind

und sogar zum Konkurrenten

um den Thron.

Diesen Konkurrenzkampf

wird Saul verlieren,

und sein Leben auch,

und David wird zu einem

der berühmtesten Könige

Israels aufsteigen.

Aber das ist hier noch

Zukunftsmusik.

Noch ist es der junge David,

der am Hof für eine

andere Stimmung sorgt.

Und gestern, bei der Krönung

Charles des III.

gab es auch einen Knaben,

der vorsprach

und im Gottesdienst das Wort

an den neuen König richtete.

Stellvertretend für die

nächste Generation,

sprach der Junge den

schon alten König an

und erinnerte ihn daran,

dass Gott der König

über alle Könige ist.

Und Charles musste versprechen,

dass er diese Ordnung achtet,

dass er nicht gekommen ist,

um sich bedienen zu lassen,

sondern um zu dienen.

Daran dürfen die jungen Menschen

nicht nur einen alten König erinnern,

finde ich.

Denn die alten Könige und Königinnen

sind allesamt nicht gekommen,

um zu bleiben.

Auch die Despoten nicht.

Keine Regierung,

kein Vorstand

noch irgendein Amt.

Alle müssen alles für die tun,

die nach ihnen kommen.

Das war vor 3000 Jahren,

bei Saul und David so,

und so ist es bis heute

und so wird es bleiben.


David aber, der später

König werden wird,

der durch Verfolgung ging,

ebenso wie durch eigene

Miss- und Ungeschicke,

durch Gefahr, durch Liebe,

Schuld und Rettung,

durch Hoffnung und Verzweiflung,

dieser David ließ nie von der Musik.

Er singt und spielt dem Herrn,

auch neue Lieder,

denn der tut Wunder.

Sagt der 98. Psalm.

Und in Psalmen leben seine Lieder

bis heute und werden uns

zu Gebeten.

Sie sind geblieben,

vielleicht auch, weil sie

mehr noch, als all die Geschichten

der Königinnen und Könige,

die Momente tragen,

die durch dein und mein

Leben gehen:

die hohen und tiefen;

und weil sie etwas davon

hinübertragen zu dem,

von dem alles kommt

und durch den alles ist

und der bleibt,

auch über denen bleibt,

die lange nach uns kommen.

Von ihm ist auch die Musik,

die nicht nur trägt,

sondern sogar hebt,

manchmal einen dunklen Geist

heraus aus der Tiefe,

bis Licht ihn vertreibt,

und manchmal einen

fröhlichen Moment

hin zu einem unvergesslichen,

etwas vergängliches

bis hinüber in die Ewigkeit.

Möge keinem von uns solches

Singen und Spielen je

abhandenkommen,

egal in welcher Lebenslage.

Und unterwegs mögen uns

die Gaben tragen,

die Isai, der Vater Davids,

ihm mit auf seinen Weg gab,

als er an den Hof Sauls gerufen wurde:

Einen Esel für alle Lasten,

mit weichem Fell,

auch zum Trösten;

ein tägliches Brot,

das über Wasser hält,

und Wein zum Anstoßen,

bei all den Festen,

die noch kommen,

oder in den Runden,

die besinnlich sind;

aber auch solchen Wein,

der mehr bedeutet,

als die Welt fassen kann,

wenn wir als Familie Gottes

am Altar stehen

und zeichenhaft

das Leben teilen,

Abendmahl feiern.

Und schließlich noch

ein Ziegenböckchen,

das für David eine Erinnerung

an seine Zeit Zuhause als Hirte war,

ein Ziegenböckchen dafür,

dass ich nicht vergesse,

woher ich komme

und was mich geprägt hat.


Das hilft bestimmt schon

gegen viele böse Geister.

Das hilft bestimmt auch

zum Singen und Spielen

und zu einem neuen Lied

für den Herrn,

der Wunder tut.


Denn ich könnte ja sagen:

Gott hat den König schon gesaved,

jenen Gesalbten,

den wir Christus nennen,

um dessentwillen

seine Freunde Gott loben

mit lauter Stimme,

und sich manche beschweren,

aber zur Antwort bekommen:

Wenn jene schwiegen,

würden die Steine schreien.


Damit diese das nicht müssen,

halten wir die Stimmen hoch

und loben Gott,

durch Hohes und Tiefes,

mit Liedern,

die irgendwann einmal

vielleicht Gebete sind,

die Menschen nach uns beten,

vorher aber schon

Herzen und Seelen halten

und heben mögen,

manchmal einen dunklen Geist

heraus aus der Tiefe,

bis Licht ihn vertreibt,

und manchmal einen

fröhlichen Moment

hin zu einem unvergesslichen,

und etwas Vergängliches

bis hinüber in die Ewigkeit.


Und der Friede Gottes, der höher ist als wir es verstehen können, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Amen.

[Idee und Teile von: Kathrin Oxen, FB-Predigtkultur, 06.05.2023]


Predigtlied: EG 302 Chor: 1+3; Gem. 2,4,8 (Du meine Seele singe)


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Predigt am Sonntag Invocavit - 26.02.2023

Gottesdienst zur Verabschiedung in Pappendorf

Predigttext: Hiob, Kapitel 2, Verse 7-13


Gnade sei mit euch und Friede, von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen.


Hiob 2, 7-13 (BasisBibel): nach einem Prolog im Himmel...

7 Danach verließ der Satan den Herrn und sorgte dafür, dass Hiob krank wurde: Geschwüre brachen aus und bedeckten ihn von Kopf bis Fuß.

8 Da nahm er eine Tonscherbe, um sich zu kratzen. Er saß auf dem Boden mitten im Dreck.

9 Seine Frau sagte zu ihm: »Willst du dich noch immer frei von Schuld halten? Verfluche endlich Gott, sodass du stirbst!«

10 Da antwortete er ihr: »Dummes Gerede! Wenn wir das Gute von Gott bekommen, sollten wir da nicht auch das Böse annehmen?« Bei allem ließ Hiob sich nichts zuschulden kommen. Kein böses Wort kam ihm über die Lippen.

11 Drei Freunde Hiobs hörten von all dem Unglück, das ihn so schlimm getroffen hatte. Sie kamen zu ihm – jeder aus seinem Heimatort: Elifas aus Teman, Bildad aus Schuach, Zofar aus Naama. Sie hatten miteinander verabredet, Hiob zu besuchen. Sie wollten ihm ihr Mitgefühl zeigen und ihn trösten.

12 Schon von Weitem sahen sie ihn, aber sie erkannten ihn nicht wieder. Da brachen sie in lautes Wehklagen aus. Jeder von ihnen zerriss sein Gewand und streute sich Staub auf den Kopf.

13 Dann setzten sie sich zu ihm auf die Erde. Sieben Tage und sieben Nächte saßen sie da und sprachen kein einziges Wort. Denn sie sahen, wie heftig sein Schmerz war.

Der Herr segne an uns sein Wort. Amen.


Es ist ja nicht so leicht

mit den Veränderungen.

Oder mit dem Aushalten

der Gegenwart,

wenn sie unliebsam

und schwierig ist.

Da werden Sehnsüchte wach.

Auch solche nach früher.

Reinhard Mey hat 1998

ein wunderschönes Lied geschrieben.

Es heißt: „Viertel vor sieben.“

Westdeutsch. Ich weiß.

Trotzdem ein schönes Lied.

Es spielt mit Gedanken,

die sich manchmal wünschen,

dass es nochmal sein könnte,

wie es war,

als noch alles in Ordnung war.

Sein Sehnsuchtsort

in diesem Lied

ist die Kindheit.

Als noch keine traurigen Nachrichten im Briefkasten lagen,

dass eine große Liebe zu Ende geht;

oder das Altern vieles noch nicht schwieriger gemacht hat,

weil das Fell dünner und die Sorglosigkeit weniger geworden ist.

So erzählt Reinhard Mey.

Es beginnt:

Dunkle Regenwolken sind aufgezogen
Die Dämmerung fällt auf einmal ganz schnell
Überm Stahlwerk flackert blau der Neonbogen
Die Fenster im Ort werden hell
Wo hast du dich nur wieder rumgetrieben
Zieh' die klatschnassen Schuh' erstmal aus

Manchmal wünscht ich es wär nochmal Viertel vor sieben
Und ich wünschte ich käme nach Haus
Und es soll Sonnabend sein und es soll Topfkuchen geben
Und der soll schon auf dem Küchentisch stehen
Und eine Kanne Kakao und meine Tasse daneben
Und ich darf die braune Backform umdrehen
Schockoladenflocken mit der Raspel gerieben
In der Schaumkrone meines Kakaos

Manchmal wünscht ich es wär nochmal Viertel vor sieben
Und ich wünschte ich käme nach Haus“

[Reinhard Mey: Viertel vor sieben]


Es spielt mit der Sehnsucht zurück in ein Paradies,

das einmal war.

Für Reinhard Mey die Kindheit.

Für viele andere vielleicht auch.

Mindestens aber immer dorthin zurück,

wo es noch anders war, als es jetzt ist.

Als Adam und Eva noch

mit dem Geist Gottes im Paradies tanzten.

Als Hiob noch nicht

von Krankheit und Unglücken geschlagen war.

Solche sehnsüchtigen Worte,

die aus dem Munde Hiobs stammen,

hörten sich dann vielleicht so an...


Dunkle Gedanken sind aufgezogen,

arge Worte fallen plötzlich ganz schnell.

Am Horizont steht nirgends ein Regenbogen

und nichts erscheint gerade irgendwie hell.

Was hat mich heute die Krankheit wieder aufgerieben,

die Beulen, das Jucken – Tag ein und Tag aus.

Manchmal wünscht ich, es wäre wie früher geblieben,

und ich wünschte, ich käme nach Haus.

Meine Frau wäre milder und alle Kinder tollten,

kein Mangel, kein Streit, keine Schwermut,

gerade so, wie wir Familie sein wollten,

nur hoffen und glauben, alles wird gut.

Wir hatten doch alles Unheilige vermieden

und hielten uns aus allem Bösen heraus.

Manchmal wünscht ich, es wäre wie früher geblieben,

und ich wünschte, ich käme nach Haus.


Hiob hat diese Zeilen natürlich nicht geschrieben.

Und es bleibt Spekulation,

dass sie in ihm vorgegangen sein könnten.

Aber dennoch stelle ich es mir gern vor.

Denn es liegt nahe:

Wenn sich alles verändert,

ungewiss und manchmal auch

angsteinflößend sein kann,

dass ich mich sehne...

dorthin wo noch keine Sorgen

mit Gegenwart und Zukunft verbunden waren.

So etwas wie ein erinnertes Paradies.

Auch wenn es das vielleicht

nie so gegeben haben wird.

Die Erinnerung ist trotzdem schön.

Und ich könnte vielleicht heute sagen:


Dunkle Regenwolken sind aufgezogen,

die Dämmerung fällt auf einmal ganz schnell.

Am Horizont steht zart ein Regenbogen,

die Fenster im Dorf werden hell.

Was hat mich heut' der Umzug getrieben,

ich zieh' die dreckigen Schuh' erstmal aus.

Manchmal wünscht ich, es wär' nochmal dreiviertel sieben

und ich wünschte, ich käme nach Haus.

Und es soll Montag sein und auf dem Spotplatz ist Leben.

Und ich sehe schon die ersten dort stehen,

ich bin etwas spät, so ist das eben,

und fühle mich trotzdem gern gesehen.

Gemeinsam beim Fußball aufgerieben,

klingt der Abend im Bauwagen aus.

Manchmal wünscht ich, es wär' nochmal dreiviertel sieben

und ich wünschte, ich käme nach Haus.


Ich kann im Gehen nicht alles behalten

und jeder Abschied fällt schwer,

ich kann nur, was kommt, gestalten,

und dass etwas bleibt, wünsche ich sehr.

Ein Weggang im Frieden,

so will ich heute hinaus.

Auch wenn ich wünschte, es wär' nochmal dreiviertel sieben

und ich wünschte, ich käme nach Haus.

Und vor der Tür ist frischer Lavendel gesetzt,

oder ein neuer Schmuck tauchte auf,

jemand hat es schon mit der Gießkanne benetzt,

es nimmt ganz von selbst seinen Lauf,

und ich denke: „Ich dank euch, ihr Lieben!“

und gehe ganz fröhlich ins Haus.

Manchmal wünscht ich, es wär' nochmal dreiviertel sieben

und ich wünschte, ich käme nach Haus.


Vielleicht habt ihr ähnliche Erinnerungen,

die sich paradiesisch anfühlen

und die gegen die Wogen der Zeit helfen.

Manchmal müssen sie gar nicht so weit weg sein.

Es kann erst letzte Woche gewesen sein.


Und ich wünschte, es wär' nochmal dreiviertel sieben

und ich wünschte, ich käme nach Haus.

Und auf der Treppe im Pfarrhaus würde etwas stehen,

ein kleiner Gruß, ganz ohne Grund,

und ich würde damit nach oben gehen,

mit dieser Freude für Herz und Mund,

alle Anstrengung wäre am Fuß der Treppe geblieben,

denn jede Aufmerksamkeit trägt etwas aus.

Und ich wünschte, es wär' nochmal dreiviertel sieben

und ich wünschte, ich käme nach Haus.


Ich glaube, dass es vielen so geht.

Dass es viele Situationen gibt,

die Sehnsucht wecken.

Die Sehnsucht zurück in ein Paradies,

das einmal war.

Vielleicht auch die Kindheit.

Mindestens aber immer dorthin zurück,

wo es noch anders war, als es jetzt ist.


Jemand hat Angst, wie es weitergehen kann,

jemand leidet an Einsamkeit,

jemand zinkt einen anderen an,

jemand hat keine Zeit.

Jemand handelt völlig übertrieben

und bootet einen anderen aus.

Manchmal wünscht ich, es wär' nochmal dreiviertel sieben

und ich wünschte, ich käme nach Haus.

Und Vater soll den Ofen anfachen

und Mutter dabei Märchenfilme sehen

und ich wüsste, dass sie mich bewachen,

wenn draußen Kälte und Arges vorübergehen.

Dann wären Angst und Einsamkeit gemieden,

kein Gram, kein Grimm, kein Graus.

Manchmal wünscht ich, es wär' nochmal dreiviertel sieben

und ich wünschte, ich käme nach Haus.


Aber in allem Wünschen und Hoffen

auf ein Paradies der Vergangenheit,

ändert sich doch die Gegenwart nicht.

Das wissen die Menschen in der Ukraine

nur zu gut, für die sich vor einem Jahr

von jetzt auf gleich alles veränderte.

Und es gibt bestimmt nicht wenige,

die sagen würden, was ich vorhin Hiob

in den Mund gelegt habe:

Manchmal wünscht ich, es wäre wie früher geblieben,

und ich wünschte, ich käme nach Haus.

Und es soll Morgen sein,

kein Alarm weit und breit,

ich schenke mir Kaffee ein,

nehme die Zeitung, habe Zeit,

bin noch fünf Minuten nach dem Wecker im Bett geblieben,

aber mit dem Snoozen dann wirklich raus.

Manchmal wünscht ich, es wäre wie früher geblieben,

und ich wünschte, ich hätte Frieden im Haus.


Aber in allem Wünschen und Hoffen

auf ein Paradies der Vergangenheit,

ändert sich doch die Gegenwart nicht.

Hiob weiß das auch.

Er fügt sich.

Wenn wir das Gute von Gott bekommen,

sollten wir da nicht auch das Böse annehmen?“

Sagt Hiob zu seiner Frau,

die das Leid ihres Mannes

nur schwer mit ansehen kann.


Keine Antwort auf das Warum in Sicht.

Und wie ist es um die

Gerechtigkeit Gottes bestellt?

Kann das ein gerechter Gott sein,

der das zulässt:

Das Leid und Elend Hiobs?

Das Leid und Elend in dieser Welt?


Wer wünschte da nicht, es wäre wie früher geblieben?

Wer wünschte da nicht, er käme nach Haus?

Und es soll Sonnabend sein und es soll Abendbrot geben.

Und es soll schon auf dem Küchentisch steh'n,

Und Opa sitzt da, ein Glas Wein gleich daneben,

und ich gegenüber, kann ihn gut seh'n.

Zusammen am Tisch mit drei meiner Lieben,

danach zu Bett, der Abend ist aus.

Und ich wünschte, es wär' nochmal dreiviertel sieben

und ich wünschte, ich käme nach Haus.


Aber das geht leider nicht.

Das Leben ist ein Werden.

Und es wird und wird und wird

immer anders.


Also erzählt das Buch Hiob,

dass drei Freunde kommen.

Sie haben vom Leid gehört

und wollen Nahe sein.

Ich denke an den Besuch,

den Abraham in seinem Zelt

in der Wüste bekommt.

Als drei Männer zu ihm kamen.

Und später lässt sich ahnen,

dass es Gott war,

der ihn besuchte.

Nun kommen also

Elifas, Bildad und Zofar

zu Hiob.

Und es verschlägt ihnen die Sprache.

Sie schweigen gemeinsam.

Sieben Tage und sieben Nächte.

Und ich weiß,

dass manche Geborgenheit

und mancher Trost

und mancher Beistand

keine Worte braucht.

Manchmal muss ich nur innehalten,

und wahrnehmen und ernst nehmen,

dass es jetzt ist, wie es ist.

Passionszeit.

Innehalten,

wahrnehmen und ernst nehmen,

was jetzt ist.

Und dabei die leisen

Begebenheiten entdecken:

Drei Freunde,

die nicht zögern,

sich aufzumachen;

und als ihnen die

zurechtgelegten Worte

beim Anblick des Freundes

wie Sand in den Fingern

zerrinnen,

da schreien sie

und dann schweigen sie.

Sieben Tage und sieben Nächte.

Das meint: so lange wie es braucht.

Sie sind da und bleiben.

Und weil auch Hiob schweigt,

glaube ich, dass in diesem Moment

keine Wünsche nach früher

in ihm aufstiegen.

Weil ein Stück paradiesischer Geborgenheit,

ein Stück Zuhause

mit diesen Freunden

zu ihm gekommen ist.


Und ich denke,

das bedeutet es,

zu glauben.

Als Jesus in der Wüste war,

waren keine drei Freunde bei ihm.

Aber er vertraute darauf,

dass Gott da ist.

Und als er der Versuchung

widerstanden hatte,

dienten ihm die Engel.

Ich glaube,

die Gegenwart Gottes

macht sich bemerkbar.

In einem Freund.

Oder in dreien.

Oder in einer Kraft,

die mir zuwächst.

So dass ich aushalten kann,

was mir auferlegt ist,

wenigstens noch ein bisschen länger.

Vielleicht, so lange wie es braucht.


Und dann entdecke ich manchmal,

in der Gegenwart ein Stück Zuhause.

Wie eine Morgenröte am Horizont,

geht da ein Sehnsuchtsort auf,

an dem ich gut sein kann.

Nicht besser oder schlechter.

Nur anders.


Und ich weiß wohl,

dass manche von euch aushalten müssen,

wie Hiob im Staub.

Vielleicht kann es helfen,

zu wissen, was Hiob noch nicht weiß,

dass Gott am Ende im Sturm erscheint

und Hiob alles zurück erhält,

was ihm genommen wurde.

Aber vor allem hoffe ich,

dass sich auch für euch

die Gegenwart Gottes bemerkbar macht.

Vielleicht auch in den

vergangenen vier Jahren

manchmal bemerkbar war.

In einem Freund.

Oder in dreien.

Oder in einer ungeahnten Kraft.


Dieser Abschied, heute,

ist nicht das Schicksal Hiobs.

Keineswegs.

Aber es ist eine Veränderung,

die auch schmerzlich ist.

Trotz allem, auf das ich mich

sicher freuen kann,

wenn das Neue beginnt.

Und ich bin sicher,

dass sich Gott auch dann

bemerkbar machen wird.

Wie heute hier.

Mit euch allen,

die ihr heute da seid.


Ich kann im Gehen nicht alles behalten

und jeder Abschied fällt schwer,

ich kann aber, was kommt, gestalten,

und dass etwas bleibt, wünsche ich sehr.

Ein Weggang im Frieden,

so will ich heute hinaus.

Und vielleicht wünsche ich dann trotzdem,

es wär' nochmal dreiviertel sieben,

und ich wünschte, ich käme nach Haus.

Und es soll Abendbrot geben

und es soll schon auf dem Küchentisch steh'n

und da sitzen zwei Liebste daneben,

ich kann es schon gut vor mir seh'n.

Am Tisch mit zwei meiner Lieben

geht ein Abend aus.

Und ich weiß, ganz egal ob dreiviertel sieben,

ich weiß, hier ist jetzt Zuhaus'.


Und der Friede Gottes, der größer ist als wir verstehen können, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Lied: SvH „Ich bin in guten Händen“


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Predigt am Sonntag Okuli - 12.03.2023

Zur Eröffnung der ökumenischen Bibelwoche (Bibelsonntag)

Predigttext: Apostelgeschichte des Lukas, Kapitel 27, Verse 13-38


Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Apostelgeschichte 27, 13-38 (Luther 2017)

Seesturm und Schiffbruch

13 Als aber der Südwind wehte, meinten sie, ihr Vorhaben ausführen zu können, lichteten die Anker und fuhren nahe an Kreta entlang. 14 Nicht lange danach aber brach von der Insel her ein Sturmwind los, den man Nordost nennt. 15 Und da das Schiff ergriffen wurde und nicht mehr gegen den Wind gerichtet werden konnte, gaben wir auf und ließen uns treiben. 16 Wir fuhren aber vorbei an einer Insel, die Kauda heißt, da konnten wir mit Mühe das Beiboot in unsre Gewalt bekommen. 17 Sie zogen es herauf und umspannten zum Schutz das Schiff mit Seilen. Da sie aber fürchteten, in die Syrte zu geraten, ließen sie den Treibanker herunter und trieben so dahin. 18 Und da wir großes Ungewitter erlitten, warfen sie am nächsten Tag Ladung ins Meer. 19 Und am dritten Tag warfen sie mit eigenen Händen das Schiffsgerät hinaus. 20 Da aber viele Tage weder Sonne noch Sterne schienen und ein gewaltiges Ungewitter uns bedrängte, war all unsre Hoffnung auf Rettung dahin. 21 Und als man lange nichts gegessen hatte, trat Paulus mitten unter sie und sprach: Liebe Männer, man hätte auf mich hören sollen und nicht von Kreta aufbrechen, dann wäre uns Leid und Schaden erspart geblieben. 22 Doch nun ermahne ich euch: Seid unverzagt; denn keiner von euch wird umkommen, nur das Schiff. 23 Denn diese Nacht trat zu mir der Engel des Gottes, dem ich gehöre und dem ich diene, 24 und sprach: Fürchte dich nicht, Paulus, du musst vor den Kaiser gestellt werden; und siehe, Gott hat dir geschenkt alle, die mit dir fahren. 25 Darum, liebe Männer, seid unverzagt; denn ich glaube Gott, es wird so geschehen, wie mir gesagt ist. 26 Wir werden aber auf eine Insel auflaufen. 27 Als aber die vierzehnte Nacht kam, seit wir in der Adria trieben, wähnten die Schiffsleute um Mitternacht, sie kämen an ein Land. 28 Und sie warfen das Senkblei aus und fanden es zwanzig Faden tief; und ein wenig weiter loteten sie abermals und fanden es fünfzehn Faden tief. 29 Da fürchteten sie, wir würden auf Klippen geraten, und warfen hinten vom Schiff vier Anker aus und wünschten, dass es Tag würde. 30 Als aber die Schiffsleute vom Schiff zu fliehen suchten und das Beiboot ins Meer herabließen und vorgaben, sie wollten auch vorne die Anker herunterlassen, 31 sprach Paulus zu dem Hauptmann und zu den Soldaten: Wenn diese nicht auf dem Schiff bleiben, könnt ihr nicht gerettet werden. 32 Da hieben die Soldaten die Taue ab und ließen das Beiboot ins Meer fallen. 33 Und als es anfing, hell zu werden, ermahnte Paulus sie alle, Nahrung zu sich zu nehmen, und sprach: Es ist heute der vierzehnte Tag, dass ihr wartet und ohne Nahrung geblieben seid und nichts zu euch genommen habt. 34 Darum ermahne ich euch, etwas zu essen; denn das dient zu eurer Rettung; es wird keinem von euch ein Haar vom Haupt fallen. 35 Und als er das gesagt hatte, nahm er Brot, dankte Gott vor ihnen allen und brach's und fing an zu essen. 36 Da wurden sie alle guten Mutes und nahmen auch Nahrung zu sich. 37 Wir waren aber alle zusammen im Schiff zweihundertsechsundsiebzig. 38 Und nachdem sie satt geworden waren, erleichterten sie das Schiff und warfen das Getreide in das Meer.

Der Herr segne an uns sein Wort. Amen.


Eine Seefahrt, die ist lustig,

eine Seefahrt die ist schön...“

Holahi und Holaho!

Häufig mag das so sein.

Viele scheinen das auch

so zu empfinden,

zumal sich ja Kreuzfahrten

immer noch zunehmender

Beliebtheit erfreuen.

Aber wohl spätestens ein

Schiffsreiseerlebnis wie das,

was in der Apostelgeschichte

geschildert wird,

kann einem die Freude

an der lustig-schönen Seefahrt

dann wohl doch vergällen.

Keine lustige Seefahrt

wird hier beschrieben.

Mitten auf dem Adriatischen Meer.

Irgendwo zwischen Kreta und Malta

ist Paulus unterwegs.

Ein unfreiwillig Reisender,

der nun zu allem Überfluß

auch noch in Seenot geraten ist.

[Sie sitzen] alle in einem Boot.

[von: Kathrin Oxen, FB-Predigtkultur, 2018]


276 Menschen.

Alle gleich.

Da ist es egal,

ob einer Hauptmann ist

oder eine Gefangene,

ob Heimfahrt,

Verlegung

oder Dienstreise.

Alle in einem Boot

und gleich -

mindestens vor dem Sturm,

der sie und das Boot erfasst.

Alle in einem Boot

und gleich -

in ihrer Angst und

in ihrer Verzweiflung.

Auch wenn jede und jeder

anders damit umgeht.


Ziel der Reise ist Rom.

Dort soll Paulus

der Prozess gemacht werden.

Der Ausgang ist ungewiss.

Paulus ist also als

Gefangener auf dem Schiff.

Und dennoch wirkt er

wie der Freiste von allen.

Also doch nicht alle ganz gleich.

Zumindest Paulus nicht.

Weil er als Gefangener

doch frei zu sein scheint –

jedenfalls von Angst.


Wohl dem Menschen,

dem das gelingt.

Häufig genug

gelingt es nicht.

Denke ich zumindest.

Dramatisches,

gar Tragisches

und Katastrophen

hält das Leben ja genug bereit.
Ich muss dafür gar kein
besonderer Dramamensch sein.

Die Stürme kommen und gehen.
Vom Fußballspiel über Partnerschaften,
bis zu Beruf oder persönlichen Meinungen
und denen anderer.
Spiele gehen verloren,
Partnerschaften zerbrechen,
Anstellungsverhältnisse enden
und manche Beziehungen,
zu Menschen anderer Meinung auch.
Sogar manches Leben
geht manchmal tragisch zu Ende.
Es kann hart und stürmisch sein,
wie hohe See – das Leben.
Manchmal gar buchstäblich.
Wenn Flüchtende in Seenot geraten.
Aber das ist ja nur eine ihrer Nöte.
Und der Krieg ist ein Drama
und das Klima auch
und erst recht ein Amoklauf,
wie jüngst in Hamburg.
Allesamt bisweilen Tragödien.
Allesamt zum Fürchten.

Kaum zu verübeln,

wenn einer oder einem

da Angst und Bange würde;

wenn da ein Mensch

gefangen auf dem

Schiff des Lebens

unterwegs wäre –

eine Gefangene der Angst.

Jetzt die Sofadecke drüber legen,
den Fernseher an
und einen Tatort.
Am besten Münster,
da kann man auch ein bisschen lachen,
weil Thiel und Börne so albern sind.

Spannend ist es trotzdem.
Und ihre Fälle klären sie auch.
Heile Welt.
Wenigstens am Sonntagabend,

für anderthalb Stunden.


Wie eine rettende Insel

im Getöse stürmischer Tage.


Mir fällt die Geschichte einer Frau ein,
die ich in der jüngeren Vergangenheit
ein Stück begleitet habe.

Nennen wir sie „Isolde“.
Die Wellen haben in ihrem Leben
hoch geschlagen.
Keine euphorischen Höhen.
Eher Stürme, Gegenwind und
peitschende Gischt.
Sie kämpft mit depressiven Episoden
und Angst. Viel Angst.
Genug Drama für mehr als ein Leben.

Und sie:

auch eine Gefangene.

Eine Gefangene der Angst.

Einen Tatort gibt es.
Einen Seelentatort vielleicht.
Aber es gibt keine Sofadecke

weit und breit,
die sie darüber legen könnte.

Der Glaube ist ihr unterwegs
schon manchmal abhanden gekommen.
Ein Engel, wie der, der Paulus bei Nacht

auf dem Schiff besuchte,
der wäre nicht schlecht.
Aber kein Engel weit und breit.
Könnte man meinen.

Wir haben viel gesprochen
in den vergangenen Monaten.

Isolde und ich.
Auch über die Geschichte

des Propheten Elia
haben wir gesprochen.
Sie kennen die vielleicht...

Eine der für mich eindrücklichsten

Geschichten des Alten Testaments:
Dem Propheten Elia,

sollte es an den Kragen gehen –

es ging um seinen Kopf.

Er wird verfolgt.

Er hat Angst.

Und er hat keinen Bock mehr.

Es ist zu viel.

Er flüchtet in die Wüste,

um dort zu sterben.

Alle Kraft und aller Mut

waren verloren.

Es ist genug.“ sagte Elia

und schlief in der Wüste ein –

in dieser unwirtlichen,

lebensfeindlichen Gegend,

die vielleicht ganz so war,

wie Elia sich fühlte.

Da hätte es vorüber sein können

mit dem großen Propheten.

Doch so war es nicht.

Steh auf und iss.“ hörte er,

schlug die Augen auf

und sah ein geröstetes Brot

und einen Krug Wasser vor sich.

Er aß und trank

und schlief wieder ein.

Es geschah ein weiteres Mal:

Steh auf und iss“,

hörte er eine Stimme sagen,

Steh auf und iss,

denn du hast noch einen

weiten Weg vor dir.“

Auch eine Engelsbegegnung.

Hier ist es noch nicht zu Ende,

sagt sie dem erschöpften Elia,

schöpfe neue Kraft

und setze deinen Weg fort.

Und Elia ging.

Er ging, um schließlich

Gott zu begegnen:

nicht in einem Sturm,

nicht in einem Erdbeben

und nicht in einem wilden Feuer,

sondern in einem stillen,

sanften Sausen.

Unscheinbar.
Leise.

Wie der Engel.
Nur zwei Hände,

die Brot und Wasser reichen.

Einmal.
Zweimal.
Oft genug,

um neue Kraft zu schöpfen.

Als ich Isolde von dieser
biblischen Begebenheit erzählte,
sagte sie zu mir:
"Helga ist für mich ein Engel."
Helga ist eine Frau aus der Kirchgemeinde,
die sich um Isolde kümmert.
Inzwischen hat sie sogar einen festen Tag
in der Woche eingerichtet,
an dem sie sich Zeit für Isolde nimmt.
Immer eine bestimmte,
begrenzte Zeit,
in der Isolde bestimmen darf,
was damit geschehen soll:
Spazieren, nur Reden
oder Einkaufen.
Alles möglich.
Wie Isolde das erzählt,

grinst sie breit.

Das habe ich bei ihr

lange nicht gesehen.

"Helga ist für mich ein Engel.",
sagt sie.
Ich nicke.
Ja, Helga ist wie dieser Engel.
"Ob mir Gott den schickt?",
fragt Isolde.
"Ich kann es mir gut vorstellen.",
sage ich.
"Dann ist er vielleicht doch
in meiner Krankheit für mich da.",
sagt sie.
Wir schweigen.


Zu zweit auf einer rettenden Insel

im Getöse stürmische Tage.

Ein Gedanke wie ein Geschenk.

Ein Moment wie eine Decke

auf dem Sofa am Sonntagabend.

Auch wenn ich nicht will,
durch die Stürme muss ich hindurch.

Manchmal freiwillig.

Manchmal gefangen.

Jedes Leben schreibt seine Dramen.
Meins auch.
Eures auch.

Wir sitzen sozusagen

im gleichen Boot.

Und die Angst

ist mindestens Passagier.

Gut, wenn sie nicht

Steuermann würde.


Auch als Christen

in dieser Welt,

in dieser Zeit,

in einem Schiff,

das sich Gemeinde nennt.

Unklar, wohin die Reise geht.

Die jüngsten Austrittszahlen

geben erneut genug Grund

mindestens zur Besorgnis.

Stürme und hohe Wellen umher.


Vielleicht wie bei den Freunden Jesu

damals im Boot

auf dem See Genezareth.

Verängstigt.

Zusammengekauert.

Hilflos und ratlos.

Da hören sie ein

"Fürchtet euch nicht!",
gerufen mitten in die Angst
eines stürmischen Abends auf See.
Von irgendwo,

aus undurchsichtigem Gewühl,
kommt einer her und hilft,

der Jesus heißt.

Kein Engel.

Mehr wie Gott selbst.


"Fürchtet euch nicht!"

Worte, wie eine Insel.

Wer den Sprung

auf diese Insel wagt,

bekommt wieder Boden

unter den Füßen;

erreicht neues Land.


Dort kann ich frei,

wie Paulus im Sturm,

frei von Angst,

hintreten.


Und dann Brot brechen,

gemeinsam essen,

Kraft schöpfen

und dabei auch Mut,

für das, was kommt.

Wie erzählt wird:

Als er das gesagt hatte, [Paulus]

nahm er Brot, dankte Gott

vor ihnen allen

und brach's

und fing an zu essen.

Da wurden sie alle guten Mutes

und nahmen auch Nahrung zu sich.“

Denn Nahrung brauchen alle.

Auch Nahrung für die Seele.

Und Hoffnung.

Auch die, für die die Hoffnung

keinen Namen hat.


Und dann weitergehen,

wie Elia, bis zum Horeb,

um dort Gott zu begegnen.

In der Stille,

die einkehrt,

wenn die Angst vergeht.


Und dann lächeln,

wie Isolde,

die so wenig zu lachen hatte

in den vergangenen Jahren;

aber nun weiß,

dass da Engel sind

und Gott auch.

Fürchte dich nicht!“

Amen.


Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.


Pred.lied: EG 372, 1-4 (Was Gott tut, das ist wohlgetan)


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Predigt am Sonntag Reminiszere - 05.03.2023

Predigttext: Markusevangelium, Kapitel 12, Verse 1-12


Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.


Markus 12, 1-12 (Luther 2017)

1 Und er fing an, zu ihnen in Gleichnissen zu reden: Ein Mensch pflanzte einen Weinberg und zog einen Zaun darum und grub eine Kelter und baute einen Turm und verpachtete ihn an Weingärtner und ging außer Landes.

2 Und er sandte, als die Zeit kam, einen Knecht zu den Weingärtnern, damit er von den Weingärtnern seinen Anteil an den Früchten des Weinbergs nähme.

3 Da nahmen sie ihn, schlugen ihn und schickten ihn mit leeren Händen fort.

4 Abermals sandte er zu ihnen einen andern Knecht; dem schlugen sie auf den Kopf und schmähten ihn.

5 Und er sandte einen andern, den töteten sie; und viele andere: die einen schlugen sie, die andern töteten sie.

6 Da hatte er noch einen, den geliebten Sohn; den sandte er als Letzten zu ihnen und sagte sich: Sie werden sich vor meinem Sohn scheuen.

7 Sie aber, die Weingärtner, sprachen untereinander: Dies ist der Erbe; kommt, lasst uns ihn töten, so wird das Erbe unser sein!

8 Und sie nahmen ihn und töteten ihn und warfen ihn hinaus vor den Weinberg.

9 Was wird nun der Herr des Weinbergs tun? Er wird kommen und die Weingärtner umbringen und den Weinberg andern geben.

10 Habt ihr denn nicht dieses Schriftwort gelesen (Ps 118,22-23): »Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, der ist zum Eckstein geworden.

11 Vom Herrn ist das geschehen und ist ein Wunder vor unsern Augen«?

12 Und sie trachteten danach, ihn zu ergreifen, und fürchteten sich doch vor dem Volk; denn sie verstanden, dass er auf sie hin dies Gleichnis gesagt hatte. Und sie ließen ihn und gingen davon.


Herr, unser Gott, schenke uns ein Herz für dein Wort und ein Wort für unser Herz. Amen.


Kennen Sie diese Menschen,

die immer das Haar in der Suppe finden?

Es war ein herrlicher Abend,

alle haben gelacht,

es wurde gut gegessen

und getrunken auch,

selig fielen sich beim Abschied

alle in die Arme,

aber dann sagt Tante Siegrun

noch nebenbei:

dass der Kaffee heute

wirklich so gar nicht

ihr Geschmack war.


Es gibt solche Menschen.

Sie geben auch den

schönsten Momenten

die Gewissheit,

dass niemand

die Bodenhaftung verliert.


Es gibt auch Menschen,

die solche Geschichten schreiben,

um die Trostlosigkeit

einer Zeit einzufangen.

Heinrich Bölls

Ansichten eines Clowns“

zählen vielleicht dazu,

oder Jean-Paul Sartres

Der Ekel“;

und dann kann man

solche Geschichten manchmal

nur schreiben,

wenn sie im humoristischen

Gewand daherkommen.

Weil das Lachen

die trostlose Geschichte

aushalten hilft.

Wie Patrick Süßkinds

Der Kotrabaß“,

der sehr zum Schmunzeln,

die unsägliche Unhandlichkeit

und unschöne Musikalität

dieses sehr großen Instruments,

des Kontrabasses,

beschreibt, und daneben,

oder dabei, zugleich

eigentlich die sehr tröge

und liebessehnsüchtige

Existenz eines Musikers.


Es gibt solche Geschichten.

Das Leben schreibt sie auch.

Geschichten, die keinen

guten Ausgang kennen.

Und als Lesender

möchte ich irgendwo

in den Zeilen

einen Spalt finden,

durch den etwas Licht

scheinen kann.

Schon allein, damit ich

das Lesen ertrage.


Aber vielleicht wecken

gerade solche trostlosen

Geschichten

jene Kräfte,

die Aufstehen helfen.


Könnte ja sein,

dass ich plötzlich erkenne,

dass ich

wenn die Welt so ist –

nicht will, dass sie so bleibt.

Könnte ja sein,

dass gerade durch solche

trostlosen Geschichten

etwas in Bewegung kommt!?


Und nun erzählt Jesus hier

dieses Gleichnis

mit doppeltem Boden.

Den Pächtern eines Weinbergs

wurde mit der Pacht auch

die Verantwortung übertragen.

Die Verantwortung gegenüber

dem Weinberg selbst

und freilich zugleich gegenüber

der Verpächterin.

Und es ist tatsächlich,

zur Zeit Jesu,

ein weithin bekanntes Problem,

dass Weinbergpächter

den Besitzenden

ihren Anteil verweigerten.

So geht es unter Menschen zu.

Leider.

Damals und heute.

Und dann meint Jesus

natürlich zugleich auch

den Glauben in seinem Gleichnis.

Die Menschen, denen Gott

die Verantwortung für diese Welt

übertrug und wir,

die wir nun eine Verantwortung

für diese Welt tragen

und gegenüber Gott.

Und schon damals

sollte eigentlich der Ertrag

eines jeden 7. Jahres

Gott gehören.

Wer weiß wie gut

oder eben nicht,

das funktioniert hat.


Zwischen den Worten Jesu

tut sich jedenfalls vorerst

kein Spalt auf,

durch den Licht scheint.

Die Geschichte,

die er erzählt

ist tragisch.

Sie wird auch durch

keine Komik erträglicher.

Die Pächter verschonen

weder Knechte, noch Sohn

des Verpachtenden.

Ende.


Und es trifft ja leider zu.

Auch heute noch.

Die Spiralen der Gewalt

drehen weiterhin schnell.

Ein Blick in die Nachrichten genügt.

Seit über einem Jahr

kommen sie aus der Ukraine.

Und ich hatte kürzlich

ein Gespräch mit Freunden,

in dem es darum ging,

ob Waffenlieferungen angebracht sind

oder vielleicht Friedensdemonstrationen

noch angebrachter,

es ging um Sarah Wagenknecht

und Alice Schwarzer

und Jürgen Habermas,

um Siegen und Verlieren,

um Kompromisse ging es,

und schließlich um die Frage,

ob es nicht naiv ist, zu glauben,

dass eine Welt ohne Krieg möglich ist.


Und ich hatte neulich ein Gespräch

mit anderen Menschen,

da ging es um die Unruhen im Iran.

Es ging um patriarchale Machtverhältnisse.

Um die Angst der Männer

vor den Frauen ging es,

und es ging darum,

ob Solidaritätskundgebungen

nicht dringend angebracht wären

und schließlich um die Frage,

ob es nicht naiv ist, zu glauben,

dass eine Welt ohne Gewalt

gegen Frauen möglich ist.


Und ich hatte neulich noch ein

weiteres Gespräch mit

noch anderen Menschen,

da ging es um die Täter

von Chemnitz und Pobershau.

Es ging um die unsägliche

Beeinträchtigung junger Menschen,

den Missbrauch, und um die Frage,

ob das System Kirche

in solchen Fällen nun endlich

besser funktionieren wird.

Es ging um Möglichkeiten der Prävention

und schließlich um die Frage,

ob es nicht naiv ist, zu glauben,

dass eine Welt ohne Missbrauch möglich ist.


Und nun zurück zu diesem Weinberg,

den ein sehr geduldiger Verpächter,

nennen wir ihn „Gott“,

treu sorgend anlegt,

umhegt, mit einem Turm versieht

und dann verpachtet.

Verpachtet!

Nicht verschenkt.

Nicht überlassen.

Eines Tages kommt er

und fordert seine Pacht.

Die bekommt er aber nicht.

Kein Knecht kehrt zurück.

Selbst der Sohn nicht.

Und so endet auch die

Geduld des Verpächters „Gott“.

Lange war er geduldig

mit ihnen gewesen.

Hatte lange gehofft,

sie würden mit dem anvertrauten Gut

wie vereinbart umgehen.

Aber nun ist es genug.

Der Sohn ist der berühmte Tropfen,

der das Fass zum Überlaufen bringt –

jene brutalen Pächter zahlen nun

mit ihrem Leben

und der Verpächter gibt

sein kostbares Eigentum anderen,

auf dass sie sich besser darum kümmern

und sich vor allem besser

an die Verabredungen halten...


Eine brutale Realität.

Brutale Realität ist auch,

dass dieses Gleichnis

der geistlichen Führungsschicht

von damals erzählt wird

und ihnen damit ihr eigenes Versagen

gegenüber dem Herrn des Weinbergs

vorgeführt wird.


Und als würde das nicht reichen,

liegen in solchen Texten

auch die Wurzeln

christlichen Judenhasses

mitbegründet.

Auch Christen kämen

heute als Adressaten

eines Gleichnisses Jesu

wohl kaum besser weg,

als die jüdische Elite

von damals.


Gedenke, Herr, an deine Barmherzigkeit

und an deine Güte,

die von Ewigkeit her gewesen sind.“

Heißt es im Psalm 25.

Und ich glaube,

Gott hat genau das getan.

Sonst würden wir an diesem

2. Sonntag der Passionszeit

nicht schon auf Ostern

schielen können.


Gottes Barmherzigkeit

hat noch kein Ende.

Ganz offenbar.

Und so sind Sie und ich

Pächter:Innen,

wie jene ersten Pächter.

Und das Gleichnis

ist heute wie gestern

eine Herausforderung,

diesen trostlosen Worten

einen Punkt zu setzen.

Eine Ende zu machen,

mit den Spiralen der Gewalt.

Und Licht zu säen,

dass irgendwann

jene unsäglichen Geschichten

überstrahlt.


Jesus fängt selbst damit an.

»Der Stein, den die Bauleute verworfen haben,

der ist zum Eckstein geworden.

11 Vom Herrn ist das geschehen

und ist ein Wunder vor unsern Augen«

Zitiert Jesus Psalm 118.

Der Sohn, den die Pächter

nicht am Leben lassen konnten.

Die hoffnungsvollen Antworten,

die viele Menschen für

viel zu naiv befinden.

Die sind zum Eckstein geworden.

Ein Eckstein, der ganze Gewölbe

halten kann, die Bogen spannen

zwischen Himmel und Erde.

Das hält bestimmt auch ein Leben.

Meins. Und Eures.


Denn gerade solche

trostlosen Geschichten

können Kräfte wecken,

die Aufstehen helfen.

Dass das, was ist,

nicht so bleibt.

Dass etwas in Bewegung kommt.

Wie Licht in eine

dunkle Höhle.

Wie Leben in ein Grab.

Dass das, was eigentlich

viel zu naiv erscheint,

doch wahr werden kann.


Und die brutale Realität

lässt viele Hoffnungen

als viel zu naiv erscheinen.

Aber die Pächter hätten wohl

sicher nicht damit gerechnet,

dass der Sohn nach dem Tod,

dem Leben eine neue Chance

geben könnte.

Doch genau so ist es gekommen.

Da kam etwas in Bewegung.

Dass das, was ist,

nicht so bleibt.

Die Auferstehung

als Trost

gegen alle trostlosen

Geschichten dieser Welt

und als Kraft,

die Aufstehen hilft,

mitten am Tag,

heute und morgen.

Und ich weiß:

Vom Herrn ist das geschehen.

Es ist ein Wunder,

vor meinen Augen.


Gott lässt sich an seine

Barmherzigkeit erinnern

und bleibt.

Ich bin da.“

Das ist sein Name.


Und der Stein, den die Bauleute

verworfen haben,

ist zum Eckstein geworden.

Er ist das Fundament

meine Glaubens.

Ein Geschenk.


Und eine Verantwortung.


Amen.


Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.


Pred.lied: EG 86, 1.4-6 („Jesu, meines Lebens Leben“)


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Predigt am Sonntag Sexagesimä - 12.02.2023

Predigttext: Prophetenbuch des Jesaja, Kapitel 55, Verse 8-12a


Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.


Jesaja 55, 8-12a (BasisBibel)

8 So lautet der Ausspruch des Herrn: Meine Pläne sind anders als eure Pläne und meine Wege anders als eure Wege.

9 Wie weit entfernt ist doch der Himmel von der Erde! So fern sind meine Wege von euren Wegen und meine Pläne von euren Plänen.

10 Regen oder Schnee fällt vom Himmel und kehrt nicht dahin zurück, ohne die Erde zu befeuchten. So lässt er die Pflanzen keimen und wachsen. Er versorgt den Sämann mit Samen und die Menschen mit Brot.

11 So ist es auch mit dem Wort, das von mir ausgeht: Es kehrt nicht wirkungslos zu mir zurück, sondern bewirkt, was ich will. Was ich ihm aufgetragen habe, gelingt ihm.

12 Voll Freude werdet ihr aus Babylon fortziehen und wohlbehalten nach Hause gebracht werden.

Der Herr segne an uns sein Wort. Amen.


Worte haben Kraft,

singt die Band

die Ärzte.

Worte bringen dich zum Lachen,

Worte bringen dich zum Weinen
Worte treiben dich zur Weißglut,

Worte bringen dich zum Schreien
Transportieren Informationen,

Emotionen, Trost und Hass
Lassen Herzen schneller schlagen,

machen Feinde, machen Spaß
Worte bringen dich auf die Bühne

und in Untersuchungshaft
Füllen Liebesbriefe,

Bücher und Gesetze

Worte haben Kraft“


Ihr kennt das:

ein Lächeln,

ein Geschenk,

ein freundliches Wort,

eine gute Tat,

die kommen allesamt

nicht wirkungslos zurück.

Meistens jedenfalls.

Auch solche, die so sind:

Worte können weh tun,

sie sind schnell und schonungslos
Lassen dir keinen Ausweg,

führen dich vor und stellen dich bloß
Sie weiß nicht, wie ihr geschieht,

warum sie plötzlich jeder mobbt
Endlich hört sie auf zu lächeln

und sie kündigt ihren Job
Doch dann springt sie vor die U-Bahn

und du fühlst dich ekelhaft
Viel zu spät begreifst du
Lügen haben Konsequenzen

Worte haben Kraft“

Aber es gibt auch Worte,

die wirkungslos bleiben.

Es macht zumindest den Eindruck.

Wenn ich dir schon zum

x-ten Male gesagt habe,

dass du das lassen sollst.

Wenn ich meine Liebe gestehe,

die unerwidert bleibt.

Wenn ich um Frieden bitte,

aber keiner werden will.

Manche Worte bleiben wirkungslos.

Andere nicht.

Sie bauen auf und reißen ein,

sie heilen und verletzen,

sie erleichtern und beschweren.

Sie wirken.


11 So ist es auch mit dem Wort,

das von mir ausgeht:

Sagt Gott durch Jesaja.

Es kehrt nicht wirkungslos

zu mir zurück,

sondern bewirkt, was ich will.

Was ich ihm aufgetragen habe,

gelingt ihm.“


Gottes Wort wirkt.

Es wirkt in dir und mir.

Es wirkt durch dich und mich

in diese Welt.


das wort! es kündet
und ist nicht euer
es blitzt und zündet
das wort ist feuer
das wort schuf welten
das wort des höchsten
das wort will gelten
zum wohl des nächsten
das wort hält wache
das wort ist bote
das wort stärkt schwache
das wort weckt tote

(Kurt Marti: Das Wort)


So beschreibt der Dichter

Kurt Marti das Wort Gottes,

das nicht wirkungslos bleibt.

Selbst dann, wenn ich keine

Wirkung erkennen kann;

selbst dann, wenn ich selbst

noch nicht glauben kann,

dass es wirkt.

Dann wirkt es trotzdem.

Wie Schnee im Winter,

der schützt und wärmt.

Wie warmer Regen im Sommer,

der leben spendet und erhält.

Weil Hoffnungsworte wirken.


Worte zeigen uns, was möglich ist,

erklären, wie es geht
Sie beschreiben Träume

ebenso wie die Realität
Sie beginnen und beenden

Kriege und Revolutionen
Existieren laut geschrien

und auch völlig ohne Ton
Sie sind Waffen, sie sind Balsam,

sie sind manchmal rätselhaft
Retten Leben, zeigen Wege,

schlagen Brücken

Worte haben Kraft“

[Die Ärzte: Worte haben Kraft]


Das fällt manchmal schwer zu sehen.

Das ist schwer zu verstehen.

Wie Gott auch.

Wenn Sträucher und Bäumchen

im Winter erfrieren,

weil sie keinen Schnee haben;

wenn der Sommer dürre bleibt

und das Gras verdorrt,

weil der warme Regen fehlt;

wenn Menschen böse sind,

von Hass vergiftet

schlimm und schlimmer handeln;

wenn sich zwischen Menschen

Risse nicht schließen lassen

und Wunden einfach nicht heilen wollen;

wenn die Welt vor Herzenskälte friert

und nach belebender Wärme dürstet.


Wo wirkt dann Gottes Wort?

Das Wort, das Frieden will

und Frieden stiftet,

in Herzen und Köpfen,

aller Orten, zu allen Zeiten.

Wo wirkt dieses Wort?

Wirkt dieses Wort?

Es könnte jemand ins Zweifeln kommen.

Und niemand kann es verübeln.


Ich glaube, deshalb heißt es:

So lautet der Ausspruch des Herrn:

Meine Pläne sind anders als eure Pläne

und meine Wege anders als eure Wege.


Diese Wege und Pläne

kann ich mir nicht ausmalen.

So gern ich das würde.

Aber ich glaube:

Das Warme, Lebendige, Erfrischende,

das Gute hat mit Gott zu tun;

der sanfte Schnee und der milde Regen;

und ich glaube auch,

dass das Unverständliche,

das Schwierige, Undurchsichtige

mit Gott zu tun hat.

Das wirft Fragen auf,

weil es in den Verstand

nicht hineinpassen will.

Es verlangt mir Vertrauen ab.

Vertrauen,

ohne ganz verstehen zu können.

Dieses Vertrauen heißt: Glauben.

Vertrauen, dass Gott es gut meint;

dass Gott das Gute will -

für dich, für mich

und diese Welt.

Dass er es regnen lassen wird,

warm und mild

auf mein Leben,

wenn es am nötigsten ist;

und dass er Schnee schenkt,

wenn eine sanfte Decke

meine Wurzeln schützen muss.

Damit ich nicht herausfalle,

aus dem, was mir halt gibt;

damit mein Glauben trägt:

mich und manchmal auch dich,

wenn du es schwer hast.

So dass wir uns gegenseitig

tragen können,

bis der milde, warme Regen

wieder fällt

und die Dürre vorüber ist;

bis der Schnee kommt

und alles sanft bedeckt,

was Schutz braucht,

wenn die Welt bitterkalt ist.

Bis das Vertrauen Früchte trägt

und Gott den trockenen,

harten Boden der Tatsachen

weicher machen wird

und die Risse schließt,

die sich in den Dürren Zeiten

aufgetan haben.

Und er uns hilft,

dass wir wir füreinander

solche guten Sachen machen.


Wie Jesaja es für das Volk Israel tat,

als er diese Worte aufschreibt.

Denn viele waren nach Babylon

verbracht worden.

Vor allem die Ober- und

Mittelschicht.

Sie wurden nicht versklavt,

oder gequält und mussten

wohl auch kaum darben,

aber die Sehnsucht nach der Heimat,

die Sehnsucht nach Israel

quälte doch viele von ihnen.

Gott ist fern, dachten sie.

Denn er hatte ja seinen Ort:

den Tempel von Jerusalem.
Doch der wurde zerstört

und beraubt.
Der Tempel war der Wohnort Gottes.
Dort konnten sie sich sammeln

und sich Kraft für den Alltag holen.
Weil die Worte dort Kraft hatten.

Die Schönheit der Gebete

erhob sich über den Alltag

und Gottes Gegenwart auch.

Aber nun?
Ist es überhaupt möglich,

Gott an diesem Ort zu hören?

Hört er uns?

Und unsere Gebete?

Wirkt sein Wort auch hier?

Im Gewirr der Stimmen

und bei all den vielen

anderen Göttern hier.
Ist er da?

Unser Gott?
Und der Prophet Jesaja

setzt starke Worte dagegen.

Worte, die ihm ins Herz gelegt sind,

und von Gott an die Herzen

der Verschleppten gerichtet werden.
Jesaja wird Stimme, Instrument,

auf dem Gott seine Melodien spielt,
damit die Menschen sein Wort hören.

Und es dort, bei den Menschen

wirken kann, etwas bewirken kann.

Suchet Gott, solange er zu finden ist;

ruft ihn an, solange er nahe ist.“

Sagt er.

Auch in Babylon.

Auch hier, bei uns.

Überall in der Welt.


Und dann kommt Gott selbst zu Wort:

10 Regen oder Schnee fällt vom Himmel

und kehrt nicht dahin zurück,

ohne die Erde zu befeuchten.

So lässt er die Pflanzen keimen und wachsen.

Er versorgt den Sämann mit Samen

und die Menschen mit Brot.

11 So ist es auch mit dem Wort,

das von mir ausgeht: [...]


Seine Worte sickern in

das Leben wie Regen
und lassen Samen aufgehen,

die ich vielleicht gar nicht

für möglich gehalten hätte.
An ungewöhnlichen Orten;

zu ungewöhnlichen Zeiten.
Aber hinhören muss ich.

Damit ich die Worte hören kann.

Wie die Israeliten in Babylon

auf die Worte Jesajas hörten.

Und diese nicht wirkungslos blieben,

sondern die versorgte,

die es damals nötig hatten,

wie Schnee und Regen,

zum keimen und wachsen,

so dass die Worte blieben,

bis in unsere Tage.

Bis heute.

Bis hierher.


In der Philosophie

haben solche Worte einen Namen.

Sie heißen

performative Sprechakte“.

Gemeint sind damit Worte,

die etwas erschaffen,

das ich nicht sehen kann.

Ich liebe dich.“

ist zum Beispiel so ein

Sprechakt.

Friede sei mit dir.“

Die Worte, die Jesus oft sagt,

wenn er anderen begegnet,

sind es auch.

Und viele andere Worte,

die er sagt, ebenfalls.

Solche Worte lassen wahr werden,

was sie sagen,

aber ich muss es glauben.

Ich kann es glauben,

wenn ich dem Vertrauen schenke,

der es sagt.

Gottes Pläne und seine Wege

sind nicht unsere.

Was Gottes Plan ist,

mit dir und mir

und dieser Welt,

weiß ich nicht bis ins Letzte,

aber die Botschaft Jesajas

will Mut machen,

dass es Gott um Vergebung geht,

um das neu Anfangen,

um Gerechtigkeit,

auch für die Mitgeschöpfe,

um Frieden und Zukunft

für uns,

unsere Kinder

und Enkel.

Gottes Wege und Gedanken

sind nicht unsere,

aber vor allem scheint mir,

dass Gott in anderen

Zeiten und Etappen handelt,

als ich denken kann.

Das Bild vom Regen und Schnee

weist auf diese Wirkungsweise

der Gottesworte hin.

Das Bild sagt:

So wenig wie der Schnee und der Regen

für sich allein die Fruchtbarkeit bewirken,

sondern nur in Verbindung mit der Erde,

so wirkt auch Gottes Wort

in Verbindung mit Menschen,

die es aufnehmen,

sich öffnen und bewegen lassen.

[von: Jasper Burmester, 03.02.2013, predigten.evangelisch.de (Stand: 11.02.2023)]


Wo das geschieht,

bricht die Zukunft Gottes an.

Und sie verwirklicht sich,

wie das Wachsen der Natur:

allmählich, aber stetig

und gewiss.


Gottes Wort wirkt.

Es wirkt in dir und mir.

Es wirkt durch dich und mich

in dieser Welt.


das wort! es kündet
und ist nicht euer
es blitzt und zündet
das wort ist feuer
das wort schuf welten
das wort des höchsten
das wort will gelten
zum wohl des nächsten
das wort hält wache
das wort ist bote
das wort stärkt schwache
das wort weckt tote

(Kurt Marti: Das Wort)


Und dann kehren sie

zu ihm zurück,

die performativen Sprechakte

Gottes.

Die Hoffnungsworte,

die Kraft haben

und wirken.

In der Hoffnung,

dass dieser Kreislauf,

den das Wort Gottes

in Gang setzt,

nicht enden wird.

Und seine Worte kehren

zu ihm zurück.

Genau wie du und ich

heimkehren zu Gott,

von dem das Leben stammt

und aus dem es Kraft gewinnt.

Und beide werden nicht

wirkungslos geblieben sein -

sein Wort nicht

und auch Menschen nicht -

wenn Gottes Wort

und Menschen

sich in dieser Welt

verbunden haben.

So dass es ihnen

um Vergebung geht,

um das Neuanfangen,

um Gerechtigkeit,

auch für Mitgeschöpfe,

und um Frieden

und Zukunft.

Werden auch du und ich

Stimme und Instrument,

auf dem Gott seine Melodien spielt,
damit die Menschen sein Wort hören?

So dass es dort, bei den Menschen

wirken kann,

etwas bewirken kann.


Johannes schreibt am Anfang

seines Evangeliums:

Das Wort ward Fleisch

und wohnte unter uns.

Gemeint ist Jesus.

In ihm hat sich Gottes Wort

mit den Menschen verbunden.

Und das blieb nicht

ohne Wirkung.

Und auch wenn Gottes

Pläne und Wege weiter

im Verborgenen bleiben mögen,

sind durch Jesus doch

seine Absichten

noch deutlicher geworden.

Jetzt will sich Gottes Wort

mit uns verbinden.

Mit denen, die Jesus folgen.

Und ich bin gespannt,

was sie zurücktragen werden,

wenn die Worte Gottes schließlich

zurückkehren werden zu ihm.

Die Worte, die Frieden wollen

und Frieden stiftet,

in Herzen und Köpfen,

aller Orten, zu allen Zeiten.


Auf jeden Fall

werden sie nicht leer

zurückkehren.

Und vielleicht werden

auch du und ich

etwas dazugelegt haben,

das an Gottes Ohr dringt

und in seinem Herzen

liegen bleiben wird,

weil es dieser Welt geholfen hat,

dass etwas von Gottes

Plänen und Wegen,

mindestens aber

von seinen Absichten

sichtbarer wurde:

von Vergebung

und Neuanfängen,

von Gerechtigkeit

und Frieden

und Zukunft.


Und er Friede Gottes, der größer ist, als wir verstehen können, bewahre unsere Herzen und Sinne in ihm, Christus Jesus. Amen.


Predigtlied: SvH 0124 (Frieden wird werden)


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Predigt am Sonntag Septuagesimä - 05.02.2023

Predigttext: Matthäusevangelium, Kapitel 9, Verse 9-13


Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.


Matthäus 9, 9-13 (BasisBibel)

9 Jesus ging von Kapernaum weiter. Da sah er einen Mann an seiner Zollstation sitzen. Er hieß Matthäus. Jesus sagte zu ihm: »Komm, folge mir!« Da stand er auf und folgte ihm.

10 Später war Jesus im Haus zum Essen. Viele Zolleinnehmer und andere Leute, die als Sünder galten, kamen dazu. Sie aßen mit Jesus und seinen Jüngern.

11 Als die Pharisäer das sahen, sagten sie zu seinen Jüngern: »Warum isst euer Lehrer mit Zolleinnehmern und Sündern?«

12 Jesus hörte das und antwortete: »Nicht die Gesunden brauchen einen Arzt, sondern die Kranken.

13 Überlegt doch einmal, was es bedeutet, wenn Gott sagt: ›Barmherzigkeit will ich und keine Opfer!‹ Ich bin nicht gekommen, um die Gerechten zu rufen, sondern die Sünder.«

Der Herr segne an uns sein Wort. Amen.



Ihr kennt sicherlich

das Märchen von der goldenen Gans:

Ein junger Mann,

den viele für etwas dümmlich halten,

zieht,

nach der ausbleibenden Rückkehr

seiner zwei missgünstigen Brüder,

aus, zum Holzhacken,

und trifft ein graues Männlein;

er teilt mit ihm, was er hat,

und findet daraufhin,

wegen seiner Güte,

zum Dank

in den Wurzeln eines Baumes

eine goldene Gans.

Diese wiederum weckt Begehrlichkeiten:

Die drei Töchter des Wirtes,

in dessen Gasthaus

der junge Mann mit der Gans

unterkommt,

wollen eine der Federn

der Gans ergattern

und bleiben beim Versuch

kleben,

eine nach der anderen;

und – seltsam genug –

den jungen Mann

den stört's nicht weiter,

er schnappt die Gans

und macht sich auf den Weg.

Unterwegs ist ein Pfaffe

reichlich pikiert,

will die Mädchen lösen,

losreißen vom jungen Mann,

bleibt stattdessen aber selbst kleben.

Und der Küster,

der nun wiederum den

lüsternen Pfaffen rügt,

und ihn wegziehen will,

bleibt ebenfalls kleben.

So geht also der illustre Aufzug

durchs Land,

bis schließlich eine Königstochter,

die es mit dem Lachen schwer hatte,

schallend lachen muss.

Der Rest ist schnell erzählt:

Der König will den

jungen Mann,

der die Gans hält, und

um dessen Willen

seine Tochter so herzhaft gelacht hat,

nicht zum Schwiegersohn,

ersinnt wahnwitzige Aufgaben,

die der Jüngling

wegen des grauen

Zaubermännleins vom Anfang

mit Bravour meistert

und der König schließlich

klein bei geben muss.

Hochzeit.

Und wenn sie nicht gestorben sind...


Soweit so gut.


Ich musste irgendwie daran denken,

als ich den Predigttext las.

Der Text und das Märchen,

beide haben etwas mit

Gerechtigkeit zu tun,

und mit Güte

und mit einer bunten Gemeinschaft,

die auf recht wundersame Weise

zusammenkommt.


Also erzählt Matthäus:

Jesus ging von Kapernaum weiter.

Das tut er ja meist.

Jesus geht durchs Land.

Zieht von Ort zu Ort.

Und es gibt nicht wenige,

die ihn dabei durchaus auch

für etwas dümmlich halten.

Mindestens für nervig.

Manche für gefährlich.

Andere kümmerst wenig,

was er erzählt.

Einige sehen's kritisch.

Manche finden's gut.

Denn Jesus ist gütig

und teilt, was er hat.

Und der Schatz im Acker,

das Himmelreich,

von dem er spricht,

weckt Begehrlichkeiten,

an denen hin und wieder

jemand kleben bleibt.

Nicht wegen Gold und Geld,

sondern wegen des Glanzes

der Hoffnung,

die darin liegt.

Es sammelt sich nach und nach

eine bunte Truppe,

Frauen und Männer

vom Wegesrand,

die mitkommen,

wenn Jesus sagt:

Komm, folge mir!“

Auch dieser:

Da sah er einen Mann an seiner Zollstation sitzen.

Er hieß Matthäus.

Jesus sagte zu ihm: »Komm, folge mir!«

Da stand er auf und folgte ihm.


Niemand weiß genau,

weshalb er folgte.

Aber er tat es.

Ging einfach mit.

Blieb einfach kleben.

Genau wie die Fischer

am See Genezareth,

oder der Bettler in Jericho,

so auch dieser

Zollstationsbetreiber

namens Matthäus,

den viele nur für einen

Gauner und Wucherer hielten.

Sie blieben alle kleben.

Gingen mit.

Und fanden sich an manchen Abenden

in manchen fremden Häusern wieder,

um dort gemeinsam zu essen.

Matthäus erzählt:

10 Später war Jesus im Haus zum Essen.

Viele Zolleinnehmer und andere Leute,

die als Sünder galten, kamen dazu.

Sie aßen mit Jesus und seinen Jüngern.


Aber:

Peinlich genau beobachtet

und kritisch beäugt

von den gebildeten Eliten,

genau wie von vielen anderen

ganz einfachen Menschen

in den Orten des alten Israels,

die einfach nicht fassen konnten,

dass sich einer wie Jesus,

der von Gott sprach,

mit denen abgab,

die doch so lange nicht

nach Gottes Geboten handelten,

die eigentlich, nach Meinung

der Eliten und einfachen Leute,

gar nichts von Gott wissen wollten.

11 Als die Pharisäer das sahen,

sagten sie zu seinen Jüngern:

»Warum isst euer Lehrer mit

Zolleinnehmern und Sündern?«


Und Jesus begegnet

all dem Argwohn

und aller Kritik

mit einem ähnlichen Gleichmut

wie der junge Mann,

der die goldene Gans

in der Hand hält

und ganz unbedarft

seiner unbekannten Wege zieht,

obwohl doch ein ziemlich

aufsehenerregender Aufzug

hinter ihm her geht.


Ich glaube,

dass manche und mancher,

die es mit dem Lachen

in den Zeiten Jesu

schwer hatten,

die nichts zu lachen hatten,

weil die gebildeten Eliten

und die vielen einfachen Menschen

sie keines freundlichen Blickes

würdigten,

ich glaube,

dass diese Menschen,

an den Abenden,

beim Essen mit Jesus,

zum ersten Mal seit einer

gefühlten Ewigkeit

wieder lachen durften.

Schallend.

Von Herzen.

Aus tiefster Seele.

Wie die Königstochter,

schallend lachte,

als sie den seltsamen Aufzug sah,

der an der goldenen Gans klebte.


Und ich überlege,

wie das heute wäre.

Ob es das heute noch gibt?


Nur mal angenommen,

Jesus würde durch

unsere Dörfer ziehen,

und würde Menschen ansprechen:

Komm, folge mir!“

Und Menschen würden mitgehen.

Einfach so.

Einfach kleben bleiben.

An dem Glanz der Hoffnung.

Und ein bunter Aufzug,

aus Wirtsleuten,

Steinmetzen,

Tischler:innen, Maurer:innen,

Fleischer:innen,

hoffentlich auch Pfaffen,

und Kindergärtner:innen,

Verwaltungsfachpersonal

und Landwirten

und Rentner:innen

und vielen mehr –

ein solch bunter Aufzug

würde sich durch die Dörfer bewegen

und irgendwo am Abend einkehren,

Platz nehmen,

Essen teilen:

Döner und Brot vom Vortag,

Salat und Kuchen

vom jüngsten Geburtstag,

Gläser und Büchsen

aus der Vorratskammer,

und ein bisschen Wein

aus dem Keller;

es duftet so bunt,

wie die Runde ist:

nach Zigaretten und

138 Parfümsorten;

die Stimmen überschlagen sich,

und die Geschichten auch.

Gasrechnung und Inflation,

Ängste und die elende Arthrose

kommen auf den Tisch,

wütende und fröhliche

Geschichten;

es gibt stille Momente

und lautes Lachen.

Beides.

Auch weil Jesus damit anfängt

zu fragen:

Was willst du eigentlich?

Oder: Wo kommst du her?

Und wo willst du hin?

Weil Jesus anfing

nach dir und mir zu fragen,

haben wir uns

voneinander erzählt.

Auch das Bewegende.

Das was das Lachen

in meinem Leben stumm gemacht hat,

und die Momente,

in denen es ganz laut war

und von Herzen kam.

Manche haben schallend

mit gelacht.

Wie eine Befreiung war das.


Und plötzlich wurde es ganz still,

da nahm Jesus das Brot vom Vortag,

brach es in Stücke und gab es uns.

Es schmeckte trocken,

so wie es aussah.

Aber da war irgendwie noch mehr.

Und Jesus sagt:

Erinnert euch an solche Momente.“

Und wir kauten ein bisschen länger,

so dass es süß wurde

und so schmeckte, wie die Zeit,

die wir gerade miteinander hatten.


Danach geht der Abend zu Ende.

Hände legen sich

auf abgewetzte Ärmel,

sie stützen einen

unsicheren Gang,

und vormals Ferne

umarmen sich eng

zum Abschied.

Jede und jeder geht nun

seiner Wege.

Aber die Nähe bleibt.

Und wenn wir uns wiedersehen,

grüßen wir einander mit Namen,

und sehen in vertraute Gesichter.


Und in meinem Herzen klingt noch,

was Jesus zum Abschied

aus den Propheten zitierte:

Barmherzigkeit will ich

und keine Opfer!‹


Nun,

Jesus ist nicht der

der Jüngling,

der die goldene Gans fand,

die Gute Nachricht

von Gottes Liebe

ist nicht die goldene Gans

und wir sind nicht

der bunte Aufzug

hintendrein.

Sicher nicht.

Aber wir sind die,

die kleben geblieben sind,

als Jesus sagte:

Komm, folge mir!“

Und wir sind mitgegangen.

Wie Matthäus.

Einfach so.

Vielleicht auch

aus guten Gründen.

Wer weiß.


Und es gibt genug,

auch heute noch,

die das argwöhnisch

beäugen oder beurteilen,

dass wir,

so bunt wie wir sind,

zusammen sind,

Gottesdienst und Feste feiern,

um uns daran zu freuen,

dass wir einen haben,

der uns ruft

und da ist

und da bleibt.

Weil wir das glauben können.

Mit der Taufe besiegeln wir das.

Wie eine große Familie.

In der auch die,

die lange nichts zu lachen hatten,

das Lachen wiederentdecken dürfen.

So stelle ich mir das jedenfalls vor.

Wie an den Abenden,

als Jesus mit den

bunten Aufzügen

in Häusern lagerte

und aß.

Nichts weniger versuchen wir,

wenn wir Gemeinde

miteinander leben:

wir teilen was wir haben

und was wir hoffen.

Wir werden still miteinander

und wir lachen miteinander.

Auch im Gottesdienst.

Und wir erzählen uns

von Gottes Barmherzigkeit,

um davon zu lernen,

wenn wir miteinander leben.

In den stillen Momenten,

und auch den lauten,

lachenden.

Und Jesus mitten drin.

Wie an den Abenden

mit Zöllnern und Sündern.

Die er genau so kennenlernen wollte,

wie dich und mich.

Und für die er genauso gestorben ist.

Und bei denen er noch genau so ist,

wie heute hier.


Das muss ich gar nicht

erstmal annehmen,

muss ich mir gar nicht

erst vorstellen

und ausmalen.

Das ist schon da.

Hier.


Und dann gehen Feste

und Gottesdienste zu Ende,

jede und jeder geht seiner Wege,

aber die Nähe bleibt.

Und vielleicht auch der Geruch

von 138 Parfümsorten

und einer Zigarette.

Und, wer weiß,

womöglich auch

der süße Geschmack

auf der Zunge

nach einer wunderbaren Zeit.


Und vielleicht hört man sogar noch

jemanden lachen,

schallend, herzlich,

wie die Königstochter,

die bis dahin so wenig

zu lachen hatte.


Und dann heiratet der Jüngling

die lachende Königstochter.

Dieses Bild stammt aus dem Märchen.

Klar.

Und es stammt auch aus der Bibel,

etwas weiter hinten bei Matthäus:

Jesus, der Bräutigam,

und die Braut,

wir, seine Gemeinde.

Hochzeit.

Und ob sie nun gestorben sind...

oder nicht,

es sitzen Gerechte und Sünder

zu Tisch im Reich Gottes,

und freuen sich des Lebens,

denn sie hoffen gemeinsam

auf Gottes gute Gerechtigkeit,

die wie Barmherzigkeit ist,

voller Güte.

Sie

lernen Lachen,

spüren Nähe

und schmecken,

die Süße des Lebens.


Amen.


Und er Friede Gottes, der größer ist, als wir verstehen können, bewahre unsere Herzen und Sinne in ihm, Christus Jesus. Amen.


Pred.lied: EG 355, 4.5 (Mir ist Erbarmung widerfahren)


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Predigt am 3. Sonntag nach Epiphanias - 22.01.2023

Predigttext: Römerbrief, Kapitel 1, Verse 13-17


Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.


Römer 1, 13-17 nach BasisBibel

13 Ich will euch eines nicht verschweigen, Brüder und Schwestern: Ich habe mir schon oft vorgenommen, zu euch zu kommen. Aber bis jetzt wurde ich immer daran gehindert. Denn ich wollte, dass meine Arbeit auch bei euch Frucht trägt wie bei den anderen Völkern.

14 Das bin ich allen schuldig – ganz gleich, ob sie Griechen sind oder nicht, gebildet oder ungebildet.

15 Wenn es nach mir geht – ich bin bereit, auch bei euch in Rom die Gute Nachricht zu verkünden.

16 Denn ich schäme mich nicht für die Gute Nachricht. Sie ist eine Kraft Gottes, die jeden rettet, der glaubt – an erster Stelle die Juden, dann auch die Griechen.

17 Denn durch die Gute Nachricht wird Gottes Gerechtigkeit offenbar. Das geschieht aufgrund des Glaubens und führt zum Glauben. So steht es schon in der Heiligen Schrift: »Aufgrund des Glaubens wird der Gerechte das Leben erlangen.«

Der Herr segne an uns sein Wort. Amen.



Das Leben ist eines der schwierigsten.

Oder der Härtesten.

Scheitern gehört dazu.

An Ansprüchen.

An Erwartungen.

Man kann nicht alle erfüllen.

Ich kann nicht alle erfüllen.

Leider.

Aber es ist so.

Ich bin auch nur ein Mensch,

sagen Menschen dann.

Und sie haben recht.

Ich kann mir große Ziele stecken.

Vorsätze haben.

Und mich immer wieder

an den Besten orientieren.

Aber ich werde dennoch

nicht immer meinen

und schon gar nicht den

Erwartungen anderer

entsprechen können.

Leider.

Aber es ist so.

Es gibt Besuche,

die trage ich schon viele Monate

- und manche noch länger -

auf meiner To-Do-Liste

mit mir herum.

Aber ich hab's

einfach nicht geschafft.

Bis jetzt nicht.

Genauso wie die Überdachung

für den Pizzaofen

auf dem Pfarrhof,

oder das richtige Dach

über meinem Tomatenbeet.

Oder das Projekt

mit dem Rezeptaustausch,

Omas Rezepte für alt und jung,

oder die Stallnacht

in einem der Ställe

der Agrargenossenschaft.

Es gibt noch mehr

solcher unerledigten

Ideen und Projekte

und Vorhaben.

Ich hab's einfach nicht geschafft.

Bin noch nicht dazu gekommen.

Es kam auch immer was

anderes dazwischen.

Die Pandemie hat viel gebremst.

Es gibt viele Gründe.

Ausreden sind bestimmt auch dabei.

Aber Fakt ist:

Manches ist unerledigt geblieben.

Hab ich einfach nicht geschafft.

Und bald sind die Gelegenheiten,

doch noch das eine oder andere

erledigen zu können,

leider verstrichen.

Ich werde meinen Erwartungen nicht

und schon gar nicht denen anderer

entsprechen können.

Leider.

Aber das trifft ja nicht nur

auf die Arbeit in der Gemeinde

oder an den Projekten

in meinem Garten zu.

Das gehört auch zum Alltag.

Pünktlich da sein...

wie oft habe ich lieben

und liebsten Menschen

schon sagen müssen,

dass ich es einfach nicht eher

geschafft habe.

Dass ich noch nicht

dazu gekommen bin,

etwas zu lesen,

etwas zu schreiben,

etwas zu bearbeiten,

was gestern längst fällig

gewesen wäre.

Einfach nicht geschafft.

Und die Gewissensbisse

nehme ich gleich noch mit,

weil ich es doch gern schaffen wollte,

fest geplant

und im Blick hatte,

aber trotzdem...

man muss sich ja auch mal ausruhen,

man kann nicht immer...

ich bin ja nur ein Mensch...

Vielleicht bin ich dann zwar so,

wie ich sein sollte,

aber irgendwie oft genug

nicht so, wie ich gern

sein wollte.

So ist das Leben.

So ist es, Mensch zu sein.

Und ich bin so,

wie ich bin.

Und eigentlich,

bin ich ziemlich richtig so,

wie ich bin.

Und du auch.

Auch dann,

wenn nicht alles gelingt;

wenn manches unerledigt bleibt

oder unpünktlich ist.

Besser geht immer,

aber wenn ich mir Mühe gebe,

kann ich nicht viel mehr,

als mir eben Mühe zu geben.

Alles andere wäre

nicht viel weniger

als unmenschlich.

Mindestens unfair.


Manchmal muss ich mir also

mein Ungenügen eingestehen.

Und auf ein bisschen

Nachsicht hoffen.

Es war ja auch keine Absicht von mir.


Und von Paulus auch nicht,

der es einfach nicht geschafft hat,

bei allen Reisen und Besuchen,

auch nach Rom zu kommen,

obwohl er längst gewollt hätte

und es schon lange auf dem Zettel hatte.

Selbst Paulus.

Der große Paulus.

Selbst der...

13 Ich will euch eines nicht verschweigen, Brüder und Schwestern: Ich habe mir schon oft vorgenommen, zu euch zu kommen. Aber bis jetzt wurde ich immer daran gehindert. Denn ich wollte, dass meine Arbeit auch bei euch Frucht trägt wie bei den anderen Völkern.

14 Das bin ich allen schuldig – ganz gleich, ob sie Griechen sind oder nicht, gebildet oder ungebildet.

15 Wenn es nach mir geht – ich bin bereit, auch bei euch in Rom die Gute Nachricht zu verkünden.

Aber geschafft

hat er's noch nicht.

Und jetzt setzt er noch einen drauf:

Aber ich schäme mich nicht“

schreibt Paulus.

Ja warum denn nicht?“,

frage ich mich.

Schäm dich,

dass du es noch nicht

nach Rom geschafft hast!“,

könnte jemand sagen.

Aber ich schäme mich nicht“,

sagt Paulus.

Weil er jemanden kennt,

der das Scheitern auch kennt.

Der weiß, wie das ist,

wenn man den Ansprüchen

anderer nicht gerecht wird.

Wenn man Mensch

unter Menschen ist

und nicht mehr zu geben hat,

als ein Mensch eben geben kann.

Selbst wenn das

schon ziemlich viel ist.

Aber es ist eben nie genug.

Und es gibt einen,

der das weiß

und der das kennt.

Der das selbst erlebt hat.

Der heißt Jesus.

Und der ist gestorben

und dann auferstanden.

Der weiß, wie das Leben ist.

Und dann hat er dem Leben

in den Rachen gegriffen

und herausgeholt,

was schwer zu glauben ist.

Für dich und für mich.

Wenn du es glauben kannst,

dann wäre es eine gute Nachricht.

Ein Evangelium,

für das sich niemand schämen muss.

Denn Jesus weiß,

wie das Leben ist.

Und dass ich es oft genug

einfach nicht schaffe.

Und mich dann traurig

und schuldig fühle.

Und genau deshalb

ist Jesus in alle Schuld,

in Scham und Ungenügen

hinabgestiegen,

um dich und mich

dort rauszuziehen

und dann zu sagen:

Hier, hier ist Kraft für dich!

Ich nehme dieses Nicht-Genügen

und dein Schuldigfühlen,

das Scheitern und Versagen,

das nehme ich.

Glaube mir.

Und halte dich daran fest.“

Und Paulus nennt das

Gute Nachricht,

Evangelium.

Und ich auch.

Dass Jesus für alle gekommen ist,

die sind wie du und ich:

die scheitern,

obwohl sie sich mühen.

Damit sie sagen dürfen:

Ich schäme mich nicht.“

So wie Paulus:

16 Denn ich schäme mich nicht für die Gute Nachricht. Sie ist eine Kraft Gottes, die jeden rettet, der glaubt [...]

Und Paulus erzählt es

überall herum.

In der ganze damals bekannten Welt.

Auch in Rom.

Per Brief.

Weil er es einfach

noch nicht dorthin

geschafft hat.

Erfahren haben sie es trotzdem.

Und wir auch.

17 Denn durch die Gute Nachricht wird Gottes Gerechtigkeit offenbar. Das geschieht aufgrund des Glaubens und führt zum Glauben. So steht es schon in der Heiligen Schrift: »Aufgrund des Glaubens wird der Gerechte das Leben erlangen.«

Das wollte er den

Römern unbedingt sagen.

Auch wenn er es selbst

noch nicht geschafft hat.

Im Römerbrief steht's.

Gut, dass er es geschafft hat,

den zu schreiben.

Jetzt lesen wir es auch.

Dass es diese gute Kraft

des Evangeliums gibt.

Und diese gute Nachricht

für die ganze Welt:

Dass das Leben schwer ist

und Scheitern dazu gehört;

weil ich Mensch bin;

und du auch.

Aber das ist nicht so schlimm.

Eigentlich ist das sogar

in Ordnung.

Denn für dich und mich

und alle, die manchmal

ihren Ansprüchen nicht genügen,

die scheitern oder

hinter den Erwartungen

zurück bleiben -

den eigenen oder denen anderer,

für alle die gibt es gute Nachrichten:

vielleicht gibt sie auch dir Halt,

wie sie mir Halt gibt:

diese Nachricht,

dass aus dem Glauben Kraft wächst,

weil Jesus selbst dem Tod,

dem großen Scheitern des Lebens

ein Schnippchen geschlagen hat

und ich seinetwegen hoffen kann -

dass sich was ändert,

schon jetzt, im Leben,

und dann, danach.

Himmelhohe Hoffnung,

durch die die Kraft Gottes

eintreten kann,

in Seelen und Herzen.

Schämt euch dafür nicht.

Paulus hat es nicht getan.

Und niemand sollte sich

dafür schämen müssen,

dass er eine Hoffnung hat.

Eine Hoffnung darauf,

dass ich gut genug sein kann,

dass ich gut sein kann,

auch wenn ich mir

und anderen nicht genüge.

Eine wunderbare Hoffnung ist das,

die Jesus den Menschen

schenken will.

Denn daraus wächst Kraft -

zum Leben, heute und morgen

und sogar ewig:

für Paulus, für Juden und Griechen,

für mich, und bestimmt

auch für dich.


Durch das Evangelium.

Eine Kraft Gottes.


Der Dichter Kurt Marti

beschreibt das ungefähr so:


das evangelium kommt in der nacht.

das evangelium geht zu fuß

das evangelium strampelt auf dem rad

das evangelium fährt mit der bahn

das evangelium guckt wolken nach

das evangelium spürt die wärme der erde

das evangelium findet zeit

das evangelium verteidigt igel und bäume

das evangelium nimmt Flüchtlinge bei sich auf

das evangelium fällt und erhebt sich wieder

das evangelium steigt über berge

das evangelium durchschwimmt das meer

das evangelium bleibt neugierig

das evangelium sucht verbündete

das evangelium kann entbehren

das evangelium weiss zu geniessen

das evangelium schürt das feuer der liebe

das evangelium kann wütend machen

das evangelium spürt das traurige

das evangelium spricht subversiv

das evangelium kämpft für das recht der andern

das evangelium feiert und tanzt

das evangelium hat nichts

das evangelium will alles“

[von: Bettina Schlauraff, frei nach Kurt Marti, FB-Predigtkultur, am 21.01.2023]


das evangelium ist das Antlitz eines Menschen

das evangelium ist das Wort auf dem Schulhof

das evangelium ist das Lob das du dir gibst,

wenn es niemand tut,

das evangelium ist das Loslassenkönnen am Grab

das evangelium ist unterwegs

hier

es geht zu Fuß

sitzt an der Kasse

und wohnt auf deiner Etage

das evangelium sitzt gerade neben dir

vielleicht.“

[von: Bettina Schlauraff, FB-Predigtkultur, am 21.01.2023]

Amen.


Und er Friede Gottes, der größer ist, als wir verstehen können, bewahre unsere Herzen und Sinne in ihm, Christus Jesus. Amen.

Predigtlied: EG 346, 1-3 („Such, wer da will, ein ander Ziel“)


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Predigt am 2. Sonntag nach Epiphanias - 15.01.2023

Predigttext: 2. Buch Mose, Kapitel 33, Verse 18-23



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Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.


2. Mose 33, 18-23 nach BasisBibel

18 Mose bat: »Lass mich deine Herrlichkeit sehen!«

19 Da sagte Gott: »Ich will all meine Güte an dir vorüberziehen lassen und den Namen [des Herrn → JHWH] vor dir ausrufen[. Und] Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig, und mit wem ich Erbarmen habe, mit dem habe ich Erbarmen.‹«

20 Weiter sagte Gott: »Du kannst mein Angesicht nicht sehen. Denn kein Mensch kann mich sehen und am Leben bleiben.«

21 Und der Herr fügte hinzu: »Aber siehe, da ist ein Platz in meiner Nähe. Stell dich da auf den Felsen!

22 Wenn dann meine Herrlichkeit vorüberzieht, will ich dich in den Felsspalt stellen. Solange ich vorüberziehe, werde ich meine Hand über dich halten.

23 Danach werde ich meine Hand wegziehen, und du kannst hinter mir hersehen. Aber mein Angesicht kann man nicht sehen.«

Der Herr segne an uns sein Wort. Amen.



Manchmal muss ich zum Verstehen

nachsehen.

Wer nicht das Nachsehen haben will,

muss sich vorsehen.

Aber manche Vorsehung

erkennt man erst im Nachsehen.


Um Vorsehen

und Nachsehen,

und um Feststehen

und um Hände

im Vorübergehen.

Um viel mehr geht es nicht.

In diesem Text.

Oder anders:

Um so viel geht es

in diesem Text.

Von Mose und Gott.

Und der Herrlichkeit Gottes.

Und von Mose,

der sehen will.

Alles sehen will.

Alles wissen will.

Verstehen will.

Genau wissen will,

mit wem er es da zu tun hat.

Einen Blick riskieren will,

um den Durchblick zu haben.


Immerhin ist ja viel passiert.

Gezeter und Gezauder

unten am Berg.

Mose lange weg.

Und ein unruhiges Volk,

dass nicht abwarten konnte;

nicht erwarten konnte,

was Mose ihnen bringen würde.

Und lieber allen Schmuck

und Prunk sammelte,

der im Zeltlager

in der Wüste zu finden war,

um daraus ein Kalb zu gießen.

Einen Gott,

den man anfassen

und anschauen konnte.

Um den man tanzen konnte

und der da war und da blieb,

sich nicht in Wolkendunst verbarg,

und manchmal ganz und gar nicht

zu erkennen war.

Und als Mose vom Berg kam,

krachten die Platten

mit den heiligen Worten

zu Boden

und schepperten in tausend Teile,

gleich den Worten,

die dann wie die Fetzen

zwischen ihnen flogen.

Und es wird niemandem gefetzt haben,

was sich dort abspielte.

Schon gar nicht Gott.

Der danach kaum zu besänftigen war.

Ok, einen Engel sende ich

vor euch her.

Das will ich noch machen.

Mehr aber nicht.

Ich gehe nicht mehr mit euch.

Das hatte Gott hören lassen,

nachdem der Tanz ums Kalb

aufgeflogen war.

Mose konnte ihn besänftigen.

Und den Israeliten in der Wüste

wurde klar:

Wer nicht das Nachsehen haben will,

muss sich vorsehen.

Aber als Mose wieder auf dem Berg war

und Gott besänftigt,

da geriet es Mose noch über die Lippen:

Lass mich doch bitte deine Herrlichkeit sehen.

Vielleicht eine dreiste Frage,

nach all den vorausgegangen

Dreistigkeiten,

die gerade erst verklungen waren.

Aber wer will es Mose verübeln!?

Das Volk will einen Gott sehen.

Sie können dich nicht sehen, Gott.

Lass mich dich sehen.

Wenigstens mich.

Dann kann ich ihnen davon erzählen.

Das könnten Moses Gedanken gewesen sein,

als ihm die Frage über die Lippen kam:

Lass mich doch bitte deine Herrlichkeit sehen.

Wie soll ich sonst dem Volk glaubhaft versichern,

dass Du uns durch die Wüste leitest und begleitest,

woher soll ich sonst das Vertrauen haben,

dass das wirklich Du bist,

der da vor uns her geht.

Deshalb: Lass mich deine Herrlichkeit sehen.“

Und Gott sagt: „Das geht nicht“

[von: Christian Binder, FB-Predigtkultur, 14.01.2023]


Manche Vorsehung

erkennt man erst im Nachsehen.

Und Gott auch.


Das mag nicht immer

leicht auszuhalten sein.

Nicht in diesem Text.

Von Mose und Gott.

Und auch nicht im Leben.

Aber wahr ist es trotzdem.

Denn Mose hört:

»Du kannst mein Angesicht nicht sehen.

Denn kein Mensch kann mich sehen

und am Leben bleiben.«


Ich meine,

schön wäre es ja schon:

Alles sehen.

Alles wissen.

Verstehen.

Einen Blick riskieren,

um den Durchblick zu haben.

Einmal nur die Herrlichkeit

Gottes sehen.

Auf dem Berg stehen.

Wie Mose.

Gott ganz nah.

Beinahe zum Anfassen.

Freilich ist deine und meine Welt

eine andere als die des Mose.

Aber die Umstände

sind vielleicht gar nicht so anders.

Ein unzufriedenes Volk

am Fuß des Berges.

Und Ratlosigkeit macht sich breit.

Und Gott, der so oft

so weit weg erscheint.

Den man oft genug

schon gar nicht verstehen kann.

So dass viele aufhören,

nach ihm zu fragen,

oder ihn zu suchen.

Und weshalb muss immer noch

Krieg sein, in dieser Welt,

und Flucht und Streit und Lügen

und Uneinigkeit über den Frieden,

der so gehen soll oder so,

oder noch ganz anders,

oder gar nicht.

Und den Reichtum besser verteilt

bekommen wir auch nicht –

es wäre dann ja auch kein Reichtum mehr,

wenn alle ein Stück vom Kuchen hätten.

Aber was weiß ich schon.

Wäre schon gut,

alles zu wissen,

alles erkennen zu können.

Am besten,

die Herrlichkeit Gottes.

Damit müssten sich ja

alle anderen Fragen erledigen lassen.

»Du kannst mein Angesicht nicht sehen.

Denn kein Mensch kann mich sehen

und am Leben bleiben.«

Sagt Gott zu Mose. Denn...

Niemand kann alles sehen.

Niemand kann alles wissen.

Niemand kann alles verstehen,

und schon gar nicht genau wissen,

mit wem er es da zu tun hat,

wenn von Gott die Rede ist.

Das kann kein Verstand fassen.

Und kein Herz halten.

Alles ist zu viel für Einen.

Für einen Menschen zumindest.


Aber damit lässt es Gott

nicht bewenden.

Hätte er.

Er hätte es gut sein lassen können.

Zu viel für dich, Mose.

Lass gut sein.

Aber Gott lässt es nicht einfach gut sein.

Er lässt die Dinge nicht einfach,

ohne nicht etwas von sich

hinein zu legen.

Und er legt alles

in diese Begegnung,

dort auf dem Berg,

alles, was ein Mensch fassen kann.

Vielleicht auch alles,

was ein Mensch wissen muss.


All meine Güte, sagt Gott,

soll an dir vorübergehen.

Und ich will meinen Namen dazu

vor dir aussprechen: JHWH.

Ich bin der ich bin.

Ich war der ich war.

Ich werde sein, der ich sein werde.

Vier Buchstaben.

Viele Bedeutungen.

Ich bin der ich bin da.

Oder einfach nur:

Ich bin da.

Und wem ich gnädig bin,

dem bin ich gnädig;

und mit wem ich Erbarmen habe,

mit dem habe ich Erbarmen.

Und dir, Mose, will ich gnädig sein

und mit dir Erbarmen haben

und deiner Bitte nachkommen,

so gut du es ertragen kannst.

Aber damit du nicht das Nachsehen hast,

sie dich vor!

Hier, in der Nische;

mit festem Stand auf Fels;

und meiner Hand,

die dich deckt und schützt.

Diese Bewahrung sehe ich,

dein Gott, für dich vor;

und dann...

kannst du mir nachsehen.


Es hat damit zu tun,

dass ich das Leben zwar

vorwärts lebe,

aber nur rückwärts verstehe.

Ihr kennt das bestimmt.

An meiner Kinderzimmertür,

Zuhause, bei meinen Eltern,

hängt bis heute eine

mittelalterliche Weisheit,

die ich als Jugendlicher

dort angebracht habe:

Dankbar rückwärts,

Mutig vorwärts,

Gläubig aufwärts.“

Steht dort.

Und vielleicht werde ich

nicht für alles in meinem

Leben dankbar zurückblicken,

aber ich kann im Rückblick

überhaupt erst erkennen,

wofür ich dankbar sein kann

und wo ich vielleicht sogar

Gottes gutes Handeln

in meinem Leben entdecken darf.

Rückwärts.

Im Nachsehen.

Im Nachsinnen.

Im Nachdenken

über mein Leben

und über Gott.

Und dann kann ich ihn

manchmal sehen.

Nicht von Angesicht zu Angesicht.

Das wäre zu viel.

Aber an seinen Spuren

kann ich ihn erkennen.

Im Nachsehen.

Wie Mose auf dem Berg.

Als Gott an ihm vorüberging.


Das lässt sich auch in der

hebräischen Sprache

nachvollziehen.

Wir sagen:

Das alte Jahr liegt hinter uns,

ein neues Jahr liegt vor uns.

Die Vergangenheit ist hinten,

die Zukunft ist vorne.

Das ist für uns sprachlich vollkommen klar.

Und genau das ist

im Hebräischen umgekehrt.“

[von: Nico Szameitat, FB-Predigtkultur, 13.01.2023]


Die Vergangenheit vorn,

im Blick, sichtbar, deutlich vor mir;

die Zukunft unklar, hinter mir.

Die Vergangenheit kenne ich,

sie liegt vor meinen Augen,

ich sehe sie vor mir.

Aber die Zukunft,

die kann ich noch nicht sehen,

die ist hinter mir

und schaut mir vielleicht

schon über die Schulter.

Gottes Ankündigung:

Du kannst hinter mir her sehen“

Du kannst mir nachsehen“,

könnte also meinen:

Du wirst mich in Zukunft sehen.

Du wirst hinterher erkennen, im Rückblick,

wo ich gewesen bin,

wo meine Herrlichkeit war.

[nach: Nico Szameitat, FB-Predigtkultur, 13.01.2023]


Wir haben seine Herrlichkeit gesehen.“,

schreibt Johannes am Anfang seines Evangeliums.

In Jesus, sagt er,

hat Gott seine Herrlichkeit gezeigt,

hat er sein Gesicht gezeigt,

und wir haben es erst hinterher richtig verstanden.

Und dann erzählt er das erste Wunder, das Jesus tat.

Auf der Hochzeit zu Kanaa

verwandelt er Wasser in Wein.

Wo Jesus ist,

da wird das Leben zum Fest.

Und dieses Fest endet nicht.

Das Leben ist wunderbar.

Feiert es, sagt Jesus.

Und dann geht er zu denen

mit den kleinen Herzen

und den dunklen Geheimnissen.

Zu den Zöllnern

und den anderen Außenseitern.

Er geht zu allen.

Und er lädt sie zum Essen ein

und feiert mit ihnen

und macht ihr Leben

für einen Moment zu einem Fest,

so dass die Menschen hinterher sagen:

Ich glaube,

ich habe Gottes Herrlichkeit gesehen“.


Und genau so war es schon bei Mose.

Gott sagt dort:

Ich werde meinen Namen ausrufen.

Und dieser Name lautet:

Ich bin da. Und...

Ich bin barmherzig, auch zu dir.“

Und dann sagt er zu Mose:

Da ist ein Ort bei mir.

Eine Felsspalte.

Birg dich dort.

Und wenn ich an dir vorübergehe,

halte ich meine Hand über dir.

[nach: Nico Szameitat, FB-Predigtkultur, 13.01.2023]


Wenn ich nicht alles wissen kann.

Nicht alles sehen kann.

Weil das zu viel wäre

für einen Menschen.

Dann ist es das,

was ich wissen muss.

Was ich wissen kann.

Mehr muss ich

auch nicht wissen.

Das ist alles,

was ich von diesem Gott

wissen kann.

Diese drei heiligen Versprechen:

Einen festen Ort.

Da kann ich sicher stehen.

21 Und der Herr fügte hinzu:

»Aber siehe, da ist ein Platz in meiner Nähe.

Stell dich da auf den Felsen!

22 Wenn dann meine Herrlichkeit vorüberzieht,

will ich dich in den Felsspalt stellen.

Und ich habe eine Hand über mir.

Die beschützt mich.

Solange ich vorüberziehe,

werde ich meine Hand über dich halten.

Sagt Gott.

Und den Blick hinterher,

den habe ich auch.

[nach: Michael Greßler, FB-Predigtkultur, 14.01.2023]

23 Danach werde ich meine Hand wegziehen,

und du kannst hinter mir hersehen.

Aber mein Angesicht kann man nicht sehen.«

Gott geht vor mir her.

Das kann ich hinterher erkennen.

Das soll mir reichen,

zumindest für jetzt.


Und es wir die Zeit geben,

wo das nicht reichen muss.

Wenn Gott alles in allem ist,

die Tränen abwischt

und kein Geschrei

und kein Tod mehr sein werden.

Das wird sein.

Darauf freue ich mich.

Aber bis dahin

freue ich mich am Leben.

Und will zusehen,

dass es ein Fest sein kann,

für so viele wie möglich.

Weil Jesus das auch so

gemacht hat.

Und weil ich an ihm

Gottes Herrlichkeit entdecken kann.

Und hoffentlich werden dabei

noch viele einen festen Grund finden,

auf dem sie durch das Leben gehen können

und Geborgenheit,

die Gottes Hände schenken;

und sie könnten im Nachsehen

feststellen:

Dieser Name

ist nicht nur ein Name

und nicht irgendein Versprechen.

Dieser Name ist wahr:

JHWH – ich bin da.


Das ist mein Gott.

Unbegreiflich.

Zu hoch.

Zu groß.

Zu weit.

Und manchmal fällt es schwer

ihn überhaupt zu erkennen.

Aber dann tritt er plötzlich

in mein Leben

und sagt:

Hier, komm her,

hier ist ein Ort bei mir,

der ist dir Zuflucht.

Birg dich hier.

Und gewinne wieder festen Stand,

und Halt unter den Füßen.

Ich halte derweil meine Hand über dir,

ich passe auf dich auf,

damit es dir nicht zu viel wird,

egal was kommt.

Und das Leben ist ein Fest.

Auch du, sollst es feiern,

weil ich es dir geschenkt habe.

Und wenn du mir hinterher siehst,

wenn du mich suchst

und nach mir fragst,

dann wirst du etwas von mir erkennen.

Wie ein Licht,

das dir den Weg leuchtet,

und dich sehen lässt;

und du kannst hinterher erkennen:

Von meiner Fülle

hast du genommen

Gnade um Gnade.


Ich glaube,

dass damit das Leben

besser gelingt:

Dankbar rückwärts,

Mutig vorwärts,

und Gläubig aufwärts.“


Amen.


Und er Friede Gottes, der größer ist, als wir verstehen können, bewahre unsere Herzen und Sinne in ihm, in Christus Jesus, an dem wir Gottes Herrlichkeit erkennen können. Amen.

[SvH 0112, 1-4 (Tragt in die Welt nun ein Licht)]


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Predigt am Epiphaniastag - 06.01.2023

Predigttext: 2. Korintherbrief, Kapitel 4, Verse 3-6


Gnade sei mit euch und Friede, von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen.


2. Korinther 4, 3-6 nach BasisBibel (BB)

3 Dennoch kann die Gute Nachricht, die wir verkünden, jemandem wie von einem Schleier verhüllt vorkommen. Sie ist aber nur für die Menschen verhüllt, die verloren gehen.

4 Der »Gott« dieser Welt hat die Sinne der Ungläubigen mit Blindheit geschlagen. So können sie das Licht nicht sehen, das die Gute Nachricht bringt. Dieses Licht ist die Herrlichkeit von Christus, der das Ebenbild Gottes ist.

5 Denn wir verkünden nicht uns selbst, sondern Jesus Christus, den Herrn. Uns hat Jesus nur dazu bestimmt, euch zu dienen.

6 Gott hat einst gesagt: »Aus der Dunkelheit soll ein Licht aufleuchten!« Genauso hat er es in unseren Herzen hell werden lassen. Durch uns sollte das Licht der Erkenntnis aufleuchten: Die Herrlichkeit Gottes sollte sichtbar werden, die uns in Jesus Christus begegnet.

Der Herr segne an uns sein Wort. Amen.


Sie sollen vom Osten gekommen sein.

Die 3 weisen Sterndeuter.

Aus dem Morgenland.

Dort wo die Sonne eher aufgeht.

Wo man früher das Licht sieht.

Vielleicht sind sie deshalb aufgebrochen,

dem Licht zu folgen.


Vielleicht war es eine Ahnung.

Eine Sehnsucht im Herzen.

Sehnsucht nach Licht.

Ein Licht, das die Welt anders strahlen lässt.

Bunter und heller als der Morgen im Morgenland.

Himmelblau. Liebesrot.

Hoffnunsgrün.

Ewiggold.

Damit der Weg klarer vor mir liegt

und die Füße auch ja nicht

an einen Stein stoßen.

Und sie machen sich auf

und folgen dem Stern.

Machen sich auf Lichtsuche.

Auf Gottsuche.


Die Tradition hat ihnen später Namen gegeben.

Caspar, Melchior und Balthasar.

Und sie hat ihnen sogar unterschiedliche

Richtungen gegeben,

aus denen sie zur Krippe kommen.

Aus dem Süden, von Afrika her,

soll sich Caspar aufgemacht haben.

Melchior aus dem Nordwesten.

Der Türkei, oder noch weiter her,

aus dem Herzen Europas.

Und Balthasar aus den arabischen Ländern

des Ostens, oder gar noch tiefer aus Asien.

Damit die ganze Welt

dem Kind in der Krippe

zu Füßen liegt.


Ihr seid ja heute auch nicht nur,

um im Bild zu bleiben,

Hirten aus Pappendorf.

Da sind welche aus Richtung

Roßwein und Marbach,

mindestens Schmalbach und Berbersdorf hier.

Andere aus Hainichen,

Cunnersdorf oder Kaltofen.

Und wieder andere von Mobendorf,

Goßberg, Riechberg, Bockendorf,

Langenstriegis und manche vielleicht

von noch weiter her.

Aufgebrochen, um das Kind

in der Krippe zu sehen.

Oder zumindest,

um die Erinnerung daran aufzufrischen,

dass in einer solchen Krippe,

vor vielen Jahren einmal

ein Kind lag, dessen Geburt

den Lauf der Welt verändern sollte,

weil in ihm Gott selbst

zu den Menschen kommt.


Oder wie das bei Paulus heißt:

Denn Gott hat einst gesagt:

Aus der Dunkelheit soll ein Licht aufleuchten.


Und dann gibt es Menschen in dieser Welt,

die dieses Licht sehen und ihm glauben.

Die kommen zur Krippe.

Damals und heute.

Weise und Hirten.

Von nah und von fern.

Auf Lichtsuche.

Auf Gottsuche.


Und es gibt leider auch die,

die dieses Licht nicht sehen,

oder nicht deuten können

oder ihm nicht glauben wollen.

"Sie können das Licht nicht sehen,

das die Gute Nachricht bringt."

Sagt Paulus.


Auch damals schon.

Als die Weisen zu Herodes kamen,

war der Stern nicht mehr zu sehen.

Das Licht war weg.

Vielleicht weil Herodes

nur seine eigene Macht im Sinn hatte;

nur sein eigenes Licht wachsen sehen wollte.

Nicht das Licht Gottes.

Kann ja sein,

dass sowas das Licht der guten Nachricht verdeckt.

Ich muss dabei ein bisschen

an all den Lichtsmog denken,

den Menschen in dieser Welt,

vor allem in den Städten produzieren.

Da sieht man auch kaum ein anderes Licht mehr,

schon gar keinen Sternenhimmel.

Das passt doch irgendwie zu einer Welt,

die beständig dabei ist, Gott zu vergessen.

Zumindest in Europa.


Kaum hatten sich die Weisen

vom Palast des Herodes abgewendet,

konnten sie auch den Stern wieder sehen.


Weiter geht sie,

die Lichtsuche.

Die Gottsuche.


Ich glaube, als der Stern über dem Stall stehen bleibt,

und die Weisen eintreten,

erfahren sie, was die Besonderheit dieses Lichtes ist:

Gott hat einst gesagt: 

»Aus der Dunkelheit soll ein Licht aufleuchten!«

Genauso hat er es in unseren Herzen hell werden lassen.

Sagt Paulus.


Denn ich glaube,

ich brauche in dieser Welt vielmehr

ein Licht, das sich mit mir

in die Dunkelheit der Welt stellt,

als eines, dass sie einfach verdeckt.


Helle Herzen pulsieren

in der Dunkelheit.


Und es gibt genug Dunkelheit.

In der Ukraine, im Iran,

im Irak, von dem niemand mehr spricht,

in Russland, in China,

aber freilich auch vor der eigenen Haustür

und in unserem Land.

Krankheit, Angst und Schmerz,

ebenso wie Streit,

der immer noch durch Familien geht;

ganz zu schweigen vom lieben Geld

und der bitteren Schere zwischen den Menschen

die es haben und denen, die sich arg mühen,

über die Runden zu kommen.


Gott hat einst gesagt: 

»Aus der Dunkelheit soll ein Licht aufleuchten!«

Genauso hat er es in unseren Herzen hell werden lassen. 


Damit wir mitmachen können.

Du und ich.

Und alle, die dem Licht der guten Nachricht

glauben können und wollen.

Damit wir mitmachen können.

Damit Lichtsucher

Lichtträger und

Lichtbringer werden.

Gottsucher, Gottbringer.

Wenn wir mitmachen.


Denn Paulus sagt:

Durch uns sollte das Licht der Erkenntnis aufleuchten: 

Die Herrlichkeit Gottes sollte sichtbar werden, 

die uns in Jesus Christus begegnet.


Das ist der Plan.

Der begann in der Krippe

im Stall von Bethlehem.

Das Kind ist nicht mehr dort.

Es ist mitten unter uns.

Auch jetzt.

Seinetwegen sind die Herzen hell.

Pulsieren in der Dunkelheit.

Und es wird im Herzen bleiben.

Das Licht.

Manchmal werde ich es nicht wahrnehmen.

Es wird von anderem Licht abgelenkt werden.

Es gibt ihn eben,

den Lichtsmog in der Welt.

Aber er wird trotzdem bleiben,

der helle Schein in den Herzen,

den Gott selbst dort hineingelegt hat.

In die Herzen derer,

die zur Krippe kommen.

Als Lichtsucher.

Als Gottsucher.

Und die von der Krippe

hinaus in die Welt gehen

und das Licht mitnehmen.

Wenn die Herzen selbst

zur Krippe werden.

Und helle Herzen pulsieren

in der Dunkelheit.

Die Herzen der Lichtträger.

Der Lichtbringer.

Und Gott selbst

mit ihnen.


Denn Gott hat angefangen

Licht zu machen.

Und er macht weiter.

Er wird nicht aufhören.


Und jetzt…

Jetzt wird es Zeit,

jetzt sind wir gefragt…

macht ihr mit?

Wir machen Licht,

so gut wir können,

dass nicht nur die Herzen,

sondern auch diese Welt hell wird.

Dann muss das Dunkel gehen.

Dann bleibt es hell.


Dann bleibt Gott.

Und Licht.

Und wir.


Und der Friede Gottes, der größer und mehr ist, als wir begreifen können, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Lied: EG 45, 1-2 (Herbei, o ihr Gläubigen)


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